NuKLA möchte mehr für die Burgaue………

Leipzigs Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal hat Medienvertreter zu einer Radtour am 29. Oktober 2014 eingeladen. Dabei will er über den aktuellen Stand des Projekts „Lebendige Luppe“ informieren, das erklärtermaßen die Dynamisierung der Leipziger Nordwest-Aue zum Ziel hat. NuKLA nimmt das zum Anlass, die eingeladenen Medienvertreter nochmals auf das Positionspapier „Lebendige Burgaue?“, gemeinsam erarbeitet von Leipziger (Umwelt-)Verbänden, darunter BUND-Regionalgruppe Leipzig, NABU-Regionalverband Leipzig und Ökolöwe, die in der AULA-Arbeitsgemeinschaft Auenökologie, hinzuweisen. Der Link dazu: https://www.nukla.de/2014/03/gemeinsames-bekenntnis-der-leipziger-verbaende-zum-sinnvollen-hochwasserschutz-mit-wiedervernaessung-des-auwaldes/. Die Unterzeichner setzen sich für eine Revitalisierung der Leipziger Burgaue ein, die – will man das auch von der Stadt Leipzig avisierte Ziel des langfristigen Erhaltes der Burgaue als Auenökosystem tatsächlich umsetzen –  weit über das derzeitig in Planung befindliche Projekt Lebendige Luppe hinausgehen müsste. Die Burgaue leidet seit 80 Jahren unter massivem Wassermangel und entfernt sich immer mehr davon,  eines der als besonders schutzwürdig eingestuften Auenökosysteme zu sein. Dieser Zustand wurde mit dem gerade ersatzneugebauten Nahleauslasswerk buchstäblich frisch zementiert. Durch Deiche direkt vor der Burgaue werden die für dieses Ökosystem notwendigen Hochwasserereignisse ausgeschlossen (das heißt: die auf Überflutung angewiesene Burgaue wird vor Hochwasser geschützt), weitere Maßnahmen führen außerdem zu einer fortschreitenden Grundwasserabsenkung und damit gleichfalls zur zunehmenden Austrocknung der Burgaue. Warum das so von den Verantwortlichen betrieben wird, bleibt unklar – trotz aller an diese gerichteten Schreiben, Fragen, Gesprächsangebote von Seiten der sich fachlich beteiligen wollenden Naturschützer und Auenexperten.

Zum Schutz von Wohngebieten oder Menschenleben vor Hochwasser sind die Deiche an dieser Stelle jedenfalls nicht erforderlich. Das Gegenteil ist der Fall, und man kann gar nicht oft genug darauf hinweisen:  Es handelt sich hier in weiten Teilen um ein Naturschutzgebiet und ein nach europäischem Naturschutzrecht geschütztes FFH-Gebiet. Demnach müssten Alle hier durchgeführten  Maßnahmen vorwiegend dem Schutz des artenreichen Hartholzauwalds dienen und nicht dem Hochwasserschutz für Spazierwege. Die Stadt Leipzig, die als maßgeblicher Flächeneigentümer und Naturschutzbehörde dafür zuständig wäre, hier mit Nachdruck Veto einzulegen und die Berücksichtigung  naturschutzfachliche Belange für die Burgaue z.B.gegenüber der Landestalstperrenverwaltung einzufordern, tut nach Ansicht vieler Fachleute zu wenig dafür, oder verhindert sogar sinnvolle Maßnahmen eines ökologischen Hochwasserschutzes, der mit der Auenrenaturierung hervorragend Hand in Hand gehen könnte. Kostenintensive Maßnahmen, wie die Deichsanierung an der Burgaue oder der Neubau des Nahleauslassbauwerks hätten nicht stattfinden müssen! Das an dieser Stelle gesparte Geld hätte man vielmehr in die Auenrenaturierung und in ein längst überfälligen und an dieser Stelle problemlos umzusetzenden natürlichen Hochwasserschutz investieren können.

