NuKLA Stellungnahme zur Novellierung Sächsisches Wassergesetz

Stellungnahme zu § 17 Abs. 2, 3 SächsWG (neu), Anlage 2 Nr. 2 schiffbare Gewässer der Braunkohlesanierung:

Gem. den vorgenannten Regelungen sollendie in Anlage 2 Nr.2 des SächsWG (neu) benannten Tagebaurestseen Zwenkauer, Cospudener, Markkleeberger und Störmthaler See sowie den Überleitern Cospudener/Zwenkauer See und Störmthaler/Markkleeberger See als schiffbare Gewässer benannt werden. Diese Erklärung ist weder begründet, noch entspricht sie der Intention des Gesetzes, „im Interesse der Allgemeinheit und zum Wohle des Einzelnen die Lebensgrundlage Wasser nach dem Grundsatz der Vorsorge zu schützen, insbesondere in seinen natürlichen Eigenschaften zu erhalten und zu sichern. Die Erhaltung und die Wiederherstellung der ökologischen Funktionen der Gewässer ist vorrangig zu berücksichtigen.“

I. Wasserstraßen i.S. der Schifffahrt dienen dem allgemeinen Verkehr und sind danach Verkehrswege.

Zur Annahme der Funktion, „dem allgemeinen Verkehr dienend“, wird ein durchschnittlicher Jahresverkehr in Tonnen, respektive regelmäßiger Fährverkehr mit nennenswerter Zahl zu transportierender Passagiere auf langen Strecken angenommen. D.h., es bedarf einer Mindestmenge an Gütern und/oder Personen, die im Laufe eines Jahres auf einer Wasserstraße bewegt werden, um einem Gewässer die Funktion einer „Wasserstraße“ oder eines „schiffbaren Gewässers“ zuzuordnen. Diese Funktion kann einem Gewässer auch zugeordnet werden, wenn in absehbarer Zeit mit einer Zunahme eines maßgeblichen Güter- oder Personenverkehrs zu rechnen ist. (BVerfGE 15,1; Gründe C I., II.; Zeppernick/Habel, Das Sächsische Wasserrecht, § 36 Rz. 2, 3)

Wasserstraßen unterscheiden sich von den übrigen Gewässern somit durch ihre „Verkehrsfunktion“. Diese Verkehrsfunktion haben die in Anlage 2 Nr.2 des SächsWG (neu) benannten Tagebaurestseen Zwenkauer, Cospudener, Markkleeberger und Störmthaler See jedoch gerade nicht. Sie sollen diese auch zukünftig nicht erhalten. Weder gibt es Güter jedweder Art, noch gibt es Passagiere i.S. eines Fährverkehres, die auf diesen Tagebaurestseen zu transportieren wären. Vielmehr wurde in den entsprechenden Sanierungsrahmenplänen für den Tagebau Zwenkau/Cospuden und den Tagebau Espenhain wesentliche Gewässerflächen für eine Gewässernutzung „Natur und Landschaft“, ein weitaus geringerer Teil für eine Gewässernutzung „Erholung“ ausgewiesen. Dabei sind die Vorranggebiete „Natur und Landschaft (Gewässer)“ „zur Sicherung und Mehrung der biologischen Vielfalt und Bewahrung der genetischen Ressourcen“ von öffentlichen Nutzungen freizuhalten! Dem entspricht auch im Wesentlichen die Erwartungshaltung der Bewohner der Anliegerkommunen der Tagebaue, die die Tagebaurestseen auch und insbesondere aufgrund zum Teil jahrzehntelanger Erduldung von Tagebaulärm und –dreck unter besonderer Berücksichtigung ökologischer Aspekte und einer ruhigen Erholungsnutzung sehen. Dieser Erwartungshaltung steht die Nichtachtung durch hiesige Kommunalpolitiker (beispielsweise Dr. Lantzsch, BM Großpösna, Vors. Tourismusverein Landkreis Leipzig e.V., AG-Leiterin Grüner Ring Leipzig) diametral entgegen.

