Konzert: Sonntag, 26. Mai 17 Uhr. Nach Ihrem Gang zur Wahl; Sich selbst für dumm verkaufen, Kolumne von Frank Willberg

KlassischeKartoffelKonzerte

Sich selbst für dumm verkaufen

Wenn die Wahrheit einfach und angenehm wäre, würden wir sie lieben. Nun, die Wahrheit ist einfach, nur nicht angenehm. Das ist uns unbewusst irgendwie klar und auch die Konsequenzen, die sich daraus ergeben. Aber wir wollen sie lieber nicht wahrhaben. Und darum ist die Zukunft unserer Kinder wenig verheißungsvoll. Ich rede beziehungsweise schreibe von der Nachhaltigkeit der Entwicklung. Vor nunmehr 19 Jahren habe zu dem Thema meine Magisterarbeit geschrieben. Damals wie heute wird viel von Nachhaltigkeit geredet. Nur ist es eher ein Vereinnahmen und Verbiegen des Begriffes – nachhaltig gehandelt wird ganz und gar nicht. Damit meine ich Politiker*innen, Wirtschaftswissenschaftler*innen und Bürger*innen gleichermaßen. Aber warum nur?

Wir halten Müll trennen für maximal umweltfreundlich. Wie dumm. Müll vermeiden, Recyceln wäre gut. Kaputtes nicht wegschmeißen, sondern reparieren und von Vornherein etwas Hochwertigeres kaufen.

Das Bienensterben schreitet voran. Eigentlich sind noch mehr Insekten betroffen. Der Biodiversitätsrat der UNO spricht von einer Million vom Aussterben bedrohter Tierarten. Unsere Bundesministerin versprach, alles was der Biene schadet zu verbieten. Aber auch mit CDU-Mitgliedsbuch kommt sie kaum ins Paradies, weil sie fleißig immer neue Ackergifte zulässt. Rückstände davon landen in der Luft, im Boden, im Grundwasser und in den Pflanzen, die wir essen. Ach übrigens, das Zeug ist auch für Menschen giftig.

Die Anzahl der Allergiker*innen und Asthmatiker*innen hat sich auf dem Gebiet der ehemaligen DDR seit der Wende etwas vervierfacht. Ups. Die Anzahl der Pkw hat sich verfünffacht. Wer will eins und eins zusammenrechnen? Anstatt die Belastung aus Feinstaub und Abgasen zu reduzieren, indem Autos aus den Städten rausgeschmissen werden, diskutieren wir über Grenzwerte, schummeln bei den Messstationen. Lieber krank als kein Auto fahren.

In Leipzig haben wir tolle Beispiele dafür: Als das Sächsische Oberverwaltungsgericht das Radfahrverbot auf dem Innenstadtring aufhob, stammelte der Pressesprecher des Rathauses irgendeinen Unsinn von “trotzdem die Radwege benutzen.” Ich bin fast geplatzt vor Wut, denn es gibt ja fast keine Radwege am Innenstadtring.

Dann wurden auch tausende Unterschriften gesammelt, um das Radfahren auf der Inneren Jahnallee sicherer zu machen. Aus der zugeparkten zweiten Spur sollte ein Radstreifen werden. Hahaha. Die parkenden Autos sind weg, und es gibt jetzt zwei Autospuren. Die Radfahrer*innen sollen demnächst einen Umweg fahren.

Dabei hat der Stadtrat für das Mobilitätskonzept 2030 das Nachhaltigkeitsszenario beschlossen. Das heißt in elf Jahren soll nur noch 30 Prozent des städtischen Verkehrs auf Pkw entfallen, der Rest, also 70 Prozent per Rad, zu Fuß oder ÖPNV. Also müsste der öffentliche und emissionslose Verkehr Vorrang erhalten bei der Aufteilung des Straßenraumes. Rad- und Fußwege statt Autostraßen, auch weniger Parkplätze.

Autofahrer*innen schieben den Schwarzen Peter gern dem Flugverkehr zu. Dabei hat kürzlich eine Studie gezeigt, dass die Fliegerei nur halb so viel zum Klimawandel beiträgt wie die vermeintlich saubere IT-Branche. Echt? Echt.

Klimawandel ist auch so ein heißes Eisen. Ich wünsche mir einen noch viel heißeren Sommer als den von 2018, damit auch der letzte Dickschädel schmilzt und endlich einsieht, dass es so nicht weiter geht. Unser Überfluss-Leben muss sich ändern. Dieses Schülerstreik „Fridays for Future“ läuft leider zu Recht. Aber die Mehrheit diskutiert lieber über das Schulschwänzen und somit direkt am Thema vorbei.

Tja, und hatten wir nicht ein Jahrhunderthochwasser und haben eingesehen, dass die Flüsse mehr Retentionsflächen benötigen? Ja, aber in Sachsen sind kaum welche entstanden. Zig Millionen Euro sind in den sinnlosen Ausbau der Deiche geflossen. Unser Auwald stirbt, weil er kein Hochwasser abbekommt. Aber der Förster fällt sogar im Naturschutzgebiet, will den Wald bewirtschaften und „verjüngen“. Als wäre die Natur auf ihn angewiesen. Nein, die wäre ohne Menschen besser dran.

Ihr Besuch des nächsten KlassischenKartoffelKonzertes wäre ein Anfang zu Gunsten des Auwaldes.

  1. KlassischesKartoffelKonzert: Sonntag, 26. Mai 2019 um 17 Uhr in der Alten Börse, Naschmarkt. „Von Holz bis Blech … zauberhafte Töne“

 

43. Konzert – “Von Holz bis Blech … Zauberhafte Töne”

 

Frank Willberg

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