Das 3. Internationale Leipziger Auenökologiesymposium ist Geschichte. NuKLA bedankt sich bei allen Beteiligten.

Foto: NuKLA

Der Vorstand bedankt sich bei den OrganisatorInnen und fleißigen HelferInnen, den Referentinnen und Referenten, allen Rednern sowie den zahlreichen Besuchern in der Alten Börse vom 9.- 12.9. 19. Wir bedanken uns auch für alle Fragen, welche Sie gestellt haben, und hoffen, diese zu ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben. Herzlichen Dank!

Unsere hervorragende Moderatorin, Michaela Weber, Fotografin und Grafikdesignerin,  ab und an die von ihr selbst initiierten Gesprächsreihe im Bereich Kunst und Kultur moderierend. Ein “Leipziger Gewächs”, das am nördlichen Rand des Leipziger Auwaldes lebt und als Kind sehr gern in den Auensee sprang, also von Kindesbeinen an nicht ohne den Auenwald kann, hat für Sie das Symposium so zusammengefasst:

Das 3. internationale Leipziger Auenökologiesymposium

stand unter dem Thema „Wirklich alte Bäume und bewegtes Wasser für die Auenwälder Europas“ und wurde von den zahlreichen Referenten an den zwei Tagen des Symposiums von ganz unterschiedlichen Perspektiven betrachtet. Angesichts von Klimaveränderung und des gerade akuten Waldsterbens stehen Naturschützer, Förster und Bürger vor gewaltigen Herausforderungen. Es gibt Förster, die Künstler im entwickeln von Horrorszenarien sind. Die Lösung kann keine Umwandlung von Plantagen hiesiger Bäume zu Plantagen mediterraner Bäume sein, wie befürchtet wird. Doch es wurden viele erprobte Lösungen sowie zu überdenkende Ideen vorgetragen, die hoffen lassen und auch zu Diskussionen führten. Dabei soll im Naturschutz nicht gegen die Förster gearbeitet werden, sondern mit ihnen, wie auch mit den Bürgern als Nutznießer des Waldes.

Prof. Bernd Gerken sprach über „Lebensgemeinschaften der Auen – in Zeit und Raum veränderlich“. Seine Forderung, den Fließgewässern der Auen wieder mehr Raum, bestenfalls den ursprünglich eingenommenen Raum zu geben, würde mehrere zur Zeit existierende Probleme lösen. Zum einen werden die Flüsse „friedlich“, da Überschwemmungen nicht mehr die Siedlungen bedrohen würden. Zum anderen haben die Lebensgemeinschaften von Pflanzen und Tieren der Auen wieder die Chance, sich zu revitalisieren und damit als intakter Wald für die Klimaveränderung gewappnet zu sein.

Karl-Andreas Nitsche sprach in seinem Vortrag „Die Wasserrahmenrichtlinie und die Biber“ das gravierende Manko an, dass in dieser Richtlinie der Biber als essentieller Bestandteil der Auengewässer nicht vorkommt. Zudem ist noch offen, ob die Richtlinie über eine Utopie bzw. ein politisches Lippenbekenntnis hinausgeht und wirken wird. Der Biber würde aber durch seine Lebensweise – Fällung von Holz, Bau von Staudämmen, Anlage von Bauen und Kanälen – viele Ziele der Richtlinie kostenlos erfüllen. Das Wasser wird gefiltert, die Grundwasserstände heben sich, die Wasserqualität steigt und neue ökologische Lebensräume werden durch seine Lebensweise geschaffen. Dies gilt es zu nutzen.