(Sanierungsrahmenplan Tagebau Zwenkau/Cospuden Karte 2; Sanierungsrahmenplan Tagebau Espenhain Karte; Nachhaltige Erholungsnutzung und Tourismus in Bergbaufolgelandschaften – Grundlagenband -, Ergebnisse aus dem F+E-Vorhaben 899 874 00 des Bundesamtes für Naturschutz, S. 225 ff.; Helmholtz Zentrum für Umweltforschung Leipzig, Kabisch/Linke, Tagebausanierung und Perspektiven Leipzig UFZ-Jahresbericht 98/99; Vom Braunkohletagbau zum Tourismusstandort Leipziger Neuseenland, Dipl.-Arbeit Universität Leipzig, Fakultät für Physik und Geowissenschaften Institut für Geographie, Leipzig, 2006)

 II. Vor dem Hintergrund des Zweckes von WHG und SächsWG sowie der EWRRL stellt sich nicht die Frage, ob Motorboote für die Gewässer schädlich sind. Gem. § 9 SächsWG (neu) und § 12 WHG hat das Wohl der Allgemeinheit nur wasserswirtschaftlichen Bezug. Dieses „Wohl der Allgemeinheit“ „verlangt insbesondere, dass nutzbares Wasser in ausreichender Menge und erforderlicher Beschaffenheit zur Verfügung gestellt und die öffentliche Wasserversorgung nicht gefährdet wird, die Gewässer vor Verunreinigungen geschützt werden, ein naturnaher Zustand der Gewässer gesichert und nach Möglichkeit wiederhergestellt wird, das Selbstreinigungsvermögen der Gewässer gesichert und das Wasserrückhaltevermögen nach Möglichkeit wiederhergestellt und verbessert werden, Hochwasserschäden und schädliches Abschwemmen von Boden verhütet werden, die Bedeutung der Gewässer und ihrer Uferbereiche als Lebensstätte für Pflanzen und Tiere, ihre Vernetzungsfunktion und ihre Bedeutung für das Bild der Landschaft berücksichtigt werden, landwirtschaftlich und anders genutzte Flächen unter Beachtung des Naturschutzes und der Landschaftspflege be- und entwässert werden können, der freie Zugang zu fließenden und stehenden Gewässern sowie Quellen zur Erholung ermöglicht wird.“ Mit der geplanten Novellierung wird jedoch versucht, diese Kausalität auszuhebeln, indem man das Sächsische Wassergesetz dahingehend ändert, dass für die genannten Tagebaurestseen die Schiffbarkeit bereits auf der Ebene des bis dato die Schiffbarkeit nur begründet zulassenden Gesetzes ermöglicht und Kontrollen und Einschränkungen den Behörden überlässt. Werden Motorboote nicht für einen maßgeblichen Güter- und Personentransport benötigt, stellt sich lediglich die Frage, ob Motorboote zu einer Verbesserung des Gewässerzustandes beitragen. Das ist weder Zweck noch Folge des Betriebes von Motorbooten i.S. eines wirtschaftlichen oder touristischen Verkehrs. Zu erwarten ist eher eine schädliche Gewässerveränderung. Zu vermuten ist diese, wenn sie nach allgemeiner Lebenserfahrung bzw. anerkannten fachlichen Regeln wahrscheinlich und ihrer Natur nach auch annähernd voraussehbar ist. Die hierfür anzulegenden Anforderungen liegen unterhalb der hinreichenden Wahrscheinlichkeit einer konkreten Gefahr. Ausdruck für diese zu vermutende Gefährdung sind die Allgemeinvefügungen Cospudener und Markkleeberger See, die ausdrücklich auf die Natur der Gewässer als Tagebaurestseen und damit ökologisch instabile und in ihrer Entwicklung nicht einschätzbare Gewässer verweisen. Für die ökologische Bewertung und Prognose einer motorisierten Schiffsnutzung von Tagebaurestseen gibt es weder anerkannte fachliche Regeln, noch allgemeine Lebenserfahrung. Im Gegenteil wird mit der Flutung und Nutzung der Tagebaurestseen Neuland beschritten. Fehler, die hierbei für eine zweifelhafte touristische Nutzung gemacht werden, werden sich demgegenüber mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand beheben lassen.

 III. Gesichtspunkte der „Deregulierung und Verwaltungsvereinfachung“ führen ebenso weder zu einem wirtschaftlichen Wasserverkehr, noch tragen sie zu einer Verbesserung des Wasserzustandes, der Uferbereiche oder der Gewässersohle bei.

