Leipzigs Flüssen geht es immer noch schlecht – Ein Lesetipp aus der LZ vom 03.07.21

Palmengartenwehr

Das Palmengartenwehr – Baustein im System der verbauten Leipziger Flüsse. Foto: J. Hansmann

In der LZ ist aktuell ein interessanter Artikel zum Zustand der Leipziger Flüsse zu finden, den wir auch den LeserInnen unserer Website empfehlen wollen:

Hier geht es zum Artikel

Worum geht es:

Zwar war Deutschland schon bis 2015 dazu verpflichtet, seine Fließgewässer in einen guten ökologischen Zustand zu bringen, aber bis heute hat sich diesbezüglich nicht viel getan – deutschlandweit nicht. Auch in Leipzig ist nichts passiert, um Abhilfe zu schaffen.

Anstatt nun Maßnahmen zu ergreifen, passierte bisher in Leipzig folgendes:

Im Namen des Denkmalschutzes wurden ganze Flussabschnitte bspw. an der Parthe nicht renaturiert, statt dessen wurden umweltfeindliche Uferbefestigungen aus dem vorigen Jahrhundert mit öffentlichen Geldern (fast 1 Million €!) nach dem Original neu aufgebaut.

Im Innenstadtbereich wurden mit öffentlichem Geld zwar Elster- und Pleißenmühlgraben wieder frei gelegt, werden dabei aber mit Beton und Stein extrem umweltfeindlich gestaltet (Im Falle des Elstermühlgrabens für 4,21 Millionen €!).

Man plant einen überdimensionierten Stadthafen mit einem 4000 Quadratmeter großen Ankerbecken, einem Bootshaus für 100 Kanus, Liegeplätzen für neun Fahrgastschiffen sowie 40 privaten Sport- und Familienbooten usw. – für schlappe für 7,23 Millionen €! Zuviel Bootsverkehr ist nicht zielführend für eine Verbesserung des Zustandes der Flüsse…

Betreffs des Leipziger Auensystems versickern Millionen von öffentlichen Geldern in Projekten zur Revitalisierung der Aue, aber seit fast 10 Jahren ist de facto nichts passiert. In Zukunft soll es lediglich vorerst drei kleinere Maßnahmen geben, welche aber am Gesamtzustand nichts ändern werden und auch keine revitalisierte Aue zur Folge haben werden. Anfangs ging man von Kosten von 10 Millionen € aus allein für die Nordwestaue, inzwischen wird mit 25 Millionen € kalkuliert.

Woran hakt es:

Offenbar waren Stadt, Land, LTV und beteiligte Verbände bisher nicht dazu in der Lage oder willens, vor 2015 ein Gesamtkonzept zu erstellen und zeitnah in Angriff zu nehmen. Seit 2018 wird aber nun “schon” an einem Auenentwicklungskonzept gearbeitet, Ende 2022 soll dieses angeblich fertig sein. Man darf gespannt sein, dies bedeutet aber auch, in den nächsten zwei Jahren wird erst einmal gar nichts passieren.

Allerdings sei auch nicht zu verschweigen, dass für eine Verbesserung des Zustandes der Leipziger Fließgewässer die Flüsse auch im Oberlauf bezüglich einer Revitalisierung betrachtet werden müssen! Diese Probleme können nicht nur in einem abgegrenzten Flussabschnitt behoben werden!

Was konkret bedeutet dieser “schlechte Zustand”?

Die Fließgewässer sind meistens naturfern verbaut. Es gibt eigentlich nirgendwo natürliche Flussdynamik, diese wird über Hochwasserschutzanlagen aus Leipzig fortgeleitet.

In den Flüssen sind weiterhin zahlreiche Schadstoffe zu finden, die dort nicht hingehören:

  • Zink
  • Ammoniak-Stickstoff
  • Gesamtphosphor
  • Sulfat
  • bromierte Diphenylether
  • Quecksilber
  • Nickel
  • Kupfer
  • Imidacloprid

Laut SMUL Sachsen sind in der Weißen Elster überdies folgende Schadstoffe zu finden:

  • Dibutylzinn-Kation
  • PCB-101
  • PCB-138
  • PCB-153
  • Kupfer
  • Dichlorvos
  • Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)
  • Tributylzinnverbindungen (Tributylzinn-Kation)

Pestizidausbringung am FND Spitzwiese im Frühjahr 2020. Foto: J. Hansmann

Wo kommen diese Schadstoffe her?

Aus dem Bergbau, der Landwirtschaft, aus Kläranlagen usw. Teilweise sind diese Schadstoffe schon seit Jahrzehnten in der Umwelt und sogar bereits verboten, dennoch lösen sie sich nicht so einfach in Luft auf. Besonders problematisch ist die Landwirtschaft im Umkreis der Flüsse zu sehen. Gegen Schadstoffe, welche zwar bereits verboten sind, aber noch in den Naturkreisläufen unterwegs sind, kann man nicht viel tun und nur die  Selbstreinigungskräfte der Flüsse bspw. durch Flussrevitalisierungen versuchen zu stärken. Allerdings sind in Bezug auf Schwermetalle und Pestizide u.Ä. hier auch keine Wunder zu erwarten. Dennoch wäre es zielführend, wenigstens nicht jetzt noch weiterhin u.a. durch die Landwirtschaft Umweltgifte und Stickstoff im Einzugsbereich der Flüsse auszubringen! Generell bedarf es diesbezüglich ein grundsätzliches Umdenken innerhalb von Politik und v.a. auch Landwirtschaft! So gehören Ackerflächen, welche mit agroindustriellen Methoden bewirtschaftet werden, nicht in das Umland von Flüssen. In Auen gehört schon immer v.a. die extensive Weidewirtschaft, und wenn andere Landwirtschaft betrieben werden soll, dann muss diese eine ökologische Landwirtschaft sein, bei welcher keine Pestizide ausgebracht werden und auch keine übermäßige Düngung stattfindet!

Damit es den Leipziger Flüssen wieder besser geht, ist es unabdingbar, dass sie zudem von der Mündung bis zur Quelle betrachtet und revitalisiert bzw. renaturiert werden. Dies ist eine Aufgabe für Akteure aus ganz Mitteldeutschland (Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen). Aber Leipzig sollte als Großstadt voran gehen, als Pionier Impulse geben und zeitnah wie auch umfassend die Revitalisierung seiner Auen in seinem Gebiet in Angriff nehmen!

Dieser Beitrag wurde unter Aktuelles, Argumente und Positionen, Auwald, Presse veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.