„Einen Rückblick mit Ausblick nach 10 Jahren Gewässerentwicklungskonzepten in Sachsen-Anhalt – Erkenntnisse, Hemmnisse und Erfordernisse“ gab Karl-Heinz Jährling. Er beschrieb die Konzepte, deren Umsetzung und Maßnahmen entlang von Vorranggewässern im Bereich von Elbe, Havel, Schwarze Elster, Großer Graben und Saale mit dem Ziel der Gewässerdurchgängigkeit. Dabei ist der Mensch zum Teil das größte Hemmnis, sobald größere Flächen dafür hergegeben werden müssen, wofür die Bereitwilligkeit trotz des Nutzens (Hochwasserschutz, Verbesserung der Bodenqualität, natürlicher Gewässerhaushalt usw.) oftmals sinkt. Andere Hemmnisse sind konträre Richtlinien, Personal- und Finanzdefizite, Restriktionen und der Mangel an Ausbildungsrichtungen. Dennoch sind über die Zeit viele Erfolge zu verzeichnen gewesen.

Daran anknüpfend sprach Dr. Heiko Schumacher „Zum ökologischen Wert alter Bäume“. Er betreute das Naturschutzprojekt „Grünes Band Eichsfeld-Werratal“ (ab 2009) und wird auch die kommenden Projekte „Mittelelbe – Schwarze Elster“ (ab 2019) und „Vereinigte Mulde“ (ab 2020) betreuen. Er betonte die Wichtigkeit einer intakten Natur für die Gesellschaft wie auch für die Wirtschaft. Bäume sind ein wichtiges Refugium der biologischen Vielfalt. Ihre Borken, Höhlen, die Wurzelteller, Mulden und Kronen bieten wichtige Habitate für Moose, Flechten, Pflanzen, Pilze und Tiere (von Insekten, Spinnen, Säugetieren, Vögeln, Amphibien, Reptilien bis hin zu Tausendfüssern und Krebstieren) – auch noch als Totholz. Je älter Bäume werden können, desto mehr biologische Vielfalt  können sie bieten: für die Temperaturregulation, als Wasserspeicher und -filter, für den Bodenschutz, für Nahrung, als Rohstoff und für den Gesundheitsschutz. Es gilt darum, die politischen Rahmenbedingungen und die vielseitigen gesellschaftlichen Interessen und Prioritäten abzuwägen und zum Schutz alter Bäume einzusetzen.

Wieder auf das Wasser eingehend, berichteten Susanne Reuter und Sigurd Ehlert von ihren Erfahrungen vom „Wildschwimmen – ganzjährig unterwegs in lebendigen Flüssen“. Dabei schwammen sie im Rhein, in der Bode im Harz, im Wongelsee in den Masuren, im Weinfelder Maar in der Eifel und  in den Wasserfällen von Allerheiligen, Triberger und Wutach im Schwarzwald. Bleibt zu hoffen, dass trotz sicherlich positiver Effekte auf den Menschen im Kontakt mit den Elementen das Wildschwimmen kein Trendsport wird – zum Schutz der Natur.

Richtung Hamburg blickend, sprach Dipl.-Ing. Micha Dudek vom „Tide-Auenwald Heuckenlock – ein auenökologischer Sonderstandort“. Der Heuckenlock ist ein ca. 80 ha großes Süßwasserwatt und Naturschutzgebiet, das von den Gezeiten stark geprägt wird, wie auch von den etwa 100 Springfluten und einige Sturmfluten im Jahr. Es gibt kaum wissenschaftliche Arbeiten zu diesem Lebensraum, der neben zahlreichen Pflanzen auch 80 Fischarten beherbergt. Beobachtet wurde die Rückkehr von Fischotter, Elbbiber, Seeadler und  Silberreiher. Probleme bereiten die Elbvertiefungen, die den Gezeitenpegel von 1,80 auf 3,60 m erhöhten und das Gebiet nun 2 h länger trockenlegen als normal. Die Stintpopulation geht aus diesem Grund zurück, was wiederum den Schweinswal in andere Jagdgründe zwingt.

