Informationen zum Forstwirtschaftsplan 2019/20

Wir von NuKLA haben der Presse entnommen, dass es nun für 2019 einen neuen Forstwirtschaftsplan gibt. Natürlich haben wir uns diesen genau angesehen und festgestellt, dass auch für den kommenden Winter geplant wird, größere Mengen an Bäumen zu fällen: leider auch in sehr sensiblen und ökologisch sehr wertvollen Bereichen des Leipziger Auwaldes.

Anhand der Angaben im FWP 2019 sollen laut der Presse folgende Mengen an Bäumen gefällt werden:

  • Bienitz: 769 Festmeter
  • Burgaue: 911 Festmeter
  • Plaußiger Wäldchen: 516 Festmeter
  • Gottge und Cottaweg: 713 Festmeter
  • Nonne: 2315 Festmeter
  • Connewitzer Holz: 1868 Festmeter
  • Lauer: 1350 Festmeter
  • Cospudener See: 2235 Festmeter

Das klingt alles sehr abstrakt, und vielleicht mag sich nicht jeder vorstellen können, was ein Festmeter ist. Aber man stelle sich einen Würfel von 1 Kubikmeter vor, der nur aus Holz besteht (also keine Äste und Zweige): dies ist ein Festmeter.

Wenn man die oben aufgezählten geplanten Festmeter zusammenrechnet, kommt man auf die Summe von 10677 Festmeter.

Nun sind in der Auflistung auch der Bienitz und das Plaußiger Wäldchen genannt, aber auch abzüglich dieser bleiben noch 9392 Festmeter.

Das sind also 9392 Würfel von je 1 Kubikmeter, aneinandergelegt also eine über 9 Kilometer lange Strecke.

Vom Hauptbahnhof bis zum Pier 1 am Cospudener See sind es etwas über 9 Kilometer Luftlinie, nun stelle man sich vor, eine endlose Reihe von solchen Holzwürfeln: das ist schon eine große Menge Holz!

Viele Bäume leiden aktuell unter Trockenheit, Hitze und Krankheiten, und mit Sicherheit wird man entlang von offiziellen Straßen und Wegen so manch dürren Baum entfernen, bevor dieser in einem Sturm jemanden erschlägt. Doch bekommt man so 9392 Festmeter zusammen?

Auch so manch Ahorn mit Rußrindenkrankheit wird man verständlicherweise in der Nähe von Spielplätzen u.Ä. entfernen, aber auch so bekommt man nicht 9392 Festmeter zusammen. Es gibt durchaus einige Spielplätze im FFH-Gebiet Leipziger Auwald, aber so viele ja nun auch nicht.

Schauen wir uns die Maßnahmen an:

