AHA führte Herbstexkursion in die Burgaue durch

Der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) hält es für dringend nötig sich verstärkt für den Schutz und Erhalt von Auenlandschaften einzusetzen. In dem Zusammenhang möchte der AHA seine diesbezüglichen Aktivitäten auch in den Auenlandschaften von Leipzig und Umgebung verstärken.

Auf Grund der weiterhin angedachten Abholzungen im Rahmen einer teilweisen Wiedereinführung der Mittelwaldwirtschaft und einer damit verbundenen weiteren Bedrohung der Auenwälder in Leipzig, hatte der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) zu einer Herbstexkursion am Samstag, den 30.11.2013 in die ca. 277 ha große Burgaue eingeladen.

Auf dem Weg zur Burgaue diskutierten die Exkursionsteilnehmer bei strömenden Regen über Möglichkeiten des Umgangs mit Hochwasser. Dabei durchquerte die Gruppe den Möckernschen Winkel und rätselten über den Sinn des eingedeichten Auenwaldrestes zwischen Luppe sowie Nahle und da ganz besonders, was und wer hier vor dem Hochwasser Schutz bedarf. Im Ergebnis dessen stellten die TeilnehmerInnen übereinstimmend fest, dass hier eine vollständige Deichrückverlegung erfolgen muss, um a) den Auenwald wieder an das Hochwasserregime der umgebenden Fließgewässer anzuschließen und b) somit u.a. eine naturnahere Entwicklung des Auenwaldes als Lebens- und Rückzugsraum und naturnaheren Hochwasserschutzraum zu ermöglichen. Nach der Überquerung der Wahmer-Leutzscher-Brücke über die Nahle regt eine schätzungsweise 200 Jahre alte Stieleiche Gedanken an Zeiten an, als noch kein Deich dieses Flusssystem von der Aue trennte.

Einige Schritte weiter, eröffnete sich weiterhin der Blick zur Burgaue, zur Einmündung der Nahle in die Luppe, zu dem eng an beiden Fließgewässern anliegenden Deichsystemen und nicht zuletzt zu dem sehr umstrittenen Nahleauslassbauwerk, welches 2011 und 2013 geöffnet, die angrenzende Aue zu einem Polder umfunktionierte. Nunmehr beabsichtigt man es noch weiter auszubauen. Jegliche Bedenken und Alternativvorschläge schlugen die Verantwortlichen der Talsperrenverwaltung -als Vertreter des Freistaates Sachsen- und die Stadt Leipzig -als zuständige Genehmigungsbehörde- in den Wind. Dies hat nunmehr folgerichtig zu einer Beschwerde vom Naturschutz und Kunst Leipziger Auwald e.V. (NuKLA) bei der EU-Kommission, wegen der fortgesetzten und unverminderten Verstöße gegen europäisches Recht, geführt.

Auf dem Kilometerweg betrat dann die Exkursionsgruppe die Burgaue. Der AHA bekräftigte noch einmal die absolute Erfordernis, generell Auenwälder als eine der arten- und strukturreichsten Biotope in den gemäßigten Zonen zu erhalten, zu sichern und zu schützen. In dem Zusammenhang betonte der AHA, dass er es für dringend geboten hält, dass bereits jetzt naturschutzrechtlich gesehen Auenwälder einen besonderen Schutz genießen müssen. In der Burgaue kommt noch hinzu, dass dort ca. 270 ha als Naturschutzgebiet ausgewiesen sind und daher hier besonders auf naturnahere bzw. naturnahe Entwicklungen zu orientieren sind. Ferner gilt es derartige Auenwälder als bedeutsame Lebens- und Rückzugsräume für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten, als potenziellen Hochwasserraum sowie als Ort der sanften Naherholung für die Menschen der Region zu betrachten. In dem Sinne ist eine rein forstwirtschaftliche Nutzung zu kommerziellen Zwecken nicht zu akzeptieren.