Nun hat die Stadt Leipzig,  das Projekt „Lebendige Luppe“ initiiert, mit dem erklärten Ziel, die Auwaldnatur zu renaturieren. Dazu sollen quer durch das Schutzgebiet alte Luppehohlformen miteinander verbunden und damit ein künstliches neues Fließgewässer geschaffen werden. Dazu werden massive bauliche Eingriffe über große Flächen mit schwerem Gerät notwendig sein – mitten im Schutzgebiet Burgaue. Hierfür gibt es nur eine rechtfertigende Begründung: Die Planungen müssten eine Renaturierungswirkung nachweisen, die am Ende des Projektes in Quantität und Qualität signifikant die bisherige Schutzwürdigkeit und ökologische Güte des Gebietes übersteigt.

Nach den bisherigen Planungen bezogen auf die zufließenden Wassermengen, die in den Modellen bereits etwas höher gerechnet werden sollen, als ursprünglich geplant,  würde das trotzdem und klar absehbar so nur in einem sehr begrenzten Ausmaß gelingen. Und auf den Stand des Grundwassers, der in einer lebendigen Aue ebenfalls schwanken und deutlich höher sein muss als derzeit in der Burgaue, werden die geplanten Wassermengen wohl keinen Einfluss haben können, zumal die sich immer tiefer eingrabende Neue Luppe wie ein sprichwörtliches Schwarzes Loch alles im Umfeld vorhandene Wasser aufsaugt. Geplant ist also ein Projekt, das quasi in Rufweite zum Nahleauslasswerk (für viel Steuergeld gerade so neugebaut, dass es für ökologische Flutungen nicht zur Verfügung steht) neu zu bauende Einlässe aus der Nahle als Zufluss für die Lebendige Luppe geplant und womöglich gebaut werden mit Wasserdurchflussmengen, die maximal „Überflutungen“ in der direkten Nachbarschaft des Gewässers ermöglichen, also auch nur dort Effekte bringen werden. Kleine Effekte übrigens, wie man enttäuscht bei einem ähnlichen Projekt an der Donau feststellen musste, allerdings mit dem wesentlichen Unterschied, dass dort nicht in einem bestehenden Schutzgebiet mit Baumaschinen gewütet wurde.

Außerdem sieht NuKLA die Gefahr, dass durch die Umsetzung des Projektes die gegenwärtige Situation manifestiert wird und dass weiter gedachte Maßnahmen für eine tatsächliche Auenrenaturierung danach für viele Jahre nicht mehr stattfinden werden. Aus Sicht von NuKLA benutzt die Stadtverwaltung das Projekt „Lebendige Luppe“ als Alibi, um weitere Maßnahmen des Auwaldschutzes nicht anpacken zu müssen.

Im Positionspapier „Lebendige Burgaue?“ fordert NuKLA deshalb gemeinsam mit den anderen Vereinen ein Konzept zum Schutz des nördlichen Leipziger Auenökosystems, das über das Projekt „Lebendige Luppe“ hinausgeht. Auf diese Forderungen gab es bis dato nie eine offizielle Antwort, z.B. vom mehrfach direkt angeschrieben Oberbürgermeister. Zwar gab es mehrere Möglichkeiten für AULA, mit Vertretern des Projekts „Lebendige Luppe“ zu sprechen, aber in diesen Runden ist man von Seiten des Projektes gar nicht befugt, irgendwelche fachlichen Inhalte zur Disposition zu stellen. Und die Stadtverwaltung? Hält sich bedeckt, hüllt sich in Schweigen, wiegelt ab und ist lediglich massiv genervt. Aus Sicht der Verfasser des Positionspapiers braucht eine wirklich lebendige, dynamisch mit Wasser versorgte Burgaue großflächige Hochwasser verschiedener Stärken, also nicht nur über Minimalflächen aus einem kleinen zusätzlichen Rinnsal, die, wie im Falle natürlichen Hochwassers langsam einfließen und keine Zerstörungen anrichten wie bei der plötzlichen Flutung als Polder in 2013. Das Projekt Lebendige Luppe könnte ein kleiner Mosaikstein in Richtung dieses Zieles sein. Das geht aber nur, wenn in den jetzigen Maßnahmen nicht bauliche Tatsachen geschaffen werden, die das Erreichen dieses Zieles unmöglich machen – und das auch noch um den Preis gravierender Schädigungen des Gebietes.

