Warum europäische Fließgewässer revitalisiert werden wollen. Jetzt.

Lachs aus Leipzig? Wasser im Auwald? Wasserbüffel im Elsterflutbett? „Eine wirklich gute Idee erkennt man daran, dass ihre Verwirklichung von vornherein ausgeschlossen erscheint“, zitiert Prof. Bernd Gerken Albert Einstein. Sein Vortrag Ende März bildet den Auftakt der Reihe AuenFilmeLeipzig vom Sächsischen Aueninstitut für Mitteldeutschland. Gerken ist nicht nur Auenexperte, eine Koryphäe, sondern auch ein hervorragender anekdotischer Erzähler. Er nimmt die Wasserrahmenrichtlinie der EU (WRRL) zum Anlass, um der postulierten Wasserstadt Leipzig die Möglichkeit lebendiger Flüsse vor Augen zu halten.

„Jeder Fluss will und kann wieder belebt werden – mit der Aue dazu!“, so Gerken. Seit Inkrafttreten der WRRL und der Novellierung des deutschen Wasserhaushaltsgesetzes gilt das Ziel: ein guter ökologischer Zustand der Gewässer bis spätestens 2027. Allerdings läuft ein Vertragsverletzungsverfahren gegen elf EU-Staaten, darunter auch die BRD.

Aber Prof. Gerken konzentriert sich ganz unverbissen auf die unzähligen guten Vorbilder für Leipzig:

– der Fluss Vjosa in Albanien mit seinem breiten Auenband, dessen benachbarte Felder selten überflutet sind

– die Ruhr bei Arnsberg, mitten in der Stadt revitalisiert, um die Hochwassergefahr eindämmen, indem der Fluss mehr Platz zugebilligt bekommt und wild wird

– das entgradigte Teilstück der Isar in München

– gesprengte Dämme in den USA

– das Auenprojekt Schleswig-Holstein, die Lippe in Ostwestfalen, der Oberrhein etc.

„Dieser Vortrag will ermutigen“, sagt Gerken. Trotzdem muss Kritik sein, denn wir Menschen seien „ungeschickt beim Siedeln“, würden in die Auen bauen und hielten begradigte Flussläufe für natürlich.

Aber so sind nasse Füße beim nächsten Hochwasser nicht verwunderlich. Dabei spräche das Wassertouristische Nutzungskonzept Leipzigs nicht gegen die Revitalisierung von Luppe, Elster, Pleiße und co. Jedoch als revitalisierte Fließgewässer könnten sie wie andernorts wieder kristallklar werden und Huchen und Lachse anziehen. An ihren Ufern könnten sich Auerochsen oder Wasserbüffel suhlen. Revitalisierung statt Dämme. Aus Gerkens Mund klingt die Vision nicht nur machbar sondern selbstverständlich.

Frank Willberg

 

 

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