Zur angeblichen Erfordernis der Krautung des Floßgrabens

Kommentar zum LVZ Artikel vom 19.8.2015 S.15 „Linke und Ökolöwe streiten um den Floßgraben“, in dem insbesondere Stadtrat Siegfried Schlegel (Linke) zitiert wird.

Die kulturellen Einflüsse des Menschen auf den Wasserlauf der Batschke stehen oft im Widerspruch zu einem natürlichen Wasserlauf. Schon vor Jahrhunderten wurde die Batschke im Bereich des südlichen Auwaldes zum Floßgraben gemacht. Es wurden Mäander durch Begradigung beseitigt, um das Klafterholz-Flößen zu vereinfachen. Mäander eines natürlichen Flusslaufes sind aber eine Voraussetzung für das Entstehen von sogenannten Prallhängen, also Steilhängen, die durch Aus- und Unterspülen immer wieder neu entstehen. Solche Steilhänge mit offengelegter Erde sind Voraussetzung für das erfolgreiche Brüten des Eisvogels, der in diese seine gut geschützten Bruthöhlen eingräbt. Wenn uns am Floßgraben der Eisvogel erhalten werden soll, müssen wenigstens die noch vorhandenen Steilhänge geschützt bleiben.

Neue Steilhänge, die immer wieder zusammen mit den sich ausbildenden Mäandern durch Unterspülung und Abriss an den Prallhängen entstehen, können wir in nächster Zeit nicht erwarten. Hier kommen wir zum nächsten, zweiten schweren kulturellen Einfluss des Menschen: In den letzten Jahrzehnten hat der Mensch mit dem Braunkohlenabbau und der nach seinem Ermessen erfolgenden Rekonstruktion der Landschaft das Niederschlagswassereinzugsgebiet der Batschke so verringert, dass der Wasserdurchfluss pro Zeiteinheit gegenüber dem Zustand von vor etwa 100 Jahren viel kleiner geworden ist. Damit ist das dynamische Mäandrieren des Flüsschens nahezu stillgelegt. Es entstehen also keine neuen Steilwände. Auch die Wasserführung im Frühjahr reicht dazu nicht aus. Dies ist nicht günstig für den Eisvogel, dessen Bestandserhaltung Herr Schlegel ja als erstrebenswert anführt.

Andererseits führt das Flüsschen bei geringer Fließgeschwindigkeit damit auch nahezu keine mineralischen Stoffe in Partikelform mit sich, die sich im Floßgraben ablagern könnten. Die Gefahr einer wie von Herrn Schlegel bezeichneten „Sedimentierung des Gewässers“ besteht also nicht.

Eine Krautung wäre auch keine Maßnahme, mineralische Sedimente zu entfernen. Jeder weiß auch, dass das organische Material absterbender Pflanzen mikrobiell in Grundbausteine abgebaut wird und, wenn nicht von anderen Pflanzen für ihr Wachstum wiederverwendet, mit dem Wasser abgeführt wird.

Eine Krautung ist eine der Natur widersprechende Maßnahme, die für den Erhalt und die erforderliche Verbesserung des derzeitigen Zustands der Batschke/Floßgraben ohnehin ungeeignet ist. Pflanzen gehören zum Ökosystem eines Fließgewässers und sind Voraussetzung für das Bestehen eines natürlichen mikrobiellen Systems und einer natürlichen Fauna von Wirbellosen und Wirbeltieren. Gibt es keine Nahrungsgrundlage für die Nahrungskette (und auch viele Fischarten fressen selbst Pflanzen) gibt es kein Futter für den Eisvogel und also keinen Eisvogel am Floßgraben.

Ein weiterer, schwerer kultureller Einfluss des Menschen am Floßgraben ist anzuführen: Das Markkleeberger Klärwerk. Unsere Klärwerke sind immer noch nicht in der Lage, reines Wasser abzuleiten. So enthält das Wasser noch beträchtliche Mengen gelöster Nährstoffe, insbesondere Stickstoffverbindungen. Scheinbar sauberes Wasser wird in die Batschke eingeleitet und ist dort im Flüsschen eine ideale Nahrungsgrundlage für Bakterien und Blaualgen, sofern keine Wasserpflanzen vorhanden sind. Das führt zu einem übermäßigen Wachstum dieser Organismen, was wiederum die Erholung der Flora nach Krautung behindert und durch das gestörte Ökosystem auch Wirbellose (z.B. Flussmuscheln, Voraussetzung für einen Bestand des Fisches Bitterlings) schwer in ihrem Restbestand schädigt.

Wer seit Jahren den Floßgraben beobachtet, wird immer wieder feststellen müssen, dass nach einer Krautung das Flüsschen trübes Wasser führt und er hofft, dass sich die nicht vernichteten Restbestände von Wasserpflanzen bald erholen und mit ihrem Wachstum zu den Abnehmern der Nährstoffe werden. Ist wieder ein ordentlicher Wasserpflanzenbestand erreicht, geht die Trübung des Wassers zurück – der Floßgraben wird wieder erstaunlich klar. Leider nimmt mit der Krautung und auch mit dem Nähstoffeintrag des Klärwerksauch die Artenzahl der Wasserpflanzen ab.

Neben den direkten, negativen Effekten der Krautung auf den Fischbestand hat die in der Folge dessen entstehende Wassertrübung auch eine Wirkung auf den Eisvogel: Er ist bei seiner Jagd von Fischen auf möglichst gute Sicht angewiesen.

Abschließend: Ein Fluss erhält sich selbst. Das Wasser sucht sich seinen Weg in einer begrenzten Bahn, immer zum tiefsten Punkt der nahen Landschaft. Wir können, wie oben geschildert, bei Floßgraben/Batschke keine bedrohlichen Veränderungen erwarten. Krautung ist keine wasserbauliche Maßnahme. sie ist erst recht keine Maßnahme, die zur Erhaltung des Flusslaufes erforderlich wäre. Hier geht es offenbar nur um das ordentliche Funktionieren der Schiffsschraube von Motorbooten. Der Preis, den die Natur dafür zahlen muss, ist viel zu hoch.

Dr.rer.nat. Matthias L. F. Ladusch

 

 

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