Die Exkursionsteilnehmer konnten sich ein Bild von Auenwaldbereichen verschaffen, wo noch keine massiven forstwirtschaftlichen Eingriffe stattgefunden hatten und die Struktur des Auenwaldes stimmte. Man nahm die vielfältige Artenvielfalt an Gehölzen jedes Alters –Stieleiche, Gemeine Esche, Hainbuche, Feldulme, Feldahorn, Spitzahorn, Bergahorn u.a.- wahr. Jedoch schon beim Betreten des weitgehend nach europäischem und sächsischem Recht naturgeschütztem Auenwaldes, war schon deutlich das markante Geräusch einer Motorsäge zu hören. Nach paar Schritten konnten die Exkursionsteilnehmer einen Mann beobachten, der eifrig verschiedene Holzarten zu transportablen Stücken zum Abtransport nach Hause, zurechtsägte. Eine große Kanne mit Öl ließ die Frage aufkommen, ob hier nicht die deutliche Gefahr der Verschmutzung von Boden und Wasser mit dem Schmierstoff gegeben ist. Abgesehen davon war der Lärm in einem Naturschutzgebiet mehr als unangemessen sowie dazu unangenehm und störend.

Nach paar Schritten entdeckten die Exkursionsteilnehmer drei Rollen Zäune und paar Stäbe dazu. Alle waren sich schnell einig, dass hiervon eine massive Gefahr für die Tierwelt ausgehen kann, indem sich Tiere darin verfangen und verletzen können.

Am Bauerngraben diskutiert die Gruppe über Möglichkeiten der Entwicklung des Fließgewässers. Dabei bekräftigen alle TeilnehmerInnen, dass begradigte Fließgewässer die Möglichkeit und den Raum zur Mäandrierung erhalten sollten.

Schließlich gelangte die Gruppe an die Kreuzung zum Reitweg, wo eine nunmehr abgestorbener Rest, einer einst abgeholzten Stieleiche wie ein Mahnmal steht und paar Meter westwärts ein Naturschutzgebiet verdeutlicht, was eigentlich ein großer Teil der Burgaue darstellt.

Nun betritt die Gruppe den Teil des NSG und Gebietes nach der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL), welcher Bestandsschutz genießen soll. Der Auenwald, welcher sich hier recht gut naturnaher entwickelt sowie zwischen Burgauenbach und Bauerngraben eingebettet ist, zeigt noch Folgen des Hochwassers vom Juni 2013 auf. Im Bereich des Burgauenbaches sind deutliche Verlandungsbereiche mit Weichholzauenbewuchs –vorrangig Silberweide und teilweise Schwarzerle- erkennbar. Offene Wasserbereiche zeigen starke Eutrophierung mit deutlich wahrnehmbaren Geruch von Schwefelwasserstoff und ausgeprägter Verlandungstendenz. Weiter nordwestlich zeigt sich die Kippe mit seinem weiter ausgebauten Dammbauwerk mit ca. 5 m breiten Schotter in den Burgauenbach, als verheerende Abflussbarriere, weitere Einschränkung eines einst durchlässigeren Hochwasserraum und nicht zuletzt als massive Störung des Landschaftsbildes an einem Natur- und Landschaftsschutzgebiet. Das hier Veränderungen dringend erforderlich sind, bedarf in der Gruppe keiner weiteren Diskussion.

Auf dem Weg stellen die Exkursionsteilnehmer immer wieder fest, dass häufig BesucherInnen der Burgaue mit freilaufenden Hunden durch das Naturschutzgebiet gehen. Ein Großteil geht auf die gegebenen Hinweise ein und leinen ihre Vierbeiner an. Trotzdem ist man sich einig, dass hier vermehrte Öffentlichkeitsarbeit und verstärkte Kontrollen dringend erforderlich erscheinen.

Schließlich gelangt die Exkursionsgruppe am westlichen Ende der Burgaue an den Deich der Luppe, welcher unlogischerweise den Fluss von dem Auenwald auf der und der anderen Seite zum Hundewasser und Weißen Elster abtrennt. Das die Zeit von Mauern noch lange nicht vorbei sind, zeigt die langgezogene Mauer oberhalb des Luppedeiches auf der nördlichen Seite. Den Exkursionsteilnehmern war schnell klar, dass dieser Zustand in vielfältiger Hinsicht nicht akzeptabel ist. Der AHA verdeutlichte in dem Zusammenhang noch einmal, dass der ehrenamtliche und gemeinnützige Umwelt- und Naturschutzverein es zum Beispiel stattdessen für zukunftsbedeutsamer hält, die Eintiefung der Neuen Luppe zu stoppen und Renaturierungen des Gewässerlaufes zu prüfen, weiterhin Möglichkeiten der länderübergreifenden Reaktivierung der abgeschnittenen Altarme der Weißen Elster und der Luppe ökologisch, hydrologisch und ökonomisch zu untersuchen sowie eine Ausweitung der Retentionsflächen anzugehen. Somit wäre beispielsweise bessere Einbeziehung der Auenwälder in das Überflutungsregime von Weißer Elster und Luppe möglich. Zudem könnte neben der Wirkung für den Hochwasserschutz ein zurückdrängen weniger wassertoleranter Gehölzarten wie Spitzahorn erfolgen. Daher favorisiert der AHA statt des Neubaus des Nahleauslassbauwerks sowie der mehr als umstrittenen, im Jahre 1998 festgelegten Mittelwaldwirtschaft, umfassende Deichrückverlegungen zu untersuchen und letztendlich umzusetzen.

