Infoabend Lebendige Luppe und NuKLA Standpunkt zur Fachtagung am 10./11. November

Heuwegluppe Foto: Projekt Lebendige Luppe

Heuwegluppe Foto: Projekt Lebendige Luppe

Wie nachhaltig ist das Burgauenprojekt eigentlich, wenn die Revitalisierung des Auwaldes das Ziel ist?

Was der Mensch einmal in Besitz genommen hat, das lässt er ungern wieder los. Obwohl: „ungern“ ist untertrieben. Er klammert sich auch dann dran fest, wenn die Wasser über ihm zusammenschlagen. Am 30. November lädt das Projekt Lebendige Luppe zum nächsten Infoabend ein. Und diesmal will das Bundesamt für Naturschutz erklären, wie toll es ist. Und trotzdem nicht konsequent. Das Projekt Lebendige Luppe ist ganz süß: Mit einem enormen Aufwand versuchen die Akteure, einen kleinen Teil der nordwestlichen Aue wieder mit Wasser zu versorgen. Weite Teile der Leipziger Elsteraue sind seit 90 Jahren von natürlichen Wasserzuflüssen, Grundwasserschwankungen und Hochwassern abgeschnitten. Der Zustand der Auenwälder ist nicht gut – wie 75% der Bestände von zu schützenden Arten und 68% der unter Schutz stehenden Lebensraumtypen insgesamt in Sachsen: Stand 2012, inzwischen sicherlich mit Veränderungen in noch problematischere Verhältnisse. Konkret vor unserer Leipziger Haustür hat sich auch durch die martialischen Deichbauwerke, die die Landestalsperrenverwaltung 2011 noch einmal verstärkt hat, daran nichts gebessert. Im Gegenteil.

Schon damals wirkte es wie ein Feigenblatt, dass gleich hinterm frisch verstärkten Deich in der Auwaldstation das Projekt „Lebendige Luppe“ aus der Taufe gehoben wurde. Und alle wichtigen Leute, die da waren, sagten auch richtige Sätze.

Die klingen bis heute so: „Auenlandschaften haben in den vergangenen Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. Und das nicht nur, weil sie natürliche Zentren der Artenvielfalt sind. Sie erfüllen auch wichtige gesamtgesellschaftliche Funktionen und Aufgaben, zum Beispiel durch die Luftreinhaltung und einen natürlichen Hochwasserschutz. Zum anderen profitiert der Mensch auch im persönlichen und kulturellen Bereich: beispielsweise, wenn er Erholung bei einem Spaziergang durch den Auwald findet oder er wichtige natürliche Zusammenhänge bei einem Umweltbildungsangebot im Freien erfährt. Das Projekt Lebendige Luppe setzt sich mit seiner geplanten Fließgewässerrevitalisierung aktiv für die Entwicklung der hiesigen Auenflächen zwischen Leipzig und Schkeuditz ein.“

Wenn Autoren schon zu Formeln greifen wie „aktiv für etwas einsetzen“, dann kann man beinahe sicher sein, dass sie sich innerlich winden, dass sie ganz genau wissen, dass die geplanten Aktivitäten nicht ausreichen und sie der eigentlichen Aufgabe ausweichen. Dies gilt für das Projekt Lebendige Luppe jedenfalls. Immerhin: die Mengen, mit denen das geplante Gewässer durch die ausgetrocknete Burgaue fließen soll, haben sich, nach penetrantem Insistieren der Naturschützer, inzwischen vervielfacht (von 2 auf immerhin 30 Kubikmeter pro Sekunde). Es geht ja auch um 6,7 Millionen Fördergeld vom Bundesamt für Naturschutz für dieses Projekt im Rahmen der Förderung “Biologische(r) Vielfalt”, deren Rückzahlung drohen würde, käme das Projekt Lebendige Luppe nicht durch die vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsprüfung mit einem für das Ziel günstigen Verhältnis zwischen Eingriffen in die bestehen Natur vs. perspektivischem Gewinn für diese.