Zudem fordern wir nach wie vor ein Gesamtkonzept zum Auwaldschutz.

Und das wären die Fragen, die nach wie vor einer Beantwortung von offizieller Seite harren:

  • Mit welchen Wassermengen werden die derzeit laufenden Modellberechnungen durchgeführt?
  • Wie groß soll die Wassermenge sein, die durch die Lebendige Luppe dem Auwald zugeführt wird?
  • Reicht diese Menge zur Wiederherstellung einer naturnahen Grundwasser- und Überschwemmungsdynamik? (
  • Hier kann die Antwort nur „nein“ sein, denn dazu müsste der gesamte Leipziger Gewässerknoten zur Disposition gestellt und vor allem die Neue Luppe angehoben und, außer bei Hochwasser, komplett still gelegt werden.
  • Wie groß wären ungefähr die Flächen rechts und links der Lebendigen Luppe, die mit den bis dato geplanten Wassermengen überschwemmt würden?
  • Rechtfertigen die vermutlich minimalen positiven Effekte der Lebendigen Luppe in der geplanten Form die umfangreichen, kostenintensiven und den Bestand schwer schädigenden Bauarbeiten mitten im Schutzgebiet?
  • Wird das Nahleauslassbauwerk zukünftig genutzt, um regelmäßig auch kleinere Hochwasserereignisse in die Burgaue zu leiten, damit eine ökologische Flutung und großflächige Überschwemmungen realisiert werden können?
  • Wird sich die Stadt Leipzig auf das Projekt Lebendige Luppe beschränken, oder wird es ein ökologisches Gesamtkonzept unter Beteiligung der Stadt für den Auwaldschutz geben?
  • Warum gibt es keine offizielle inhaltliche Antwort auf das Positionspapier „Lebendige Burgaue?“Außerdem beklagen wir den Umgang mit der AULA-Initiative. Offenbar betrachtet man die Mitglieder Leipziger Vereine, die sich ehrenamtlich für den Naturschutz und eine nachhaltige Entwicklung der Region einsetzen, nicht als engagierte Bürger, sondern als lästige Gegner. Es sollte aber darum gehen, gemeinsam das Beste für die Leipziger Auenlandschaft zu erreichen. Man darf sie nicht nur in Sonntagsreden als einzigartig würdigen, man muss sich ernsthaft für ihren Schutz einsetzen. Das dient nicht nur der Bewahrung von Natur und Umwelt und damit von Lebensqualität und Gesundheit, es geht auch darum, Leipzig als grüne Stadt des Auwaldschutzes und der Nachhaltigkeit zu profilieren. Diese Chance darf die Region nicht vergeben!Selbst aus der Landeshauptstadt gibt es diesen Vorschlag an das Ministerium:
  • „Aus Sicht des LfULG kann der Erhalt des Leipziger Auwaldes zu einem sächsischen Vorzeigeprojekt für die gemeinsame Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-, Wasserrahmen- und Hochwasserrisikomanagementrichtlinie unter Nutzung der Synergien entwickelt werden. Die erforderliche Sensibilisierung der jeweiligen lokalen und regionalen Aufgabenträger sollte durch das SMUL initiiert werden“.  NuKLA bleibt gespannt und hofft, dass der Leipziger Oberbürgermeister und die Stadtverwaltung erkennen, welches Potential in dieser Empfehlung für die Stadt Leipzig und ihre Bürgerinnen und Bürger für eine Bedeutung haben könnte: ein sächsisches Vorzeigeprojekt zu werden!!
  • Siehe auch: http://www.l-iz.de/Politik/Brennpunkt/2014/10/Lebendige-Burgaue-Sack-voll-Fragen-an-die-Stadt-Leipzig-57903.html

 

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