Ulrich Mergner sprach über die erfolgreiche Umsetzung von „Step by Step – Trittsteinkonzepte sichern Artenvielfalt“. Dieses Konzept kann eine Lösung für den Konflikt zwischen Holznutzung und Artenreichtum sein. Stillgelegte Waldbereiche ab 0,3 ha, Biotopbäume und Totholz im Forst erhöhten im Ebrach, einem unterbrochenen Waldgebiet, enorm die Artenvielfalt. Zwar sind unbehandelte Bäume ökologisch wertvoller als ökonomisch, doch viele Arten kehren in die zuvor als reinen Wirtschaftswälder genutzten Gebiete zurück. Damit erhöhen sie die Widerstandsfähigkeit des Waldes, was wiederum der Forstwirtschaft nützt. Das Konzept wird wissenschaftlich seit vielen Jahren begleitet.

Knut Sturm ging auf die Frage „Welche Auswirkungen hat die FFH-Ausweisung im Lübecker Stadtwald insbesondere auf die Starkholznutzung“ näher ein. Ähnlich dem Trittsteinkonzept orientiert sich das Lübecker Konzept an Naturwäldern, gemäß dem Motto: das einzig statische ist der Wandel. Circa 40% des Lübecker Waldes sind Natura2000-Gebiete, in dem der Zufall ein wichtiges Element bildet. Wichtig ist hierbei das Heranziehen alter Bäume und das belassen von Biotopbäumen und Totholz. Die forstwirtschaftlich genutzten Bäume kulminieren in dieser Umgebung sehr viel stärker, die Produktivität wird höher. Naturnahe Wälder müssen also kein Minusgeschäft sein.

Über „Forstwirtschaft in Natura2000-Gebieten – der Kampf um den Leipziger Auwald vor den Verwaltungsgerichten“ berichtete Dr. Franziska Heß aus juristischer Sicht. In Leipzig stehen das FFH-Gebiet „Leipziger Auensystem“ und das Vogelschutzgebiet „Leipziger Auwald“, die sich überschneiden, unter Schutz. Beeinträchtigungen darin sind grundsätzlich nach nationalem wie EU-Recht unzulässig; Eingriffe nur mit Verträglichkeitsprüfung,  Fortwirtschaftsplan und forstlichen Rahmenplan zulässig. In Leipzig existiert in keinem der Pläne eine FFH-Prüfung, auch keine FFH-Vorprüfung, und es gibt keine aktuellen Daten für Lebensschutzräume (letzte 2012). So gibt es weder eine strategische Umweltverträglichkeitsprüfung , noch eine Natura2000-Verträglichkeitsprüfung. Dennoch sind Sanitärhiebe, Femelhiebe, Schirmhiebe und Altdurchforstungen geplant – die jeweils erhebliche Eingriffe bedeuten. Zur  Zeit liegt vom NuKLA e.V. ein Einspruch mit einstweiligem Rechtsschutz vor dem VG Leipzig, der in nächster Instanz zum OVG Bautzen gehen wird. Noch ist nichts abschließend geklärt, ein Urteil hätte aber große regionale wie bundesweite Relevanz.

Anknüpfend daran stellte Dr. Lutz Fähser die Frage „Betrachtungen zur Forstwirtschaft und Waldökosystemen – Verträgt der Leipziger Auwald die Förster? Vertragen die Förster den Auwald?“. Die Hauptaufgabe aller besteht darin, einander zuzuhören und wertzuschätzen, denn alle sind beim Schutz der Natur zum Erfolg verdammt: Förster, Naturschützer wie Bürger. In der Betrachtung stehen Wälder als selbstorganisierte Ökosysteme den Forsten als menschengemachten Kulturen gegenüber, dazwischen steht der Förster als ein von unterschiedlichen Erwartungen zerriebener Dienstleister. Es bleibt festzuhalten, dass das naturnächste Ökosystem das leistungsfähigste ist. Verjüngungshiebe, Rückelinien, Bodenverdichtung und Wurzelzerstörung durch schwere Waldmaschinen der klassischen Forstwirtschaft stehen dem entgegen. Ziel sollte sein, Eingriffe auf ein Minimum zu reduzieren. Umweltverbände sollten sich zu einem klaren Votum bewegen und die Gesellschaft mobilisiert werden, um zu tragfähigen Kompromissen zu gelangen. Nur so wird der Klimawandel bewältigt, die Biodiversität erhöht, die Daseinsvorsorge wie auch Erträge geschaffen. Die Bürger sollen stolz auf ihre Förster sein.

