Text zum Friedensgebet Montag 9.9.13 Nikolaikirche 17 Uhr

NuKLA und die Leipziger Wanderer, welche Mitglied im Verbund der “AULA-Arbeitsgemeinschaft UNESCO Leipziger Auwald und Umgebung” sind, haben über den Umweltverantwortlichen der Evangelischen Landeskirche Sachsen Kontakt zur Leipziger Suptur bekommen.  Vertreter beider Vereine wurden zur dortigen Sitzung der Ausschussmitglieder geladen. Das Thema “AULA-Projekt2030” war auf TOP 1 gesetzt. Im Ergebnis wird NuKLA zunächst beim Friedensgebet am Montag, 9. September, 17 Uhr, in der Nikolaikirche Raum gegeben, sein Naturschutz-Anliegen den Versammelten vorzustellen. Alle am Erhalt des Leipziger Auwaldes, an dessen Schutz und ökologische verträglicher, nachhaltiger Nutzung Interessierten sind hierzu herzlich eingeladen! Der Text zum Friedensgebet: Achtung vor der Natur, Natur bewahren. Unabhängig vom Glauben sollten alle Menschen Achtung vor der Natur haben und bestrebt sein, sie zu schützen. Ob Werk Gottes oder ob Zufall im Zusammenspiel kosmischer Kräfte: wir alle haben ihr unsere Existenz und unsere Lebensgrundlage zu verdanken, wir sind Teil von ihr und ja: wir sind abhängig von ihr. Täglich greifen Menschen in die Natur ein. In vielen Fällen sind die Folgen absehbar und unübersehbar katastrophal. Manchmal sind sie auch auf den ersten Blick unscheinbar, unwesentlich oder einfach nur eines: ein ungewisses Risiko.

Auch hier in Leipzig haben wir einen besonderen Teil der Schöpfung. Bereits in vergangenen Jahrhunderten rühmten Wissenschaftler und Experten den Leipziger Auwald ob seiner Schönheit, seines Artenreichtums und wegen zahlreicher in ihm vorkommenden Tiere und Pflanzen, die hier deutschlandweit, wenn nicht gar weltweit ihren Verbreitungsschwerpunkt hatten.

Meist waren und sind dies unscheinbare, kleine Wesen: Frösche, Fische, Vögel und Blumen. Spektakuläre Arten wie Adler und Wölfe hat und hatte der Auwald nie zu bieten. Doch haben diese weniger Aufsehen erregenden, bei genauem Hinsehen nicht weniger faszinierenden Wesen als Teil der Schöpfung das gleichen Recht auf Leben wie alle anderen. Sie sind Teile eines hoch komplexen und komplizierten Systems vielfältiger Arten, die von einander abhängig und am Ende nur miteinander lebensfähig sind. Sie sicher auch – und nicht zuletzt – das Leben und Überleben von uns Menschen.

Es sind oft kleine, aber doch beachtenswerte Wesen. Den Eisvogel, oft auch fliegendes Juwel genannt, kennt aufgrund der jüngsten Debatten um seine Bedeutung und seinen Schutz inzwischen sicher fast jeder hier in Leipzig.

Doch auch der Laubfrosch lebt hier, unser einziger Baumfrosch in Deutschland, der einen Großteil seines Lebens in den höchsten Baumwipfeln verbringt. Vom Aussterben bedroht, soll hier noch der Schlammpeitzger existieren, ein Grundfisch, der im schlammigen Grund stehender Gewässer lebt. Und zumindestens als Durchzügler sind Fischotter belegt, deren Bestände im 20. Jahrhundert durch das Expansionsbedürfnis des Menschen stark gelitten haben.

Die Liste ließe sich nun beliebig fortsetzen, es gibt noch weitaus mehr beachtenswerte, einzigartige Lebewesen, deren Heimat der Leipziger Auwald ist. Dieses besondere Ökosystem, einmalig in ganz Europa mitten in einer Stadt gelegen, gilt es zu bewahren. Die seit langem schleichend verlaufende Entwertung muss gestoppt und umgekehrt werden. Bemühungen darum gibt es.

Doch ein umfassendes Konzept dafür, wie der Leipziger Auwald zu erhalten und schonend zu nutzen ist, gibt es nicht. Weshalb so manches naturschützerische Bemühen, den spezifischen Lebensraum Auwald hier in Leipzig zu erhalten, im sprichwörtlichen Sande verläuft und ignoriert werden kann.

Schon in der Vergangenheit hat der Auwald wieder und wieder Zerstörungen, Zerschneidungen und Dezimierungen hinnehmen müssen. Große Teile des heutigen Neuseenlandes, ehemalige Tagebaurestlöcher, waren einst Bestandteil dieses Lebensraumes Auenökosystem. Ganze Stadtteile Leipzigs befinden sich auf ehemaligen Auengebiet. Die Straßen, die den Auwald durchschneiden, wird jeder Bewohner der Stadt kennen. All das macht die uns verbleibenden Reste Auwald noch kostbarer und zugleich verletzbarer.