  • In der Burgaue will man weiterhin an der Anlage eines größeren Schirmschlages festhalten. Hier werden es v.a. Stark-Eschen sein und einige Stieleichen, die gefällt werden sollen. Das Areal ist ökologisch höchst wertvoll und interessant, da sich dort ein sehr hoher Anteil an stehendem und liegendem Totholz befindet und auch weitere Totholzdynamik zu erwarten ist. Seit Jahren sind in diesem Bereich Fledermäuse unterschiedlichster Arten zu beobachten, welche diese Bäume als Quartier nutzen, im Winter wie im Sommer. Holzeinschlag dort bedeutet Quartierverlust, wenn nicht sogar überwinternde Tiere bei den Fällarbeiten direkt getötet werden. Auf dem Gebiet des geplanten Schirmschlags gibt es keine Spielplätze und auch keinen offiziellen Weg, an dem man bspw. begründen könnte, man müsse Wegesicherungsmaßnahmen durchführen. Es geht hier lediglich um die weitere Umsetzung des Mittelwaldprojektes, welches angeblich sogar gut für die Fledermäuse sein soll. Allerdings nützt es bspw. den dort ansässigen Rauhautfledermäusen oder vielleicht sogar der noch strenger geschützten Mopsfledermaus nicht, wenn man ihnen ihre Quartierbäume fällt. Wälder bzw. Waldbereiche mit einer solchen Totholzdynamik gibt es nur noch selten in Deutschland, zudem sind die bisherigen Resultate der bereits bestehenden Mittelwaldflächen nicht sonderlich überzeugend und bestehen im Großen und Ganzen aus Holunder, Spitz- und Bergahorn und stellenweise Stockausschlägen von Linden. Die belassenen Starkbäume (sogenannte Überhälter) sind nach und nach Stürmen zum Opfer gefallen und nur noch einige sind übrig geblieben. Nach mehreren Beobachtungen dieses Jahr schienen die jagenden Fledermäuse diese Flächen sogar zu meiden. Aufgrund der Zerfallsstadien der Bäume auf dem geplantem Schirmschlag ist dort auch immer mit dem Vorkommen diverser bedrohter holzbewohnender Insekten zu rechnen, welche man aber vor den Fällungen oft nur sehr schwer nachweisen kann. Weiterhin soll am Viadukt in Möckern ein Kahlschlag entlang der Bahnlinie sowie Alt- und Jungdurchforstungen durchgeführt werden. In diesem Bereich gibt es aber offizielle Wege und Kleingartenanlagen, auch sind die Bäume dort nicht von hohem Alter und besondere Arten konnten wir bisher dort nicht feststellen. Wir begrüßen es übrigens sehr, dass man hier auch einen kleinen Gewässerrandstreifen aus der Jungdurchforstung herausgenommen hat, auch wenn dieser ein wenig schmal ist.
  • An der Friesenstraße (Gottge) will man weitere Femelflächen anlegen. Auch wenn das Areal sehr viele junge Bäume ohne Höhlen enthält, befinden sich auch so einige recht wertvolle Starkbäume (Esche, Linde, Hainbuche) darin. Gerade in den Starkbäumen sind durchaus interessante Insektenarten zu erwarten, vielleicht nicht gerade den Eremiten (auch wenn dies nie auszuschließen ist, da wir bei Schkeuditz im vergangenen Winter leider erleben durften, dass diese auch in nicht ganz so alte Eschen gehen!), mindestens aber andere Rosenkäferarten, welche ebenfalls gesetzlich geschützt sind. Am Elsterbecken soll eine Fläche noch recht junger Bäume ausgelichtet werden, wogegen allerdings argumentativ nichts zu sagen ist.
  • In der Nonne ist eine großflächige Altdurchforstung geplant, was bedeutet, man will Starkbäume entnehmen. Laut Plan soll es vor allem Eiche, Bergahorn, Esche, Roteiche, Spitzahorn und Rotbuche treffen. In der Nonne ist durchaus die Wegesicherung ein Thema und auch gibt es hier einen Spielplatz sowie einen Sportplatz, gerade bei den beiden letzteren mag auch die Entfernung eines von der Rußrindenkrankheit befallenen Ahorns nachvollziehbar sein. Allerdings erschreckt uns die geplante Hiebsmenge von 2315 Festmetern, vor allem, da es laut Untersuchungen des Ökolöwen in der Nonne durchaus auch Mopsfledermäuse geben soll und wir selbst dort aktuell weitere streng geschützte totholzbewohnende Insekten festgestellt haben (was uns selbst überraschte). Das Risiko, hier bei Fällungen seltene Tiere zu verletzen oder gar zu töten ist also sehr hoch. Warum man hier übrigens gesunde Bäume ringeln möchte, ist uns anbetrachts vieler, durch die Trockenheit abgestorbener Bäume ein Rätsel. Künstlich muss hier kein Baum zum Absterben gebracht werden, diese sterben teilweise aktuell von ganz allein ab.
  • Im Connewitzer Holz sollen eine Vielzahl von Sanitärhieben und Altdurchforstungen erfolgen. Sanitärhiebe klingt nett, bedeutet aber nur, dass man leicht erkrankte Bäume schnell fällt, bevor nachher das Holz entwertet ist. Aber: gerade an Bäumen, welche leicht erkrankt sind, entstehen die interessanten Strukturen für eine Vielzahl bedrohter Tierarten. Ein Eremit würde nie eine Baumhöhle finden ohne dass ein Baum bspw. einen Astabriss mit folgender Ausfaulung durch einen Pilz gehabt hätte. Auch bspw. Mopsfledermäuse finden hinter abplatzender Rinde an “kranken” Bäume Quartiere. Wir haben im vergangenen Winter gefällte Eschen bei Schkeuditz untersucht und genau die Astabrisse, die möglicherweise in Folge des Eschentriebsterbens erfolgten, hatten metertiefe Ausfaulungen verursacht, in denen Eremiten wie auch andere Arten Quartiere gefunden hatten. Hier besteht die große Gefahr, dass streng geschützte Tiere bei den Fällungen zu Tode kommen und/oder ihre Quartiere sowie potentielle Quartiere zerstört werden. Es sei auch darauf hingewiesen, dass die vom Eremiten besiedelten Eschen bei Schkeuditz nicht mal besonders alt und dick waren.
  • An der Lauer soll eine großflächige Jungdurchforstung stattfinden. Da die Bäume dort sehr jung sind und kaum Höhlen o.Ä. aufweisen, ist hiergegen aber nichts einzuwenden.
  • Brisant sind die Fällungen am Cospudener See (Hainholz) nahe des Elsterstausees. Dort befindet sich ein alter Auenbestand voller dicker Eschen und Eichen, auch einigen Roteichen. Während gegen die Fällung der standortuntypischen Roteichen nichts zu sagen ist (es sei denn, unter ihnen sind einige mit großen Baumhöhlen), wäre die Fällung der dicken Eichen und Eschen schon tragisch. Zu einem sind auch hier durchaus seltene Xylobionten zu erwarten, zum anderen ist in diesem kleinen Gebiet einer der letzten Auenreste, welche vom Braunkohletagebau verschont blieben, erhalten geblieben in seiner Komplexität. Ein großflächiges Femelloch wäre tragisch, v.a. da dieses Areal an der Weißen Elster sicher eine wichtige Funktion als Trittsteinbiotop für wanderende Arten haben wird. Es sei hier darauf hingewiesen, dass bspw. Fledermäuse, nicht nur Vögel, jahreszeitliche Wanderungen gern auch entlang von Flüssen unternehmen und dann auf eben solche Habitate angewiesen sind. In der vom Braunkohlezeitalter ausgeräumten Südraum von Leipzig kann man die Bedeutung solcher Auenreste gar nicht hoch genug ansetzen.

Wir weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es dieses Jahr eine Sprengmast bei den Eichen gab. Auch wenn diese jungen Eichen es nicht leicht haben bei den derzeitigen Witterungsbedingungen und viele junge Eichen auch vom Mehltau befallen sind, treiben doch etliche aktuell neu aus. Es wäre ein Jammer und eine Verschwendung, diese Geschenke der Natur nicht zu nutzen. Lokal wären behutsame Freistellungen und/oder Einzelgatter sicher weitere neue Ansätze für die Förderung der Eiche im Leipziger Auwald, ohne bedrohte Tiere durch Fällungen zu gefährden. Wir werden in Kürze hier weiter berichten über dieses wie auch über andere Themen.

Bis dahin bleiben Sie uns geneigt und wenn möglich, freuen wir uns über Ihre finanzielle Unterstützung in Form von Spenden.

 

 

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