Und dann hat man diese Worte im Ohr: „Die Leipziger Flussauenlandschaft mit der Weißen Elster, der Pleiße und Luppe stellt das ‚Rückgrat‘ des städtischen Grüns in Leipzig dar“, sagte BfN-Präsidentin Prof. Beate Jessel anlässlich des Projektstarts in der Auwaldstation Lützschena im Jahr 2012. „Der Wald dieser Auen ist wegen seiner Ausdehnung und Stadtnähe etwas nahezu Einmaliges. Die Revitalisierung dieser Auenlandschaft kommt nicht nur der Natur zugute, sondern schafft vor allem neue Erlebniswerte für die Menschen, die hier leben.“

Revitalisierung dieser Auenlandschaft? Das würde gut korrespondieren mit drei anderen Förderprojekten des BfN, wo man genau das macht: eine Auenlandschaft wirklich re-vitalisieren. „Auenentwicklung und Auenverbund an der Unteren Mittelelbe“ ist dabei das größte. Die „Wilde Mulde“ gehört dazu, ein Projekt, bei dem die Mulde von vielen steinernen Korsetten befreit wird, um als Fluss wieder frei atmen und sich dynamisch entwickeln und verändern zu können. Und „Das Aller-Projekt“, bei dem existierende Lebensräume miteinander verbunden werden, damit der Lebensraum Fluss insgesamt wieder funktioniert.

Davon kann allerdings in Leipzig keine Rede sein. Hätte man die oben zitierten Worte ernst gemeint, hätte das Projekt Lebendige Luppe anders aussehen müssen und auch anders aussehen können: Zur schlichten Wahrheit gehört nämlich auch, dass Leipzig und die ebenfalls beteilige Stadt Schkeuditz ein anderes Projekt hätten gefördert bekommen können, eines, das den trocken gefallenen Auwald im Nordwesten tatsächlich wieder dem Wasser öffnet, und den Hochwasserschutz dahin verlegt, wohin er gehört: an den äußeren Rand der Aue, nicht mitten hinein oder direkt neben die Fließgewässer. Dies wäre eine Lösung gewesen, für die das Sächsische Umweltministerium durchaus offen war. Denn dort weiß man sehr genau, dass nur eine tatsächliche und umfassende Revitalisierung der Norddwestaue die Probleme des Auwaldes wirklich löst, und vor allem auch langfristig preiswerter ist. Und Nachhaltiger.

Denn ob künftige Generationen es sich überhaupt noch werden leisten können, nach jedem Hochwasser für Milliarden Euro die in Mitleidenschaft gezogenen Deiche zu reparieren, ist mehr als fraglich. Sie sind das Teuerste am ganzen sächsischen Hochwasserschutz, verschlingen 97 Prozent der Gelder und stehen beim nächsten Jahrhundert- oder Jahrtausend-Hochwasser wieder unter Druck und müssen mit enormem Aufwand „verteidigt“ werden, was nicht nur teuer ist, sondern schlicht skurril, wenn man durch diese “Verteidigung” verhindert, dass der Auwald dahinter nass wird.

Das gilt auch und gerade für die Leipziger Nordwestaue, wo mit der Lebendigen Luppe über einen neuen, künstlich geschaffenen Zulauf aus der Nahle die Bewässerung der Burgaue verbessert werden soll. Es ist nur ein kleines Fließgewässer vorgesehen, das erfasst nicht einmal die komplette Burgaue. Hochwasser sollen auch nur sehr gesteuert, aller drei bis fünf Jahre eingeleitet werden. Käme es dann erneut zu einer Jahrhundertflut, müsste wieder das Nahleauslasswerk aufgerissen und die Aue unnatürlich und damit große Schäden anrichtend, sturzartig geflutet werden. Natürliche Hochwässer hingegen kommen langsam, in unterschiedlichen Frequenzen und Stärken und so, dass die Natur sich an sie anpassen und, das Wasser vertragend, entwickeln kann.

Da kann es spannend werden, was Florian Mayer vom Fördergeldgeber Bundesamt für Naturschutz (BfN) am 30. November berichten wird über die gegenwärtige Situation und Zukunftsprognosen von Fließgewässern und Auen aus Sicht des BfN, das mit seinem Bundesprogramm Biologische Vielfalt seit 2011 deutschlandweit irgendwie wegweisende Projekte unterstützt.