In einer Videobotschaft begrüßte Peter Wohlleben, Deutschlands bekannster Förster, und Buchautor die Gäste des Symposium, er ging in seiner Grußbotschaft direkt auf die MDR Sachsenspiegel Berichtung vom 22.8.19 “Leipziger Auwald: Forstwirtschaft contra Umweltschützer” ein, und erklärte Biodiversität welche im Auwald noch längst nicht erforscht ist. Das Video hier: https://youtu.be/qPVCuqabUpM

Zum Ende des ersten Tages hielt Prof. Bernd Gerken noch einmal fest, dass Förster nicht für die Probleme, die sich heute stellen, ausgebildet worden sind und das die Umtriebszeiten von Bäumen auffallend kurz angesetzt sind. Dazu kommt die Ablehnung von Wildnis aus Angst, die es zu überwinden gilt.

Carsten Stein sprach am zweiten Tag „Von grüner Zukunft zur Ökodikatur – Was ist dem Naturschutz auf dem Weg verlorengegangen?“. Der Naturschutz wird als Hemmnis wahrgenommen, darum steckt er aus seiner Sicht noch immer in der Krise. Als Herrnhuter Christ wies er auf das Motiv hin, die Natur aus der Verpflichtung zur Bewahrung der Schöpfung sowie aus Barmherzigkeit und Liebe zu schützen. Menschen haben nur ein Nutzungsrecht der Natur und dürfen diese nicht zur entseelten Sache machen. Wenn Glaube und Politik gemeinsam im Bett liegen, werden Bestien geboren. Damit beschrieb er den Umstand, dass auch Naturschutz zu einer quasi religiösen Anmaßung führen kann, doch Ideologien führen zu Diktaturen. Allerdings können die christlichen Wurzeln ein wichtiger Motor für Naturschutz sein, anstelle von Profitgier und Eitelkeit.

Dr. Norman Pohl ging in seinem Vortrag auf  „Should trees have a standing – even in Leipzig? Der Leipziger Auwald aus Sicht der Umweltgeschichte“ ein. Der englische Titel bezieht sich auf eine Publikation von Ch. D. Stone, einem Rechtsprofessor der University of Southern Carolina. Standing kann sich hierbei auf zwei Bedeutungen des Wortes beziehen: „stehenbleiben“ und „Klagerecht“. Der Auwald ist als solches keine Rechtspersönlichkeit und hat damit kein Klagerecht. Das spiegelt sich auch in den Naturschutzgesetzen wider, wo z. B. eine geplante Biotopstruktur Vorrang vor natürlichem Wald hat (Koalitionsvertrag 2014–2019 in Sachsen, CDU + SPD). Dazu kommt, dass Machtverhältnisse im Naturschutz ungleich verteilt sind: der Naturschutz v. a. im Ehrenamt hat ungleich weniger Ressourcen als Ämter und Politik. Folgen hat genauso das „Framing“: so wird beispielsweise der Wolf „entnommen“ und nicht getötet. Dies beeinflusst das Urteil wie auch das Handeln zum schlechteren.

Über „Leipziger Baumgeschichte(n) in historischen und aktuellen Bildern und Karten“ sprach Johannes Hansmann. Mit dem Vergleich, dass man nicht zweimal in denselben Fluss steigen kann, zeigte er die in der Natur immanente Veränderung am Beispiel des Leipziger Auwaldes auf. Dabei wurde auch die menschengewollte Veränderung hin zur heutigen zerstückelten Aue mit begradigten Flüssen als auch der menschliche Blick der Nutzung dieser Natur deutlich.