Nach einer ausgedehnten Wanderung auf dem Deich der Luppe konnte die Exkursionsgruppe eine eingezäunte Aufforstungsfläche mit Stieleiche anschauen, welche einen eindeutigen Monokulturcharakter einer Intensivforstfläche aufweist. Ein deutlicher Widerspruch, zu der sonst gut bis sehr gut ausgeprägten Auenwaldstruktur.

Einige Meter weiter sind deutliche Spuren der weiter fortgesetzten Massenabholzungen zu erkennen. Ältere Abholzungsflächen lassen einen deutlich verstärkten Aufwuchs des Spitzahorns als Stockausschlag und Sämlingen erkennen. Die einstige Ausgangsfläche dieses skandalösen Vorhabens ist komplett z.B. von Spitzahorn, Bergahorn, Gemeiner Hasel und Winterlinde überwuchert. Die gepflanzten Stieleichen sind entweder komplett verschwunden oder arbeiten sich mühsam durch den ebengenannten Gehölzaufwuchs durch. Einige Meter sind deutlich verdichtete Fahrrinnen in den Rückegassen zu erkennen, welche nun Wanderer und Radfahrer als Trampelpfad dienen und zum Betreten des eigentlich zu schützenden Auenwaldes einladen.

Die Exkursionsteilnehmer waren sich daher schnell einig, dass die sogenannte Mittelwaldwirtschaft flächendeckend in den Auenwäldern der Städte Leipzig und Schkeuditz unverzüglich einzustellen und der naturnahen Entwicklung der Vorrang einzuräumen ist. Die Schutzgebietsverordnungen sind dem entsprechend anzupassen und z.B. bei der Burgaue zudem noch FFH-RL-konform auszugestalten. Zusammen mit den unbedingt vorzunehmenden Deichrückverlegungen, entspricht das einem nachhaltigen Schutz und Erhalt der Auenlandschaften an Weißer Elster, Luppe und Nahle sowie ihrer Nebengewässer und eines darauf abgestimmten Umganges mit Hochwasser. Die grundlose, skandalöse Fällung einer gesunden, ca. 100jährigen Stieleiche im Bereich des gegenwärtigen Nahleauslassbauwerkes verdeutlicht, dass ein massives Umdenken in Sachen Umwelt-, Natur- und Landschaftsschutzes sowie Umgang mit Hochwasser dringend geboten ist.

In dem Blickfeld betrachtet, begrüßen die Exkursionsteilnehmer und auch der AHA zu sehr großen Teilen den gemeinsamen Antrag der Fraktionen von CDU und SPD im Stadtrat von Leipzig vom 13.11.2013 und der damit verbundenen Begründung. Nach Auffassung der Exkursionsteilnehmer und des AHA eröffnen sich mit der Ausrichtung und Durchführung eines Auenwaldsymposiums im 1. Halbjahr des Jahres 2014 und der damit verbundenen vorläufigen Rückstellung des Ersatzneubaus des Nahleauslassbauwerkes die Möglichkeit Fragen zum Schutz, Erhalt und Entwicklung der Auenlandschaften im Stadtgebiet von Leipzig und des damit verbundenen Umgangs mit Hochwasser und Retentionsflächen auf den Prüfstand zu stellen.

Der AHA ist jedenfalls bereit im Rahmen seiner ehrenamtlichen Möglichkeiten an der Prüfung und Erarbeitung einer aktuellen und nachhaltigen Auenschutz-, Hoch- und Grundwasserkonzeption mitzuwirken. Darüber hinaus ruft der AHA zur aktiven Mitwirkung interessierter Bürgerinnen und Bürger in den Städten Leipzig, Markkleeberg und Schkeuditz auf, sich mit einzubringen.

Andreas Liste, Vorsitzender

 

 

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