Unsere Forderungen

Natur ist komplex. Und oftmals ist es schwer, die komplexen Vorgänge in der Natur mit wenigen Worten zu beschreiben. Aber auch menschliche Gesellschaften sind nicht einfach. Im Naturschutz kommen beide Themen zusammen und so wird es noch schwieriger.

Dennoch haben wir (NuKLA e.V. und das Aueninstitut Lebendige Flüsse) uns der schwierigen Aufgabe gestellt, unsere Forderungen betreffs des FFH-Gebietes “Leipziger Auensystem” für unsere Mitglieder, Förderer, Freunde, Partner, aber auch sonstige Interessierte zusammenzutragen.


Wir fordern für den Schutz und die künftige Entwicklung des FFH-Gebiets „Leipziger Auensystem“:

  1. die Wiederherstellung der Auendynamik und Revitalisierung der Leipziger Fließgewässer in allen Bereichen, wo dies möglich ist – so schnell wie möglich. Dies inkludiert auch das Zulassen dynamischer, auentypischer Umlagerungsprozesse, folglich auch Sedimentumlagerungen und weitere sich anschließende auentypische Entwicklungen im gesamten Auwaldgebiet, welches den Überflutungen zugänglich ist
  2. eine Hiebsruhe auszurufen, die ab dem fünften Jahr nach der Wiederherstellung der Auendynamik schrittweise nach einem zu erarbeitenden Konzept in eine naturgemäße Bewirtschaftung überführt werden kann.
  3. eine Einstellung der weiteren touristischen Vermarktung unserer Fließgewässer, um eine Übernutzung insbesondere in Zeiten des Klimawandels zu vermeiden
  4. eine Überarbeitung des Managementplans von 2012, insbesondere in Bezug auf die Entwicklung eines systemischen Ansatzes als Grundlage der weiteren Bearbeitung der Entwicklungsziele sowie in Bezug auf eine bessere Erfassung der Bestände bedrohter Arten inklusive begleitender Forschung
  5. das FFH-Gebiet auf das Leipziger Rosental auszuweiten (wertvoller Altbaumbestand und wichtiges Vorkommen von Osmoderma eremita)
  6. im FFH-Gebiet grundsätzlich auf den Einsatz von Pestiziden und Düngereinsatz (Gülle) im Wald/Forst und auf landwirtschaftlichen Flächen zu verzichten. Dies möge mit Wirkung von Januar 2021 bereits in Gewässernähe und spätestens bis 2023 auf gesamter Fläche umgesetzt werden
  7. mittelfristig, d.h. im Verlauf von 3 – 5 Jahren landwirtschaftliche Ackerflächen im FFH-Gebiet – insbesondere in Gewässernähe – zu Weideland umzuwandeln
  8. eine vollständige Neubearbeitung der Verordnungen für das FFH-Gebiet “Leipziger Auensystem” und das EU-Vogelschutzgebiet “Leipziger Auwald”, um diese an die geänderten Freizeitaktivitäten der Menschen anzupassenIm Rahmen des Revitalisierungsprozesses regen wir folgende konkrete Maßnahmen an:
  9. Schutz von bestehenden Hecken und Feldgehölzen und Neuinitiierung von Feldgehölzen und Hecken, wo keine (mehr) bestehen
  10. Förderung/Pflanzung von (Wild)obstbäumen und auentypischen Bäumen (Stieleichen, Ulmen) im Offenland (landwirtschaftlich genutzter Raum, Grünanlagen), einzeln wie auch kombiniert mit der Anlage von Hecken (siehe Punkt 9)
  11. Förderung/Pflanzung von Weiden und (einheimischen) Pappeln als auentypische und ökologisch wertvolle Baumarten entlang der Fließgewässer
  12. Entwicklung eines dreistufigen Konzeptes betreffs der Prozessschutzzonen:
    1. reiner segregativer Prozessschutz
