Grußwort des Staatsministers Günther: Pressemitteilung und Anmerkung dazu

Wolfram Günther

Wolfram Günther (Staatsminister für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft) beim 4. Internationalem Leipziger Auenökologiesymposium. Foto: W. Stoiber

Herr Staatsminister Günther hat am Donnerstag, dem 07.10.21, ein Grußwort zur Eröffnung des 4.Internationalen Leipziger Auenökologiesymposiums in der Alten Börse zu Leipzig “vorgetragen”. Prinzipiell ergeht dafür Dank an Wolfram Günther. Nachfolgender Text aus der Pressemitteilung auf Facebook:

“Eine richtige Auwald-Woche für mich: Am Montag war ich Gastgeber des Auwaldforums in der Leipziger Konsumzentrale, heute früh war ich zu Gast beim 4. Internationalen Auenökologiesymposium des NuKLA. Das Thema ist immer: Wie schaffen wir es, das Leipziger Auensystem und die Flusslandschaft Weiße Elster zu retten und zu revitalisieren? Trockenheit, Schäden an den Hauptbaumarten, der Rückgang der Artenvielfalt, all das muss uns Sorgen machen.

Im Auwald sind die Folgen des Klimawandels und der massiven wasserbaulichen Eingriffe der letzten Jahrzehnte auf eindrückliche Weise erlebbar. Trotzdem: Der Auwald ist immer noch ein Hotspot biologischer Vielfalt und ein einzigartiges Ökosystem mit hoher Bedeutung auch für die Naherholung. Die Rettung und Revitalisierung des Auwalds ist folglich eine gemeinsame Aufgabe ganz vieler Akteur*innen. Der Anfang ist gemacht: Die Akteur*innen sind wieder neu und intensiver im Gespräch als vorher. Als Freistaat stärken wir das mit zwei Koordinatorenstellen.

Was wir noch tun: Stadt und Freistaat erhalten alte Bäume und lassen mehr Totholz im Wald. Wir sorgen für mehr auwaldtypische Überflutungen in Teilen des Waldes und haben insgesamt 200 Hektar komplett aus der forstlichen Nutzung genommen. Außerdem schreiben wir gemeinsam die Maßnahmenpläne für die Natura 2000-Gebiete im Leipziger Auwald fort. Und wir arbeiten gerade an einem Gesamtkonzept für die Flussauenlandschaft der Weißen Elster und beziehen dort Behörden und ganz verschiedene regionale Akteur*innen ein. Die Revitalisierung des Auwalds ist eine langfristige Aufgabe. Begonnen haben wir.”

NuKLA merkt dazu an:

Wir schätzen dieses Engagement für den Leipziger Auwald von Seiten des Umweltministers! Und fügen gern hinzu:

Die Antworten (auf die benannten Themen) liegen längst vor und sind immer die selben:

1. Die Fließgewässer müssen endlich und schnellstens aus dem engen wasserbaulichen Korsetts befreit werden, in das sie seit Jahrzehnten gepresst sind, und wieder sowohl oberflächlich, als auch bezogen auf das Grundwasser Anbindung an die Aue bekommen! Dafür gibt es reichlich qualifizierte Vorschläge und Konzepte (auch von NuKLA bezogen auf die Weiße Elster), die die Gegenheiten vor Ort berücksichtigen UND Auenrevitalisierung ermöglichen würden.

2. Es sind nicht in erster Linie die Folgen des Klimawandels, die den Wald aufheizen und ihm zu schaffen machen, das Mikrobiom der Böden zerstören (über dessen vermutlich essentielle Bedeutung für das Gedeihen eines gesunden Waldes noch viel zu wenig erforscht und bekannt ist), sondern es sind die forstlichen Eingriffe: viel zu großflächige (und überflüssige) Kahlschläge, auf denen die Sonne ungehindert auf den durch die schweren Baumernte (sic!)-maschinen verdichteten und damit totgemachten Boden knallen kann, wo alles weggeräumt wurde und jeder Tropfen Regenwasser, das gar keine Möglichkeit hat, in den betonhart gefahrenen Boden einzudringen, an der Oberfläche bleibt und sofort wieder verdunstet – keine Chance zum Aufwachsen, weder für Naturverjüngung (die, wie Menschenkinder, die “elterlichen” Bäume schützend in der Nähe braucht) und erst recht nicht für irgendwelche selbst unter besseren Bedingungen  wenig resiliente Baumschulensetzlinge.

