Information zu den geplanten Wegesicherungsmaßnahmen im Leipziger Auwald

Wegesicherungsmaßnahme im Staditzwald im November 2021. Foto: J. Hansmann

Am 16.02.22 erschien in der LVZ ein Artikel, in welchem umfangreiche Wegesicherungsmaßnahmen auf dem gesamten Stadtgebiet angekündigt worden sind. Diese Maßnahmen sollen v.a. in Parks, aber auch im Stadtwald durchgeführt werden, und sie sollen bis 1. März (ungefähres Ende der Vegetationsruhe) beendet sein. Im Schlosspark Lützschena sollen “nicht nur 200 Bäume beschnitten, sondern auch 150 gefällt werden”, vor allem Eschen. Man symbolisiert seitens der Stadt auch guten Willen, indem man “ein Sachverständigenbüro für Artenschutz engagiert” hat, welches die Maßnahmen begleiten soll. Neben weiteren Wegesicherungsmaßnahmen auf dem sonstigen Stadtgebiet sollen auch in der Burgaue und entlang der Gustav-Esche-Straße “in den kommenden beiden Wochen zusammen sogar mehr als 200 Bäume gefällt” werden. Auch hier betrifft dies laut LVZ-Artikel v.a. abgestorbene Eschen.

Nun sind tatsächlich viele Eschen abgestorben, allerdings auch sehr viel Bergahorn. Und tatsächlich ist die Stadt Leipzig ja auch gesetzlich dazu verpflichtet, entlang von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen, erst Recht in Parks, für Sicherheit zu sorgen. Gerade in einem Schutzgebiet ist es jedoch geboten, dabei besonders sensibel vorzugehen und immer gut abwägen zwischen Sicherheit und Naturschutz. Besonders in europäischen Schutzgebieten und Naturschutzgebieten ist der Naturschutz von explizit besonderem öffentlichen Interesse und muss eindeutig im Vordergrund stehen. Wir sind uns bewusst, dass sich hieraus schwierige Gratwanderungen ergeben können. Auf jeden Fall haben wir am 16.02.22 einen Offenen Brief an die Stadt Leipzig gesandt, in welchem wir konkret nachfragen, welche Bäume im Schlosspark Lützschena und in der Burgaue gefällt werden sollen. Auch weiterhin haben wir Fragen gestellt. Wenn man wirklich sorgfältig abwägend geplant hat, dürfte es zu unseren Fragen ja hinreichendes Material geben, bspw. das besagte Gutachten, welches belegt, dass die Baumfällungen aus Sicht des Artenschutzes tatsächlich verträglich sind. Auch müsste es ja bspw. eine Liste der zu fällenden Bäume geben, aus welcher überdies die Vitalitätseinschätzungen eines Baumsachverständigen zu ersehen sein müssten. Kurzum: wenn alles seine Ordnung hat und man auch tatsächlich ordnungsgemäß gearbeitet hat, dürfte die Beantwortung unserer Fragen überhaupt kein Problem sein und wir freuen uns sehr auf die Antworten der Stadt Leipzig!

Privater Selbstwerber im südlichen Leipziger Auwald im Oktober 2021. Foto: J. Hansmann

Übrigens möchten wir noch darauf hinweisen, dass es nicht zielführend ist, dass das Holz umgestürzter wie auch wegen Wegesicherungsmaßnahmen gefällter Bäume aus dem Schutzgebiet durch private Selbstwerber entnommen wird. Warum? Diese Bäume üben, auch wenn sie umgestürzt oder gefällt worden sind, ökologische Funktionen in der Natur aus. Sie bilden Strukturen, sie sind Keimbett für Naturverjüngung, sie speichern Wasser, sie werfen noch Schatten, aus ihnen bildet sich wertvoller Humus, sie sind auch noch am Boden Heimat zahlreicher, darunter auch geschützter Wesen usw. usf. Auch umgestürzte oder wegen Wegesicherung gefällte Bäume sind Bestandteil eines Schutzgebiets! Die Verfeuerung von Holz ist überdies auch nicht klimaneutral, hierbei werden selbstverständlich Abgase ausgestoßen und das, was aus privaten Kleinfeuerungsanlagen kommt, enthält bspw. sehr viel schädlichen Feinstaub. Wir zitieren mal das Umweltbundesamt: “Holzfeuerungsanlagen verursachen vergleichsweise viel Feinstaub und andere Luftschadstoffe, etwa organische Verbindungen aus einer unvollständigen Verbrennung. Einige dieser PAKs sind krebserregende, erbgutverändernde und/oder fortpflanzungsgefährdende Schadstoffe die gesundheitsschädlich sind. Die Emissionen an gesundheitsschädlichem Feinstaub aus Holzfeuerungsanlagen in Haushalten und im Kleingewerbe sind in Deutschland bereits heute insgesamt höher als die aus den Motoren von Pkws und Lkws.” (Quelle: https://www.umweltbundesamt.de/themen/wirtschaft-konsum/industriebranchen/feuerungsanlagen/kleinfeuerungsanlagen#umweltwirkungen-von-kleinfeuerungsanlagen) Es ist uns ein wenig unklar, warum die Stadt Leipzig solche Feuerungsanlagen eigentlich befördert? Also das ist doch schon ein wenig seltsam, denn die Stadt Leipzig möchte doch was gegen den Klimawandel tun und auch saubere Luft für ihre Bürger?

Auf jeden Fall sollten auch die Bäume, die nun wegen der Wegesicherung gefällt werden sollen, Bestandteil des Schutzgebietes bleiben und dort ihre vielfältigen Funktionen für das Schutzgebiet und somit auch für uns Menschen ausüben können!