Im Gegenteil muss davon ausgegangen werden, dass die verfolgten, nichtwasserwirtschaftlichen Ziele der „Deregulierung und Veraltungsvereinfachung“ zu einer Verschlechterung sowohl des Wasserzustandes, als auch des Gemeingebrauchs führen werden. So musste schon bei derzeit geltender Rechtslage zur Kenntnis genommen werden, dass entgegen des Sanierungsrahmenplanes Zwenkau/Cospuden die Vorranggebiete „Natur und Landschaft (Gewässer)“ beispielsweise für Fahrgastschifffahrt im Zeitraum von 10 Jahren Stück für Stück immer weiter zurückgedrängt wurden. Die „bewährte einheitliche Vollzugspraxis in Sachsen“ (S. 5 der Begründung) hat dazu geführt, dass beispielsweise im Tagebau Espenhain, einem noch nicht freigegebenem Tagebaurestsee, der Betrieb mehrerer Amphibienfahrzeuge, darunter einem fast 70 Jahre alten Kriegsschiff, erlaubt wurde, obwohl diese Nutzung bereits nach geltender Rechtslage gem. § 7 Abs. 3 SächsSchiffVO i.V.m. § 36 SächsWG verboten ist. Der gesetzlich zunächst ausschließlich zugelassene Gemeingebrauch (Baden, Paddeln etc.) wird damit unzulässiger Weise eingeschränkt oder ganz ausgeschlossen, was jedoch nur zum Zwecke der Wasserversorgung, zum Hochwasserschutz, der Sicherstellung der Erholung, des Schutzes der Natur, der Erreichung der Bewirtschaftungsziele zulässig wäre. Für eine touristische Schiffbarkeit ist der Gemeingebrauch explizit nicht einzuschränken!

IV. Eine umfassende „Juristische Expertise“ zum sogenannten „Wassertouristischen Nutzungskonzept/Verträglichkeitsuntersuchung“, erstellt durch Prof. Martin Oldiges, ehem. Mitglied SächsVerfGH, kommt zu dem Ergebnis, dass zur Gewährleistung von Gemeinverträglichkeit, naturschutzfachlicher und limnologischer Belange eine umfassende Regulierung erforderlich ist (a.a.O. S. 141 ff.). Letztlich wäre diese Regulierung auch erforderlich, da ein quantitativ nicht begrenzte Schiffbarkeit zu einer Kannibalisierung einer touristischen Nutzung führen würde (a.a.O. S. 146 f.). Durch die bei Erklärung der Schiffbarkeit fehlende Reglementierung würde ein wesentliches Argument einer touristischen Nutzung, die Naturbelassenheit, bzw. –wiederherstellung, drastisch beeinträchtigt und somit wegfallen; sie würde genau zum Gegenteil dessen führen, was angestrebt ist, schlussendlich nämlich zu einem Verlust touristischer Attraktivität.

 V.  Das vielfach vorgebrachte Argument von „Sicherheit und Ordnung“ ist untauglich zur Begründung einer Schiffbarkeit.

Die Schiffbarkeit eines Gewässers ist zu erklären. D.h., dass ohne eine behördliche Genehmigung ein Gewässer nicht schiffbar ist.

Fragen der Sicherheit und Ordnung sind somit als Folge einer Erklärung zu einem schiffbaren Gewässer zu klären. Denn erst dann stellt sich die Frage nach Sicherheit und Ordnung überhaupt erst. Erst wenn die Entscheidung für eine Schiffbarkeit gefallen ist, besteht die Möglichkeit, dass eine nicht festgelegte Zahl motorisierter Wasserfahrzeuge die betreffenden Gewässer befährt: Erst in diesem Fall entstehen Gefahren für eine Gemeingebrauchsnutzung in Form von Baden und Nutzung muskelbetriebener Wasserfahrzeuge. D.h., der behördliche Akt der Schiffbarerklärung führt zu einer Gefährdungssituation! Infolge dieses behördlichen Aktes wären Sicherheitsfragen zu klären.

Würden Fragen der Sicherheit und Ordnung als Begründung einer Erklärung der Schiffbarkeit angeführt, würden somit die Folgen dieser Schiffbarerklärung als Begründung für diese Schiffbarerklärung selbst dienen. Das ist ein unzulässiger logischer Zirkelschluß.