Sicher haben Sie auch mitbekommen, wie schwierig das Thema “Hochwasserschutz und Auwald” ist und wie heftig hier die Debatte um eine sinnvolle Lösung geführt wird. Ich möchte betonen: Hochwasserschutz ist wichtig und muss sein! Genauso elementar ist die Frage: Welcher Hochwasserschutz ist der beste für alle?

Auch dieses Thema ist äußerst komplex, und die Interessen des Menschen tendieren auch hier dazu, die Notwendigkeit des Erhaltes der Schöpfung zu ignorieren, den Menschen, seine scheinbaren Interessen und als erstrangig deklarierten Ansprüche über die eher bescheidenen Bedürfnisse der Natur zu stellen.

Es gibt Wege, Menschen und Kulturgüter  zu schützen, ohne die Natur deshalb überall noch weiter zurück zu drängen, die Flüsse noch mehr zu begradigen und immer noch mehr Beton zu verbauen. Kluge Menschen mit Fachkompetenz haben auch hier Konzepte erarbeitet, Vorschläge gemacht und den Verantwortlichen Gespräche angeboten.

Der Auwald hat genug gelitten in den letzten Jahrhunderten. Es gibt sehr wohl Mittel, Wege und Erfahrungen, wie man Hochwasserschutz für den Menschen und Naturschutz für die Flüsse bestens und nachhaltig miteinander verbinden kann. Was hindert uns Menschen daran, diese Wege zu beschreiten?

Unser Leipziger Auwald ist dabei nur ein Teil einer weitaus größeren Sache. Naturschutz und Hochwasserschutz müssen schon weit stromaufwärts, bereits an der Quelle der Flüsse beginnen. Als sogenanntes Binnendelta, als Zusammenfluss mehrerer Flüsse und Bäche, ist der Leipziger Auwald zwar das Herzstück eines gewaltigen Flusssystems der Leipziger Tieflandsbucht, dieses reicht jedoch bis zum Vogtland und bis zum Erzgebirge.

Ein weiteres großes Problem, das den Auwald bedroht, ist der Tourismus und diverse darauf hinzielende, wirtschaftlich mehr oder weniger fragwürdige Projekte. Ja, der Auwald ist schön. Ja, es ist schön, ihn mit einem Boot zu befahren. Ja, es mag sinnvoll sein, einer ehemaligen Bergbauregion eine neue wirtschaftliche Perspektive zu bieten und damit den Menschen dieser Region Hoffnung auf Arbeit zu geben. Es geht nicht darum, gegen solche Pläne zu sein. Es geht auch hier allein um das Wie.

Andere Regionen haben es uns mit großem Erfolg vorgemacht, und es gibt auch hier Mittel und Wege, Tourismus und Naturschutz miteinander zu verbinden. Und da es diese Wege gibt: warum sollten wir sie nicht beschreiten?

Den Schutz von Natur und Mensch beispielhaft und vorbildlich entlang zumindestens der Weißen Elster miteinander zu verbinden: dies ist das Ziel des AULA-Projektes2030. Dieses Ziel, das möglicherweise bis hin zu einer UNESCO-Bewerbung führen könnte (aber nicht muss), ist ambitioniert. Dabei geht es in allererster Linie darum, Naturschutz, Hochwasserschutz und die Bedürfnisse der Menschen ökologisch sinnvoll zu vereinen.

Sich dafür gemeinsam einzusetzen, ist vor allem eines: Not-wendig. Der Leipziger Auwald als Auenökosystem ist in großer Not. Diese zu wenden, bedarf es unser aller Aufmerksamkeit und Engagement: Der Leipziger Auwald ist Eigentum der Leipziger Bürgerinnen und Bürger, das von der Stadt verwaltet wird. Und diesen Bürger könnte es wichtig sein, ob ihr Auwald als Paradies für Sportboottouristen verkommt oder als das Kleinod, das er in Teilen noch ist, für künftige Generationen erhalten.

Es gibt viele Akteure in diesem Gerangel um die Zukunft des Leipziger Auwaldes: Alle verfolgen ihre eigenen Ziele, ihre eigenen Wege, haben ihre eigenen Interessen.

Konflikte, Mißverständnisse, Aneinandervorbei-Arbeiten – all das ist vorprogrammiert. Und es führt dazu, dass alternative Konzepte gar nicht erst in die Diskussion derer gebracht werden, für die alles schon fest steht.

Ich denke, ich spreche im Namen des NUKLA e.V., wenn ich sage: wir alle wünschen uns, dass über den Auwald und seine Zukunft endlich mit allen Beteiligten geredet wird, dass öffentlich und vor allem ergebnisoffen ALLE Möglichkeiten in Betracht gezogen und mit den Bürgerinnen und Bürgern diskutiert werden.

Und wir alle wünschen uns, dass nicht nur finanzielle Interessen Einzelner ausschlaggebend sind, wenn es um etwas geht, was uns alle angeht: Die Natur.

Deren Teil wir sind.

Das Friedensgebet spricht Frau Sabrina Hansmann.

 

 

 

 

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