In Sachsen-Anhalt hat es der Floßgraben jetzt in den Regionalplan geschafft.

Mäander im FloßgrabenEin Technisches Denkmal mit über 400 Jahren Geschichte.

Es war aus aktuellem Anlass, als Pro Leipzig im Jahr 2006 das große, bilderreiche Buch „Der Elsterfloßgraben“ veröffentlichte. Denn damals begann das Leipziger Teilstück dieses über 400 Jahre alten Wasserbauprojektes wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zurückzukehren. Der Graben im südlichen Auwald sollte ausgebaggert werden, die Connewitzer Schleuse war in Planung. 2016 ist das Buch wieder hochaktuell. Denn jetzt wird der Floßgraben auf sachsen-anhaltinischer Seite in den Regionalplan Halle aufgenommen. Es ist der zweite Schritt, dieses ingenieurtechnische Bauwerk aus dem 16. Jahrhundert langfristig zu sichern. Der erste war das Unterschutzdenkmal als technisches, überregional bedeutsames Bauwerk Anfang der 1990er Jahre. Das vergisst man in Leipzig völlig, weil immer nur über Wassertourismus geredet wird. So sieht dann auch der Regionalplan Westsachsen aus: jede Menge Erörterungen zum Tourismus stehen drin – auch recht allgemeine Ausführungen zu Kultur- und Denkmalpflege. Aber den Floßgraben findet man nicht, obwohl er sowohl auf Leipziger Flur als auch im Landkreis Leipzig mit technischen Relikten und historischen Strukturen existiert. Im Bereich des Tagebaus Zwenkaus wurde er natürlich völlig zerstört. Aber da, wo er einst im Bereich der Batschke in Höhe von Connewitz floss, fließt er noch heute und ist eins der beliebtesten Stücke in der Leipziger Gewässerlandschaft. Beim ehemaligen (vom Tagebau verschlungenen) Stöntzsch bei Pegau zweigt der Floßgrabenabschnitt Richtung Halle ab – oder umgekehrt natürlich richtiger: der nach Leipzig tut es, der Kleine Floßgraben. Heute gibt es noch zwei historisch erhaltene Teilstücke: den Abschnitt von Carsdorf bei Pegau bis nach Zwenkau, wo der Floßgraben noch als trockener Graben zu sehen ist, der dann vom Gelände des Zwenkauer Sees abgeschnitten wird. Der heutige Floßgrabenabschnitt in Markkleeberg und Leipzig bekommt sein Wasser aus dem Cospudener See. Der Zwenkauer Tagebau hat also der Möglichkeit, den Kleinen Floßgraben in seiner ganzen ursprünglichen Länge erlebbar zu machen, so ziemlich ein Ende bereitet. Und auch im Regionalplan Westsachsen kommt der Floßgraben als Kulturdenkmal nicht vor. Wir haben darüber jedenfalls nichts gefunden.

Wer wirklich wissen will, was noch da ist, dem kann man das Buch von Pro Leipzig nur empfehlen. Die Autoren haben den kompletten Verlauf des von 1578 an gebauten Floßgrabens abgefahren, alle Abschnitte erkundet, Brücken und Baudenkmäler registriert. An vielen Stellen fließt der Floßgraben noch heute mitten durch Dörfer, wurden Brücken und Ableiter nach historischem Vorbild rekonstruiert, so dass man das von Kurfürst August I. begonnene Bauwerk noch heute erleben und besichtigen kann, wenn man sich auf Spurensuche begibt. Holz wird darauf natürlich nicht mehr geflößt. Nicht für die alten Salinen von Poserna im Merseburgischen, nicht für den Heizbedarf der Leipziger. Auch das ist fast vergessen, dass die Holzflößerei ja nicht am Connewitzer Wehr endete – das es damals gar nicht gab und das auch niemand gebraucht hätte, denn der Floßgraben mündete ja nicht ohne Grund in die Pleiße: Die führte die Holzstämme weiter Richtung Stadt. Kurz nach dem Brandvorwerk zweigte ein weiteres Floßgrabenstück vom Pleißemühlgraben ab und floss ungefähr im Verlauf der heutigen Harkortstraße durch den Floßplatz, wo die Hölzer herausgeholt und zum Verkauf gestapelt wurden. Dieser Graben wurde nur mit Wasser geflutet, wenn wieder neue Holzladungen zu erwarten waren. Dazu diente ein Floßtor.