3. Der Wert eines Waldes, erst recht eines unter Schutz stehenden, bestimmt sich aus seinem Holzvorrat: den lebenden, stehenden Bäumen in Festmeter p. ha. Dieser Holzvorrat beträgt in Leipzigs Auwald ungefähr das, was durchschnittlich die bewirtschafteten Wälder Deutschlands zu bieten haben. Der Lübecker Stadtforst hingegen  hat auf seinen (mit – im Unterschied zu Leipzig – einem positiven Betriebsergebnis bewirtschafteten!) Waldflächen einen Holzvorrat, der etwa doppelt so groß ist! Das führt zu Resilienz des Waldes und hoher Artenvielfalt.

Und das wertvollste Totholz ist das, das aus den natürlichen Alterungsprozessen der Bäume entsteht, möglichst stehend, oder aus im Sturm oder aus Schwäche umgefallene einzelnen Bäumen, die dann kleine Flecken bilden, auf denen stärkerer Lichteinfall stattfindet und die dort die z.T. seit vielen Jahren auf mehr Licht lauernde Naturverjüngung ins Licht wachsen lassen kann.

Außerdem gibt es sehr wohl und entgegen allen forstlichen Unkenrufen auch im Leipziger Auwald, wie in jedem anderen einigermaßen naturnahen Wald, zahlreich Naturverjüngung, auch von der Eiche! Selbst auf dem, die Realität verschleiernd als “Femelung” bezeichneten und von den Leipziger Naturschutzverbänden (außer NuKLA) beklatschten Großflächenkahlschlag im Gebiet der Nonne wachsen, neben den verdorrten Plantagensetzlingen der Förster ganz von selbst kleine Eichen, mit richtigen Wurzeln und da, wo es für sie richtig ist! Die aber weggemacht werden im Rahmen der “Pflegemaßnahmen” für Försters Lieblinge in Reih’ und Glied…

Wir sagen:

Wolfram Günther

Wolfram Günther (Staatsminister für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft) beim 4. Internationalem Leipziger Auenökologiesymposium zusammen mit Prof. Dr. Bernd Gerken (AfLF), Wilhelm Bode (Forstwissenschaftler), Prof. Dr. Pierre Ibisch (Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde) und Roger Schaumberg (Mehr Demokratie e.V.). Foto: W. Stoiber

So lange nichts getan wird, außer weitere Auwaldforen zu veranstalten (die es bereits zur Genüge, in unterschiedlichster und dennoch immer gleicher Form gab), so lange weiter riesige Stahlspundwände, wie derzeit im Ratsholz vorgesehen, metertief in die Erde getrieben werden dürfen und damit die Trennung von Fließgewässer/Grundwasser und Aue perfekt machen, so lange es nicht, von erforderlicher Wegesicherung abgesehen, ein mehrjähriges Moratorium für Holzeinschläge in Leipzigs gesamten Auwald gibt, ganz egal mit welcher Begründung oder Konzept sie “hoffähig” gemacht werden sollen, solange Plantagensetzlinge in Linie auf große nacktgeräumte Kahlflächen gestellt werden, vielfach sogar mit für den Auenschutz völlig unsinnigen fremden, exotischen Baumarten, von denen wir gar nicht wissen können, wie sie sich hier bei uns verhalten werden (vielleicht so die heimische Artenvielfalt bedrängend wie Drüsiges Springkraut, Japanischer Knöterich oder Goldrute), so lange der Leipziger Gewässerknoten und seine Fließgewässer nicht wirklich ent-fesselt werden und in Kontakt mit den Auenflächen kommen und so lange es kein klares Bekenntnis FÜR das Primat des Schutzes unserer einmaligen innerstädtischen Auenflächen und GEGEN eine kommerzielle Verramschung des Auwaldes für einen fantasiert Erfolg versprechenden Wassertourismus gibt, so lange ist alles Andere im besten Falle vergebliche Liebesmüh’, womöglich aber auch nur andienende Sonntagsrhetorik mit Feigenblattfunktion.

In einer Zeit dramatischer Klimaveränderungen kann es in dieser für unser Überleben essentiellen Frage kein Sowohl-als-auch geben, dafür ist keine Zeit mehr!

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