AHA sieht Pläne des Landestalsperrenbetriebes zur Flutung der Elster-Luppe-Aue in Leipzig und Schkeuditz mit großer Skepsis

Ein Gastbeitrag von Andreas Liste AHA Halle e. V: Der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) gehört zu den zahlreichen Organisationen, welche seit vielen Jahren ein ökologisch-nachhaltiges und wissenschaftlich fundiertes Hochwasser- und Entwicklungskonzept für das Flussgebiet der Weißen Elster fordern, welches mit den Freistaaten Sachsen und Thüringen sowie dem Land Sachsen-Anhalt abzustimmen gilt. Darin sollte nach Auffassung des AHA enthalten sein, generell weitere neue Verbauungen und Versiegelungen –insbesondere in der Aue- auszuschließen und Rückbaumaßnahmen zu prüfen; sich für eine vielfältigere, ökologisch orientierte Landwirtschaft einzusetzen; Fließgewässer von Querbauwerken, Sohl- und Uferbefestigungen zu befreien, zu renaturieren und mindestens eine naturnahe Gewässerentwicklungen mit Uferschonstreifen von mindestens beidseitig 10 m Breite zuzulassen und zu befördern; umfassende Deichrückverlegungen vorzunehmen und somit von den Fließgewässern getrennte Auenwälder –z.B. in der Elster-Pleiße-Aue im Süden Leipzigs und die Burgaue- wieder anzuschließen und somit Überflutungsraum zurückzugeben. Als Ausgangspunkt sei sich in dem Zusammenhang folgende Situation vor Augen geführt, welche u.a. Hans-Dieter Kasperidus vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung im Rahmen des 5. Leipziger Auensymposiums am 16.04.2011 darlegte. Er bezifferte die Auenfläche mit 4.563 ha. Weiter führte er aus, dass davon 3.934 ha Altaue sowie 524 ha rezente Aue und 105 ha Fläche Fluss umfassen. Prozentual bedeutet dies, dass 86,22 % zwar morphologisch Aue sind, aber in der Regel durch Deiche abgetrennt, keine Überflutung mehr erfahren sowie nur 13,78 % einer Überflutung zur Verfügung stehen.

Eng damit gekoppelt gilt es nun intensiv zu prüfen, inwieweit die einst abgeschnittenen und im Rahmen der Umverlegungen und Begradigungen von Weißer Elster und Luppe auch teilweise verschütteten, sehr vielfältigen und struktureichen alten Flussverläufe wiederherzustellen möglich ist. Nach Auffassung des AHA könnte dies perspektivisch auch zur vollständigen oder teilweisen Aufhebung und Beseitigung der kanalisierten Fließbereiche von Weißer Elster und Luppe führen.

Mit dem beispielsweise nunmehrigen Neubau des Nahleauslassbauwerks durch die Stadt Leipzig beabsichtigt man jedoch den verheerenden Weg des alleinigen wasserbaulich-technischen Hochwasserschutzes, welcher eindeutig vorrangig auf den Neu- und Ausbau von Deichen, die Degradierung von Auen zu Poldern und eben den Neubau dieses Nahleauslassbauwerks orientiert, fortzusetzen bzw. zu intensivieren.

Der AHA schlägt hier alternativ vor, die Baustelle mit den bisherigen Einbauten zu beseitigen und die Öffnung des Deiches an der Stelle beizubehalten. Dies wäre der erste Schritt in die richtige Richtung.

Ebenso gilt es Möglichkeiten zu prüfen, inwieweit der kleingärtnerisch belegte Überflutungsraum von Weißer Elster, Pleiße und Parthe, eine schrittweise Freiräumung erfahren kann.

Die nunmehrigen Pläne der Landestalsperrenverwaltung zeigen durchaus Ansätze eines Weges in die Richtung, welche aber noch weit am Anfang stehen und noch massiver Veränderungen bedürfen. Es reicht nicht aus teilweise Altarme der Weißen Elster einzubeziehen, aber an den Standorten der Hochwasserdeiche und an dem Vorhaben u.a. das Naturschutzgebiet und Gebiet nach der europäischen Flora-Habitat-Richtlinie Burgaue zum Hochwasserpolder zu degradieren, festhalten zu wollen. Dabei ist allgemein bekannt, dass nur ausgedehnte Retentionsflächen und die Wiederbelebung alter Fließgewässersysteme dafür Sorge tragen, dass sich keine großen Hochwasserwellen entwickeln können und gleichfalls einst durch Deiche abgetrennte Auenwälder und Auenwiesen wieder an das Überflutungsregime der Fließgewässer angebunden sind. Nur so lassen sich nachhaltiger Umgang mit Hochwasser sowie der Schutz, der Erhalt und ein Begegnen der zunehmenden Austrocknung von Auenwäldern und Auenwiesen sinnvoll miteinander verknüpfen. Der AHA vertritt in dem Zusammenhang die Auffassung, dass ein absolutes Primat einer sukzessiven Entwicklung der Auenlandschaften mit der Kraft der Natur gegenüber einem Regulieren mit Säge und Harvester bestehen muss.

Ferner bekräftigt der AHA, wie eingangs erwähnt, ohne eines wissenschaftlich-fundierten, länderrübergreifenden und ökologisch orientiertes Hochwasserkonzept kann dem Vorhaben kein Erfolg beschieden sein.

Von daher hält der AHA einen Runden Tisch zum Start der Erstellung eines Hochwasser- und Entwicklungskonzeptes Weiße Elster für dringend geboten, um im 25. Jahr nach der politischen Wende in der einstigen DDR die noch nicht erledigten Hausaufgaben in Sachen Umwelt-, Natur- und Landschaftsschutz, ökologisch orientierter Entwicklung von Stadt, Landschaft und Tourismus sowie Umgang mit Hochwasser in Gemeinschaft aus Bevölkerung und ihrer Verbände, Vereine und Initiativen sowie Wissenschaft, Politik und Verwaltung sachlich-kritisch anzugehen.

Der AHA ist bereit im Rahmen seiner ehrenamtlichen Möglichkeiten daran mitzuwirken. Ferner möchte der AHA eine Plattform für Interessenten darstellen, im Rahmen seiner ehrenamtlichen und im Aufbau begriffenen Regionalgruppe Leipzig und Umland an einer nachhaltigen, wissenschaftlich fundierten Wende in Sachen Umwelt-, Natur- und Landschaftsschutz sowie einer darauf abgestimmten Entwicklung von Stadt, Landschaft und Tourismus sowie Umgang mit Hochwasser zu arbeiten.

 

Halle (Saale), den 06.06.2014                                                     Andreas Liste

Vorsitzender

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