Tobias Mehnert machte mit „Naturschutz in Sachsen. Eine Standortbestimmung“. Eigentlich ist hat Sachsen das beste Naturschutzgesetz in Deutschland, es wird nur mangelhaft umgesetzt. Die Unterordnung des Naturschutzes unter die Wirtschaft und wahlpolitischen Zielstellungen führt zu schlechterem Naturschutz. Die fehlende Unabhängigkeit und Kontrolleffizienz der Behörden resultiert aus der Vereinigung der Bereiche Umwelt und Landwirtschaft zu einem Staatsministerium. So kann man sich nicht des Eindrucks erwehren, dass ausgewiesene FFH-Gebiete als Baulandreserve der Zukunft und für politische Ziele „missverstanden“ werden. Auch werden Ausgleichsflächen zu gering berechnet, so entsteht ein Defizit von 2,72 ha pro 1 ha Versiegelungsfläche – davon wird wenig umgesetzt und das Wenige noch nicht einmal kontrolliert. Dringend erforderlich ist darum die Entflechtung von Interessengebieten, die Schaffung politisch unabhängiger Verwaltungsstrukturen und ein Ende des Verständnisses von Naturschutzbehörden als Wirtschaftsbetriebe mit Gewinnfokussierung.

Dr. Ludwig Tent beschrieb die „Wiedergewinnung des standorttypischen Forellenbachs“. Als größtes  Manko empfand er den „falschen“ Gutachter für einen Bach, der aus Unkenntnis ein falsches Urteil über einen Bach fällt. Bäche und kleine Flüsse verändern die Umwelt und diese verändert die Bäche. Die Verbesserung von Forellenbächen mittels eingelassenem Totholz, stehengelassenen Uferbäumen, Lenkbuhnen und Geschiebe sowie die Herstellung alter Bachprofile erhöht zum einen die Gewässerqualität und wirkt sich zum anderen auch als positiver Schutz für FFH-Arten wie Otter und Neunaugen aus. http://www.salmonidenfreund.de/

 

Auf die immens wichtige Wirkung von Wald auf den Menschen ging Dr. med. Burkhard Kirchberg mit „Der Leipziger Auwald. Chancen der Nutzung gesundheitsfördernder und therapeutischer Waldwirkungen“ ein. Viele Krankheiten haben soziale und psychische Ursachen. Nachweislich reduziert Wald den Stress, befördert Sportaktivitäten (die auf körperliche wie auf geistig-seelische Gesundheit wirken), erleichtert soziale Kontakte, dient der persönlichen Sinnfindung und fördert Kinder optimal in ihrer Entwicklung. Wissenschaftliche Erkenntnisse – in Deutschland seit 2011 vom Public Health Lehrstuhl in München – fördern die Einrichtung von Kur- und Heilwäldern. Wald aktiviert mittels Terpenen die Heilungskräfte des Körpers, was sich inbesondere bei Herz-Kreislauf- und entzündlichen Erkrankungen, ADHS oder Depressionen auswirkt. Natürliche Landschaften mit Wasserelementen, Waldlandschaften, bergige Höhen und freie Aussicht schaffen optimale Vorrausetzungen dafür. Doch sollte nichts an den Tod erinnern. So wurde in der Nähe sterbender Wälder eine erhöhte Mortalitätsrate bei den Menschen festgestellt.

Sigrun Lobst bindet Kinder als künftige Helfer für den Naturschutz aus der unmittelbar erlebten Natur ein, wie sie in „Naturspiel und Erfahrungsräume“ berichtet. Nur Kinder mit einer Beziehung zur Natur können Umweltzerstörung wahrnehmen. Dennoch spielen heute drei von 10 Kindern nie oder höchstens 1 x pro Woche draußen. Raumnot, Bequemlichkeit und Angst (der Erwachsenen) sowie medial erlebte Realität bilden heute die Wahrnehmung der Kinder von ihrer Umgebung. Dabei bietet die Natur alle Faktoren für geistig, körperlich, sozial und emotional gesunde Kinder. Es gibt heute keine „artgerechte Haltung“ für Kinder, nur für Tiere. Konventionen, öffentliche Meinung, Gesetze, Rechtsprechung und „Gruselmärchen“ stehen dagegen. In den Niederlanden war das Projekt „Natureiland Tiengementen“ erfolgreich, Kindern Naturspielplätze zurückzugeben. In Deutschland findet man solche Projekte unter http://www.naturerfahrungsraum.de/.

