Kolumne: Kleines Leben im großen Streit

Kolumne der KlassischeKartoffelKonzerte                             von Frank Willberg

Kleines Leben im großen Streit

Mikrobiologen lieben diesen Trick: Sie nehmen einen Esslöffel Erdreich und verkünden, darin seien mehr Lebewesen als es Menschen auf der Erde gibt! Stimmt ja auch. Unser Planet wird hauptsächlich von Insekten und noch viel kleineren Lebensformen bevölkert. Allein in unserem Darm leben viele Billionen Bakterien. Billionen – das ist eine Zahl mit zwölf Nullen! Schon die Zahl der Bakterienarten, die im oder auch an einem menschlichen Körper ihr zu Hause haben, wird auf 10.000 geschätzt. Unglaublich.

Daraus muss der Schluss gezogen werden, dass das Leben nicht keimfrei ist. Kein Problem, denn viele der kleinen Bakterien sind unsere Freunde. Sie sind Teil unseres Lebens. Tagtäglich. Desinfektionstücher könnten wir getrost stecken lassen. Zum Beispiel wären das Verdauen und unsere Immunabwehr ohne Darmflora – die oben erwähnten Billionen von Darmbakterien – unmöglich.

Aber Bakterien leiden unter einem zweifelhaften Ruf. So verweisen Naturheilpraktiker oft darauf, dass Zucker ein saures Milieu im Darm erzeugt, woraufhin gutartige Bakterien von ihren etwas bösartigeren Geschwistern verdrängt werden, so dass unsere Körperabwehr geschwächt ist. Verändert sich das Milieu, gedeihen beispielsweise Schimmelkulturen oder Pilze oder einfach weniger freundliche Bakterien. Nicht überall lauern böse Keime oder Krankheitserreger. Wenn Lebensmittel verderben oder Tiere sterben oder Bäume umstürzen, sorgt eine Armada von Kleinstlebewesen für ihre Zersetzung. Der Kreislauf des Lebens schafft Platz für neues Leben.

Nun ist sicher leicht verständlich, dass wir nicht gern an unsere Vergänglichkeit erinnert werden. Aber es ist trotzdem so. Und wenn unser Immunsystem nicht stark und gewappnet ist, kann Corona oder auch Influenza unser Ende bedeuten. Dagegen gibt es keine 100%ige Versicherung. Eine geschwächte Körperabwehr, Vorerkrankungen, Medikationen mit Nebenwirkungen, hohes Alter – es gibt einfach Risikogruppen für diverse Erreger, mit denen die meisten anderen Menschen relativ gut klarkommen.

So wie die meisten Kleinkinder mit den meisten Kinderkrankheiten meistens gut klarkommen. Impfkritiker betonen seit langem, dass die schweren Krankheitsverläufe vor allem bei erwachsenen Menschen aufträten. Und Erwachsene bekommen Kinderkrankheiten letztlich auch, weil sie sie als geimpfte Kinder „verpasst“ haben. Wer jedoch zum Beispiel Masern oder Röteln als Kind durchgemacht hat, erkrankt dank des durch diese Erfahrung gestärkten Immunsystems statistisch seltener an Krebs.

Aber ein Restrisiko bleibt – bei Kinderkrankheiten wie bei Grippeviren. Und mit ihm ein mulmiges Gefühl. Was mich an Corona (wie auch beim Impfen) allerdings ziemlich irritiert, ist unsere kaum vorhandene Diskussionskultur. Wenn ich mich heute mit einem Freund treffen will, werde ich gleich als wahnsinnig diffamiert. Wenn ich nur darauf verweise, dass die normale Grippe in Deutschland jeden Winter zehn- bis zwanzigtausend Todesopfer fordert, ohne dass allgemeine Bestürzung oder Panik ausbricht, muss ich mindestens lauthalsige Empörung über mich ergehen lassen.

Mag sein, nicht jeder Zweifel bereichert eine Diskussion. Aber sollten wir eine Diskussion nicht besser aushalten und sachlich führen, anstatt unerwünschte Standpunkte empört niederzuschreien, abzuwürgen oder in den Schmutz zu ziehen? Seit wann folgt die Wahrheit einem schwarz-weißen Muster? Und es ist doch wohl kaum alles automatisch richtig, bloß weil es gerade relativ viele andere Menschen für richtig halten. Gegenargumente verdienen Gehör.

Mit der Wahrheit im Auwald ist es nicht viel anders. Vor allem ein auwaldtypisches feuchtes Milieu würde diesem wertvollen und besonderen Ökosystem helfen. Aber der Stadtförster pflanzt lieber richtige Bäume ins falsche, weil zu trockene Milieu. NuKLA setzt sich mit den Erlösen der KlassischenKartoffelKonzerte für den Auwald ein. Aber wegen der Corona-Angst wird das nächste wahrscheinlich verschoben oder muss ausfallen…

47. KlassischenKartoffelKonzert: Sonntag, 26. April 2020 um 17 Uhr in der Paul-Gerhardt-Kirche, Selneckerstraße Connewitz. „Grand Tour – eine Reise durch die europäischen Zentren des Barock“ mit Dorothee Oberlinger (Blockflöte) und dem Leipziger Barock-Konsort

https://www.nukla.de/47-konzert-grand-tour/

Frank Willberg

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