 VI. Eine Erklärung der in der Anlage 2 Nr.2 des SächsWG (neu) benannten Tagebaurestseen Zwenkauer, Cospudener, Markkleeberger und Störmthaler See mit den sie verbindenden Überleitern Cospudener/Zwenkauer See und Störmthaler/Markkleeberger See führt allein nicht zu dem gewünschten Ziel eines schiffbaren Gewässerverbundes. Die Verbindung zwischen Cospudener/Zwenkauer See und Störmthaler/Markkleeberger See ist ausschließlich über die Gewässer des Leipziger Auwaldes als Transfergewässer möglich. Diese Gewässer sind für eine schiffbare Verbindung jedoch untauglich. Sie müssten zunächst aufwändig vorbereitet und ausgebaut werden. Dieser unumgängliche Gewässerausbau im Leipziger Auwald würde jedoch zu einer Zerstörung des Leipziger Auwaldes in seiner bestehenden Form führen. Die seit der sogenannten Wende gemachten Fortschritte für den Erhalt und die Wiederherstellung des Leipziger Auwaldes nach jahrzehntelangem Missbrauch der Auwaldgewässer als Kloaken für industrielle Abwässer würde zunichte gemacht. Die Funktion als Hochwasserschutz, ausdrückliches Ziel von WHG und SächsWG, würde nachhaltig beeinträchtigt, wenn nicht ganz beseitigt.

 VII. Eine „Grundlagenuntersuchung zum Wassertourismus“ 2003, beauftragt durch den Deutschen Tourismusverband e.V. und gefördert durch das BMWA kommt zu dem Ergebnis, dass es ein großes wassertouristisches Entwicklungspotential gäbe.

Es wird eine Tendenz zu Segeln/Kanu, einer größeren Naturnähe bei gleichzeitig zunehmendem Lebensalter der Nutzer festgestellt.

Daneben gibt es auch eine Tendenz zur Nutzung von Motoryachten. Diese wird indessen im Küstenbereich sowie Berlin/Brandenburg und Ruhrgebiet gesehen. Hierfür gibt es mit dem Vorhandensein tatsächlich schiffbarer Gewässer (Flüsse und Kanäle) historische und wirtschaftliche Gründe. Diese fehlen in der Leipziger Region. Es musste für die Leipziger Flüsse und Kanäle extra ein gewässerangepasstes Leipzig-Boot gebaut werden, damit zumindest eine eingeschränkte touristische Nutzung überhaupt möglich ist.

Nach dieser wassertouristischen Studie des Deutschen Tourismusverbandes sind die Wachstumschancen für Segelboote und Kanu deutlich höher als die für Motorboote! Das kommt auch im Verhältnis Übernachtungen / Umsatz zum Ausdruck. Werden hierzu die ermittelte Tendenz zu naturnahem Tourismus und demographischem Wandel sowie die örtlichen Gegebenheiten mit flachen Flüssen und Kanälen sowie die kulturellen Angebote der Stadt Leipzig berücksichtigt, muss man zu dem Schluss kommen, dass Motorboote von der tatsächlich relevanten touristischen Zielgruppe nicht nur nicht wesentlich nachgefragt werden: Eine Zulassung wäre sogar schädlich für das eigentliche touristische Potential der Gewässer und der Stadt Leipzig!

 Stellungnahme zu § 5 Abs. 3 SächsWG (neu)

Für eine Fahrgastschifffahrt ist auf Grund der geringen Zahl eine Genehmigung gem. § 5 Abs. § SächsWG (neu) völlig ausreichend. Regelungen zu Sicherheitsfragen, insbesondere zum Ausschluß einer Gefährdung des Gemeingebrauchs, sind in diese Genehmigungen aufzunehmen. Gleiches gilt für die überschaubare Zahl an Charterbooten. Hierbei sind geeignete Zulassungszahlen in das Gesetz aufzunehmen. Die Erfahrungen am Cospudener See bei der Anwendung der Sondergenehmigung § 46 a SächsWG (alt) haben gezeigt, dass die zuständige Untere Wasserbehörde die Sonderregelung regelwidrig zu einer allgemeinen Regelungen ausgeweitet hat, der Sonderfall somit zum Allgemeinfall geworden ist. So befuhren beispielsweise nach Auskunft der Unteren Wasserbehörde schon 2010 über ca.70 Sportmotorboote und Segelschiffe mit vergaser- und dieselkraftstoffbetriebenem Beimotor den Cospudener See.

Leipzig, 5.9.2012

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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