Der Floßgraben am 16. April 2013 als der Eisvogel vorbei huschte.

Das Echte Lungenkraut (Pulmonaria officinale) fällt durch den Farbwechsel der Blüten auf

Das Echte Lungenkraut (Pulmonaria officinale) fällt durch den Farbwechsel der Blüten auf

Alle Vögel sind schon da,
alle Vögel, alle. …
Amsel, Drossel, Fink und Star
und die ganze Vogelschar
wünschen dir ein frohes Jahr,
lauter Heil und Segen.                
(Hoffmann von Fallersleben)
Eine Zeile des schönen Liedes leicht geändert mit Amsel, Singdrossel, Buchfink und Star trifft auf den Leipziger Auwald in diesen Tagen zu. Wandere ich jetzt durch unseren Auwald, dann sehe und höre ich diese Vögel. Die Rückkehr nach dem Winter, wie es das Lied beschreibt, trifft aber auf diese Vögel nicht ganz zu: Nur die Singdrossel und der Star weichen dem Winter nach West- und Südeuropa aus. Aber die Gesänge aller dieser Vogelarten hört man im Auwald erst jetzt im Frühjahr – sie sind jetzt wieder da.

Typischer Frühblüher im Auwald, das Busch-Windröschen (Anemone nemorosa)

Typischer Frühblüher im Auwald, das Busch-Windröschen (Anemone nemorosa)

Der Wald ist noch offen, erst der Holunder schiebt die Knospen raus. So sind die Baumkronen offen und man kann immer noch viel beobachten. Ich schaue einem Paar Schwarzspechten bei der Hochzeit zu, genauer gesagt bei einer Kopulation, die von sanften Rufen begleitet wird – lange nicht so laut wie die anderen Rufe dieser Spechte, die man im Winter über Kilometer des Waldes hören kann.

Was habe ich bloß Anfang März nur versprochen?! Der Frühling sei da. Aber nun, wo der Winter endlich vorbei ist – nach Schneeschmelze sind heute 20 ° im Wald – steht ein Teil der Märzenbecher über nunmehr 44 Tagen immer noch in der Blüte! Ein Zeichen dafür, wie die Natur mit dem für uns so sonderlichen Wetter, dem langen Winter, problemlos und flexibel zurechtkommt. Sie hört eben nicht auf unsere Meinung zum Wetterverlauf.

Der Gemeine Gelbstern oder sagen wir besser der Wald-Gelbstern (Gagea lutea)

Der Gemeine Gelbstern oder sagen wir besser der Wald-Gelbstern (Gagea lutea)

Schon ist der Boden warm und noch ist er gut beleuchtet. Die typischen Frühlingsblüher Echtes Lungenkraut, Wald-Gelbstern, Scharbockskraut, Wald-Primel, Hohler Lerchensporn, ganze Flächen mit dem für Auwald typischen Busch-Windröschen und immer noch der Märzenbecher bedecken den Waldboden (siehe Fotos). Der Bärlauch hat die Blätter kräftig ausgetrieben und zeigt bereits die Blütenrispen.

 

Scharbockskraut (Ranunculus ficaria), hier Treffpunkt von zwei Käfern

Scharbockskraut (Ranunculus ficaria), hier Treffpunkt von zwei Käfern

Bei der Beobachtung der Tierwelt im Gebiet dominieren die Vögel. Tagsüber lagert auf der Westseite des Floßgrabens in den weniger begangenen Innenbögen der Mäander eine Rotte von etwa 30 Wildschweinen. Stört man sie nicht, nimmt man sie auch kaum wahr. Nun ist es aber der Gesang der Singvögel und das Klopfen der Spechte, die sich dem Spaziergänger geradezu aufdrängen: Wer singt denn da? Dem interessierten Laien hilft die Beobachtung mit einem Fernglas. Die noch offenen Baumkronen gestatten eine gute Sicht und durch die Kombination von Anschauen und Hören kann man bei der Artbestimmung leichter erfolgreich werden und wird sich die Merkmale besser merken.

Ihn gibt es auch in weiß: Hohler Lerchensporn (Corydalis cava)

Ihn gibt es auch in weiß: Hohler Lerchensporn (Corydalis cava)

An typischen Vögeln des Flusses sehe ich nicht viel. Nur einmal huscht der Eisvogel mit seinem scharfen Ruf vorbei. Am Ostermontag (1. April) hatte ich hier ein Paar der Gebirgsstelze gesehen, eine Besonderheit in unserer flachen Landschaft. Sie flogen flussauf und flussab, blieben länger an einer Uferstelle. Man kann hoffen, dass sie hier zu brüten versuchen, vorausgesetzt die Störungen am Wasserlauf halten sich in Grenzen. Heute habe ich sie leider nicht gesehen.

 

Die Hohe Schlüsselblume oder Wald-Primel (Primula elatior)

Die Hohe Schlüsselblume oder Wald-Primel (Primula elatior)

Aber Enten gibt es: Ich sehe mehrere Paare der Stockente, die bald ihr Nest in der gut deckenden Krautschicht gebaut haben werden. Ganz exotisch ist ein prächtiger Erpel der Mandarinente, die als ehemalige Parkvögel aus Fernost hier offenbar schon ausgewildert sind. Wenig später beobachte ich ein Weibchen der Schellente. Dieser Vogel ist ein Höhlenbrüter. Er nutzt Baumhöhlen zur Brut und die Jungen müssen sich kurz nach dem Schlupf mutig in die Tiefe stürzen. Sollte auch diese seltenere Ente hier ein Brutvogel sein? Ich hoffe darauf.

 

Die Märzenbecher (Leucojum vernum) stehen stellenweise nach nunmehr anderthalb Monaten (zeitweise unter Schnee) immer noch in Blüte. Rechts ist Bärlauch zu sehen

Die Märzenbecher (Leucojum vernum) stehen stellenweise nach nunmehr anderthalb Monaten (zeitweise unter Schnee) immer noch in Blüte. Rechts ist Bärlauch zu sehen

Sonst sind es Amsel, Singdrossel, Buchfink, Star, Bachstelze, Zaunkönig, Rotkehlchen, Zilpzalp, Kohl-, Blau- und Schwanzmeisen, die interessanten Gartenbaumläufer und die ersten Mönchsgrasmücken, eben alles „Singvögel“ (Passeriformes) die mich diesen Abend im Auwald mit ihrem Gesang erleben lassen. Noch sind nicht alle da. Die nächsten Wochen werden noch interessanter – und auch grüner.

Dr. Matthias L. F. Ladusch

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