    2. Prozessschutz unter Einbeziehung von Groß-Herbivoren im Wald und auf Auenwiesen (bzw. auf bisherigen Äckern, welche auf Auengrünland umgestellt werden)
    3. zum Abschluss der Phase der Hiebsruhe die Entwicklung einer möglichen Holznutzung nach dem Modell des integrativen Prozessschutzessowie generell die Ausweitung der bestehenden Prozessschutzzonen auf weitere geeignete Gebiete, so dass das gesamte Auensystem nach diesen Konzepten geschützt und gepflegt werden wird
  13. Schutz der natürlichen Eichenverjüngung, wo sie vorkommt, bspw. durch die Aufstellung von Kleingattern unter Mastbäumen, auf Aussaat-Stellen mit geeignetem Lichtzutritt sowie durch Maßnahmen zum Verbissschutz – dies v.a. auch außerhalb der aktuell forstlich genutzten Flächen (also auf extensiv genutztem Dauergrünland, entlang von Flussufern, in Hecken, an Wegesrändern etc.)
  14. keine Beräumung von Sturmwurfflächen und teilweise Einsaat mit Stieleiche
  15. Einstellung des Mittelwaldprojektes in der Burgaue. Fortführung an anderer Stelle in einem Jungbestand kann erwogen werden, wo keine Altbestände geschädigt werden können, und die Aufnahme der aufwändigen Maßnahme auch wirtschaftlich tragbar erscheint. In diesem Fall soll gesichert werden, dass der städtische Forstbetrieb sich zur Weiterführung des Mittelwaldprojektes über zwei Generationen Lassreitel verpflichtet.
  16. Verzicht auf Anpflanzung von Fremdbaumarten im gesamten AuensystemAls übergeordnete Maßnahmen im Rahmen des Revitalisierungsprozesses empfehlen wir:
  17. eine auf zehn Jahre konzipierte umfassende Zustandsdokumentation standortökologischer und biozönologischer Parameter durchzuführen, die so schnell wie möglich umzusetzen ist, und ab Beginn 2021 alle Planungen und Maßnahmen im gesamten Naturraum des Leipziger Auensystems einschließlich der Parthe-Aue begleitet. Insofern ist das Mess- und Probestellen-Netz, das u.a. zum Projekt Lebendige Luppe besteht, zu erweitern. Es sind Daten zu Wasserhaushalt, Bodenentwicklung, Leit-Biozönosen der Wälder und des Offenlandes sowie auen- und Altholz-relevanter Artengruppen zu erfassen. Als relevante Artengruppen benennen wir Gefäßpflanzen, Moose, Flechten, Pilze, Algen, Vögel, Reptilien, Amphibien, Fische, Laufkäfer, Schnellkäfer, Blatthornkäfer, Bockkäfer, Prachtkäfer und weitere Holz- und Pilz-besiedelnde Coleopteren, Schmetterlinge, Libellen, Geradflügler, ausgewählte Gruppen der Hautflügler und Zweiflügler sowie relevante Säugetierarten (bestimmte Fledermausarten, Biber als auenprägende Art).
  18. Auf Grund seines aktuell bereits bekannten biozönologisch und artenschutzrechtlich begründeten naturschutzfachlichen Werts für Deutschland und Mitteleuropa soll das Auensystem Leipzig zu einer Schwerpunktregion der Auenforschung entwickelt werden. Beispielhaft kann die Revitalisierung einer vielfältig beeinträchtigten und gefährdeten Auenlandschaft von mitteleuropäischem Rang konzipiert, erprobt und modellhaft entwickelt werden. Hierzu bietet sich der Aufbau eines Forschungsverbundes mehrerer Bundes- und Landesinstitutionen unter sächsischer und sachsen-anhalter Federführung an, die beispielsweise vom BfN zu koordinieren wäre, was ebenfalls schnellstmöglichst begonnen werden sollte.
Dieser Beitrag wurde unter Aktuelles veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.