Termin: Der Infoabend beginnt am Mittwoch, 30. November, um 18 Uhr und ist kostenlos. Eine Anmeldung unter Tel. (0341) 86967550 oder info@lebendige-luppe.de ist erforderlich. Veranstaltungsort ist das Kontaktbüro des Projekts Lebendige Luppe (Michael-Kazmierczak-Str. 25 in Gohlis, Ladeneingang über Coppistraße).

Ein Beitragsartikel der Leipzigerinternet Zeitung von Ralf Julke

NuKLA Standpunkt zur Fachtagung am 10./11. November 2016

NuKLA nimmt die Tagung vom 10.11-11. 2016 “Lebendige Luppe- Neues Wasser auf alten Wegen” in Leipzig zum Anlass,  Alle zu bitten, im Rahmen unserer gemeinsamen Verantwortung (Natura2000, WRRL, Schutz des Grundwassers) vermehrt über weitere Schritte nachzudenken.

Am Beispiel der Tagung möchten wir Ihnen  Anregungen geben.

Seit den Hochwässern in diesem Jahrhundert ist uns allen bewusst und bekannt, dass wir Veränderungen durchführen müssen. Auf diesem Wege haben wir als “Arbeitsgemeinschaft UNESCO Leipziger Auwald und Umgebung” mit seinem „AULA-Projekt 2030. Das Auenband der Weißen Elster“ bereits 2012 die Vision einer länderübergreifenden Renaturierung der Weißen Elster vorgeschlagen.

Erfreut waren wir zunächst über das 2013 gestartete Auenrevitaliesierungsprojekt “Lebendige Luppe”, bereits von Anbeginn haben wir als AULA die Stadt Leipzig mit unseren Kenntnissen und erweiterten Vorschlägen unterstützt. Wir freuen uns darüber, dass mittlerweile aus den 2,5 Kubikmeter Wasserzufuhr 30 Kubikmeter p.s. wurden, dennoch ist das Projekt, das ist allen klar, ein Mosaikstein bezogen auf das, was notwendig ist, das Gebiet der Leipziger Elsteraue zu einem dynamischen Auenökosystem wiederzubeleben. Dieser Mosaikstein, so haben wir zur o.g. Tagung am Ende des Vortrages von Herrn Stowasser gehört, sollte  weitergedacht werden. Genau diese von Herrn Stowasser angesprochenen weiteren Visionen stimmen bezogen auf den Hotspot Leipzig mit den Visionen der AULA-Gruppe überein. Hierbei geht es konkret um eine  mögliche Sohlanhebung der Nahle, die Schließung der Neuen Luppe (und deren Nutzung lediglich im Hochwasserfall), welche die Stadt Leipzig selbst vorgeschlagen hat, sowie andere renaturierende Maßnahmen am Leipziger Wasserknoten. Dieses sind alles Maßnahmen, welche nicht allein durch die Stadt Leipzig abgedeckt werden können: Es handelt sich um Gewässer 1. Ordnung, die Zuständigkeit dafür liegt also beim Freistaat Sachsen.

In diesem Zusammenhang, auch vor dem Hintergrund der EU-Klage gegen Deutschland bzgl. der Nichteinhaltung der Grenzwerte beim Grundwasser, ist die Bedeutung der Empfehlung des LfULG, Anlage 1 S.2, gar nicht hoch genug zu bewerten, Zitat:

“Aus Sicht des LfULG kann der Erhalt des Leipziger Auwaldes zu einem sächsischen Vorzeigeprojekt für die gemeinsame Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-, Wasserrahmen- und Hochwasserrisikomanagementrichtlinie unter Nutzung der Synergien entwickelt werden. Die erforderliche Sensibilisierung der jeweiligen lokalen und regionalen Aufgabenträger sollte durch das SMUL initiiert werden”.

Genau diese Empfehlung könnte für alle Akteure, welche aktuell den erforderlichen Hochwasserschutz betreiben, sich um die Umsetzung der EU-Maßgaben bezogen auf den Zustand der Schutzgebiete, der Oberflächengewässer und des Grundwassers sowie um den Erhalt von Biodiversität bemühen und die Region Mitteldeutschland aufwerten und entwickeln wollen, eine geradezu geniale Grundlage für das Erreichen synergetischer Effekte aller Aktivitäten zum gegenseitigen Nutzen sein.