Bis in die 1860er Jahre hinein wurde hier das Feuerholz für die Leipziger angelandet. Dann sorgte die Eisenbahn dafür, dass auch der Holztransport auf Schienen preiswerter war als die aufwendige Flößerei. Die Stadt ließ am Floßplatz den Graben zuschütten und ab 1873 die heutige Parkanlage anlegen. Was wohl auch dazu beigetragen hat, den einstigen Sinn und Zweck des Floßgrabens völlig aus dem Bewusstsein der Leipziger zu verdrängen. Aber zumindest im benachbarten Sachsen-Anhalt ist man sich – ganz ähnlich wie am Oberlauf in Thüringen – bewusst, was für ein technisches Kleinod man da hat.

Am 8. August 2016 wurde die Fortschreibung des regionalen Entwicklungsplans für die Region Halle veröffentlicht. In das Kapitel „Regional bedeutsame Standorte für Kultur und Denkmalpflege“ wurde der Elsterfloßgraben für den Burgenlandkreis und den Saalekreis jetzt neu aufgenommen. Worüber sich natürlich besonders der Förderverein Elsterfloßgraben e.V. freut. Frank Thiel, Vorsitzender des Vereins: „Das ist eine besondere Würdigung der Aktivitäten des Vereins und Voraussetzung für weitere landesplanerisch bedeutsame Entscheidungen zum Erhalt und zur Nutzung des Elsterfloßgrabensystems.“ Der Elsterfloßgraben findet sich im südlichen Teil auch in der Kulturlandschaft „Köstritz-Zeitzer Elstertal“ mit Entwicklungspotenzialen für naturbezogene und Aktiverholung sowie für Natur- und Kulturerleben wieder. Ebenso gibt es Bezüge zum ökologischen Verbundsystem Elstertal sowie zum Vorranggebiet Zeitzer Forst (Natur und Landschaft). Im nördlichen Teil des Grabensystems zieht er sich durch die Vorbehaltsgebiete für Kultur und Denkmalpflege mit der „Geschichtslandschaft Napoleonische Befreiungskriege Großgörschen und Umland (BLK)“ sowie der „Geschichtslandschaft Schlachtfeld nordöstlich Lützen (BLK)“. Im Saalekreis (Verlauf Nempitz-Rampitz-Kötzschau-Schladebach) gehört der Elsterfloßgraben zu den Bestandteilen im Wassermanagement der Region. Der gut ausgebaute „Floßgrabenradweg“ dient der aktiven Erholung. Man sieht: Da könnte ein spannender Radweg auf seine Entdeckung lauern.

In der Begründung für den regionalen Entwicklungsplan für die Region Halle heißt es: „Der Elsterfloßgraben wird als regional bedeutsamer Standort für Kultur und Denkmalpflege neu festgelegt. Er hat seine Bedeutung in erster Linie als technisches Denkmal mit überregionaler Bedeutung und stellt mit einer derzeit vorhandenen Gesamtlänge von etwa 80 km das bedeutendste Kunstgrabensystem des 16. Jahrhunderts dar. Die beim Bau gelösten technischen Probleme machen den Elsterfloßgraben zu einem überregionalen Sachzeugen der damaligen Ingenieurswissenschaft.“

Der Elsterfloßgraben ist in Sachsen-Anhalt ein Gewässer 1. Ordnung und damit in Verantwortung des Landesbetriebes für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalts. Über eine Vereinbarung zwischen Landesbetrieb und Förderverein Elsterfloßgraben wurde eine Kooperation in Gang gesetzt, um die wasserwirtschaftlichen, denkmalschutzfachlichen, touristischen und naturschutzfachlichen Zielstellungen unter einen Hut zu bringen.