Mirko Wölfling und Britta Uhl berichteten aus ihrer Arbeit „Wie Sukzession und Isolation den Artenreichtum verändern können: Daten aus 85 Jahren am Beispiel nachtaktiver Großschmetterlinge“. Ihre Daten bezogen sie aus eigenen Erhebungen in Ravenna (Nord- und Mittelitalien) und Sammlungen aus Museen und Privatpersonen. Am Beispiel von Ravenna zeigt sich die Veränderung der Umwelt von extensiver Landwirtschaft bis zur Unterschutzstellung und Verbuschung. Die Landschaft hat großen Einfluss auf die lokale Artenzusammensetzung, für eine höhere Artendiversität fehlt oftmals der Unterwuchs und Lichtungen. Dadurch ist meist ein Rückgang oder Verlust von Habitatspezialisten und eine Zunahme von Generalisten zu verzeichnen.

Martin Görner sprach über den „Lebensraum der Wildkatze“. Die Wildkatze wurde jahrhundertlang gejagt, doch erstmals mit dem „Reichsjagdgesetz“ 1934 unter Schutz gestellt. 1955 war sie eine streng geschützte, vom Aussterben bedrohte Art in der DDR; 1990 wurde sie im Jagdgesetz geschützt. Heute sind Fehlabschüsse, Fallenfang, Verbissschutzzäune sowie der Verkehr die größte Bedrohung. Wildkatzen leben nicht zwangsläufig im Wald: sie ernähren sich überwiegend von Feld- und Wühlmäusen, aber auch Feldhasen und leben darum nahe Feld- und Waldrändern. Ein guter Wildkatzenschutz sind Reisig- und Asthaufen, die gern von Kätzinnen angenommen werden.

Über die „Lebendige Luppe – Auegewässer- und Auenkonzept zur Revitalisierung der Leipziger Luppe-Aue“ sprach Heiko Rudolf. Die Luppe führte einstmals genauso viel Wasser wie die Weiße Elster. Dem Zeitgeist Ende der 20er Jahre folgend, wurde die Aue trockengelegt. Es existiert ein „Sächsisches Auenprogramm“, das jedoch nur unzureichend umgesetzt wird. Die Revitalisierung der Elster-Luppe-Aue und Pleiße-Luppe-Aue würde zu deutlich höheren Wasserspiegeln für die Grundwasseraufhöhung, einer Öffnung des Binnendeltas und die Rückgewinnung der historischen Verläufe führen. Ein anderer Weg wäre die Nutzung als trockenes Hochflutbett mit Weidelandschaft. Positive Wirkungen hätte die Revitalisierung vor allem für den Hochwasserschutz für Anrainer, Unterlieger und Aue, das FFH-Management, Grundwasser, Naherholung, die Ökosystemleistung, Land- und Forstwirtschaft und die Entwässerung von Siedlungen.

Prof. Bernd Gerken wies am Ende nochmal darauf hin, dass es durchaus möglich wäre, in 8 bis 10 Jahren die Auen wieder so zu revitalisieren, dass sie wieder Hotspots der Artenvielfalt werden könnten. Dabei floss auch die Überlegung ein, Weidetiere wie Bisons und Wisente in den Wäldern zuzulassen.

Den Abschluss des Symposiums bildete ein Diskussion über die vielfältigen Themen mit Maria Ziemer, Prof. Bernd Gerken, Karl-Heinz Jährling, Norman Pohl und Tobias Mehnert, die NuKLA-Vorsitzender Wolfgang Stoiber moderierte.

Michaela Weber

NuKLA ist Mitglied der Bundesbürgerintiative Waldschutz, und bedankt sich für deren Unterstützung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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