Es ist uns allen bekannt, dass es deutschlandweit inzwischen mannigfaltige erfolgreiche Auenrenaturierungs- / -revitaliesierungsprojekte gibt.

Ich selbst, bin im Rahmen meiner NABU-Mitgliedschaft ein Mitglied des BFA-Bundesfachauschuss Lebendige Flüsse des NABU Deutschland. Der BFA war vom 4.11-06.11. an der Lippe und hat sich ein Bild der dortigen Maßnahmen machen können. Die dortigen umfänglichen Maßnahmen der Renaturierung sind außerordentlich beeindruckend, sowohl was deren Ausmaß, also auch was deren Auswirkungen für die Qualität der Landschaft, die Artenvielfalt und den Hochwasserschutz betrifft. Man kann buchstäblich sehen, wie   die Akteure, die zuständigen Gremien, Verwaltungen und die Beteiligten auf Landesebene dieses so wollten und sich mit langem Atem für eine derartige Generationenaufgabe engagieren!

Uns allen ist klar, dass wir, genauer der Freistaat Sachsen, die Verpflichtung haben, die Vorgaben der EU umzusetzen, und es ist gerade an der Zeit, das dafür Erforderliche in Angriff zu nehmen. Die Empfehlung des LfULG hat dafür allen den „Roten Teppich“ ausgerollt.

Das konkrete Vorgehen sollte aus unserer Sicht mindestens zwei Ebenen umfassen:

1 . „Das Auenband der Weißen Elster“, Hier wäre auf Sicht sinnvoller Weise ein Staatsvertrag zw. Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt zu schließen, um das länderübergreifende Projekt  anzuschieben. Hierzu sind von unserer Seite bereits zahlreiche Vorgespräche, auch mit dem Bundesamt für Naturschutz, geführt worden. Ziel soll es sein, ein Großes Naturschutzprojekt an den Start zu bringen. (Referenzprojekte: Blaues Band, Chance Natur).

2. Innerhalb dieser Maßnahme kommen wir zurück nach Leipzig. Hier geht es darum, im Sinn eines Leipziger Gesamtkonzeptes alle Akteure vor Ort bei ihren gemeinsamen Bemühungen um die Renaturierung des Leipziger Gewässerknotens von Seiten des Landes Sachsen zu unterstützen (Stichwort: Gewässer 1. Ordnung). Genau um diese gemeinsamen Gespräche zu führen, hat sich AULA  gegründet: damit die verschieden Akteure gemeinsam die Zukunft unserer hiesigen Gewässer erarbeiten.

Wie NuKLA auf der Tagung erfahren hat, gibt es die ARGE (Arbeitsgemeinschaft Lebendige Luppe), welche mit dem verantwortlichen Leiter, Herrn Stowasser, aus unserer Sicht einen für alle neutralen, erfahren Planer eingesetzt hat, welcher die Gesamtgespräche zu einem für alle sinnvollen Ziel führen kann. Auf Grund der Gebietsbergreifenden Flächen allein in Sachsen schlagen wir ggf. vor, ein weiteres Planungsbüro hinzuzuziehen.

Wir von NuKLA möchten, getreu unserem Motto “NuKLA-Naturschutz, der verbindet”, hierfür gern als Vermittler zur Verfügung stehen und laden Sie deshalb bereits heute zu unserem 1. Leipziger Auenökologiesymposium am 31.Mai 2017 und 4. AULA-Citytagung am 1.Juni 2017 nach Leipzig ein. Wir freuen uns über Ihre Teilnahmen, gern mit eigenen Vorträgen. Großartig wäre es, mit dieser Veranstaltung jenen Schulterschluss erreichen zu können, wie uns an der Lippe so überaus erfolgreich vorgelebt wird.

Schlussendlich war es die anfängliche Idee von NuKLA, sich um einen UNESCO-Welterbetitel für das Leipziger Neuseenland inkl. der Weißen Elster zu bewerben!

NuKLA-Vorstand

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