Und was liegt da näher, als alle jetzt neugierig Gewordenen zu einer Familienwanderung am Floßgraben einzuladen?

Das tut der Förderverein Elsterfloßgraben dann auch:

Einladung zur 6. Familien-Wanderung am 28. August 2016

Der Förderverein Elsterfloßgraben e.V. lädt alle Interessenten recht herzlich zur 6. Familienwanderung ein, die uns zu historischen Plätzen am Elsterfloßgraben führt und über aktuelle Sanierungsmaßnahmen unterrichtet.

Wir sind in der Gemeinde Lützen, an der Landesgrenze zum Freistaat Sachsen, unterwegs. Der Elsterfloßgraben wird hier von der neuen Floßgrabenquelle gespeist, die wir im Jahr 2015 besucht haben. Nach etwa 13 km ist von dort Sachsen-Anhalt in der Ortslage Kleingörschen erreicht.

Der Treffpunkt zu unserer Wanderung ist um 9:00 Uhr das Dorfmuseum Großgörschen, Thomas-Müntzer-Str. 13, 06686 Großgörschen.

Großgörschen ist eine Ortschaft der Stadt Lützen im Burgenlandkreis in Sachsen-Anhalt und setzt sich aus den Ortsteilen Großgörschen, Kleingörschen, Rahna und Kaja zusammen. Alle vier Ortsteile sind slawischen Ursprungs, was sich gut an den Ortsnamen nachweisen lässt. Gorsne (Görschen) bedeutet „Rodung durch Feuer“. Kaja und Rahna gehen auf die slawischen Namen Kuiawe „Kiebitzaue“ und Ronowe „Ebene Aue“ zurück.

Historisch spielt der Elsterfloßgraben eine besondere Rolle in zwei bedeutenden Schlachten. 1632 fand König Gustav Adolf den Tod in der Schlacht bei Lützen (nächstes Jahr 385. Jahrestag). Für ihn und seinen Kontrahenten Wallenstein spielte der Floßgraben eine taktische Rolle bei der Aufstellung der Truppen. Am 2. Mai 1813 konnte Napoleon seinen letzten großen Sieg in der Schlacht bei Großgörschen feiern. Der historische Bezug zum Jahr 1632 war ihm so wichtig, dass in der französischen Geschichtsschreibung stets vom Sieg in der „Schlacht bei Lützen“ gesprochen wurde.

Unser etwa 9 km langer Rundweg führt uns zu verschiedenen Stationen und endet gegen 13:00 Uhr wieder am Dorfmuseum Großgörschen, Herr Heinrich Hexel und weitere Mitstreiter vom Scharnhorstkomitee e.V. und der Ortschaft werden uns sachkundig begleiten.

Wichtige Hinweise: Eine gastronomische Betreuung kann auf der Strecke nicht ermöglicht werden, deshalb bitte eigene Verpflegung bei Bedarf mitbringen. Gegen Mittag ist auf dem Rückweg in Kaja ein kleines Picknick geplant. Unsere Wanderführer wollen sich um Kaffee und Tee kümmern.

Parkmöglichkeiten bestehen vor dem Dorfmuseum Großgörschen. Am Sonntag ist der Ort mit ÖPNV nicht erreichbar. Zur organisatorischen Absicherung bitten wir um eine kurze Rückmeldung über die Teilnahme bis zum 21. August 2016, entweder per Mail an elsterflossgraben@gmx.de oder per Anruf/SMS/Whatsapp an Dr. Thiel über (0170) 3204966.

Buchtipp: „Der Elsterfloßgraben“, Pro Leipzig, Leipzig 2006

Ein Artikel der Leipziger Internet Zeitung von Ralf Julke

 

 

 

 

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