Den Text unseres Offenen Briefs finden Sie hier (den Text des LVZ-Artikels vom 16.02.22 weiter unten):


Sehr geehrter Herr Dittmar, sehr geehrter Herr Wasem,

mit Erschrecken haben wir heute in der LVZ gelesen, dass das Amt für Stadtgrün und Gewässer hunderte Bäume roden lassen möchte.

Im Schlosspark Lützschena, der immerhin Bestandteil des Naturschutzgebietes “Burgaue”, außerdem des FFH-Gebietes “Leipziger Auensystem” und EU-Vogelschutzgebietes “Leipziger Auwald”, ist, sollen laut LVZ-Angaben 150 (!) Bäume gefällt werden. Ein Grund wird nicht genannt. Wir vermuten allerdings, dass Gründe der Verkehrssicherheit angeführt werden. Laut LVZ-Artikel werden die Baumfällungen hinsichtlich des Artenschutzes für verträglich eingestuft.

Bitte übermitteln Sie uns zum Schlosspark Lützschena folgende Informationen und beantworten uns folgende Fragen:

1) Bitte übermitteln Sie uns eine Liste (mit Verortung) der zu rodenden 150 Bäume (mit Angabe Art, Stammumfang, Vitalitätseinschätzung durch einen Baumsachverständigen).

2) Bitte begründen Sie uns nachvollziehbar, für welche Bäume die Verkehrssicherungspflicht geltend gemacht wird.

3) Wurde in Erwägung gezogen, bestimmte Teile des Parks zu sperren oder sonstige Vorkehrungen zu treffen, damit diese Bäume nicht gefällt werden müssen.

4) Bitte übermitteln Sie uns das Gutachten, welches belegt, dass die Baumfällungen aus Sicht des Artenschutzes verträglich sind.

5) Wurde eine FFH-Verträglichkeitsprüfung (FFH-Gebiet, EU-Vogelschutzgebiet) für diese Fällungen durchgeführt? Wenn ja, stellen Sie uns das Gutachten bitte zur Verfügung. Wenn nein begründen Sie bitte, warum auf eine solche Prüfung verzichtet wurde (angesichts von 150 Fällungen liegt die Vermutung sehr nahe, dass FFH/SPA-Schutzgüter erheblich betroffen sein können).

6) Wurde geprüft, ob die Fällungen mit dem NSG-Schutzstatus vereinbar sind? Gab es hierzu Abstimmungen mit dem Amt für Umweltschutz? Wenn ja übermitteln Sie uns bitte die entsprechende Korrespondenz.

Laut LVZ-Artikel sollen im nordwestlichen Waldgebiet an der Burgaue und entlang der Leutzscher Gustav-Esche-Straße in den kommenden beiden Wochen zusammen sogar mehr als 200 Bäume (!) gefällt werden.

Bitte übermitteln Sie uns zum Gebiet Burgaue folgende Informationen und beantworten uns folgende Fragen:

1) Bitte übermitteln Sie uns eine Liste (mit Verortung) der zu rodenden > 200 Bäume (mit Angabe Art, Stammumfang, Vitalitätseinschätzung durch einen Baumsachverständigen). Welche der Bäume befinden sich im Waldgebiet der Burgaue?

2) Bitte begründen Sie uns nachvollziehbar, für welche Bäume die Verkehrssicherungspflicht geltend gemacht wird. Für Waldwege kann eine solche bekanntermaßen (richterlich mehrfach bestätigt) nicht geltend gemacht werden.

3) Wurde eine FFH-Verträglichkeitsprüfung (FFH-Gebiet, EU-Vogelschutzgebiet) für diese Fällungen durchgeführt? Wenn ja, stellen Sie uns das Gutachten bitte zur Verfügung. Wenn nein begründen Sie bitte, warum auf eine solche Prüfung verzichtet wurde (angesichts von 200 Fällungen liegt die Vermutung sehr nahe, dass FFH/SPA-Schutzgüter erheblich betroffen sein können). Wir weisen darauf hin, dass gemäß des OVG-Urteils Bautzen zum Leipziger Auwald Sanitärhiebe einer FFH-Verträglichkeitsprüfung unter Beteiligung der Grünen Liga Sachsen unterliegen!

Gemäß des LVZ-Artikels sollen die Baumfällungen sehr kurzfristig erfolgen. Daher verlangen wir als Mitglied des in Sachsen anerkannten Naturschutzvereins GRÜNE LIGA Sachsen e.V. eine Antwort auf unsere Fragen und die Bereitstellung der angefragten Informationen, bevor die Rodungen beginnen. Nur so können wir unseren satzungsgemäßen Aufgaben nachkommen und ggf. sich abzeichnende Schädigungen im Auwald versuchen zu verhindern. Wir verweisen ausdrücklich auf das Umweltinformationsgesetz (UIG).

Vielen Dank vorab für Ihre Mühe.


Hier der Text des LVZ-Artikels vom 16.02.22:


Schädlinge und fehlende Sicherheit: Stadt will hunderte Bäume roden

In den nächsten zwei Wochen werden in einigen Parks, aber auch im Stadtwald Motorsägen zu hören sein. Bis zum Beginn der Schonzeit lässt das Grünflächenamt noch viele Gehölze entfernen.

Am 1. März beginnt die Schonzeit für Bäume. Bis dahin müssen auch Kommunen etwaige Arbeiten an Gehölzen abgeschlossen haben. In der Stadt Leipzig sorgt die Beseitigung von angegriffenem Grün alljährlich für Befürchtungen und Proteste. Nun hat das Amt für Stadtgrün und Gewässer für die kommenden beiden Wochen wieder restriktive Arbeiten angekündigt.

Bis Ende des Monats sollen im Schlosspark Lützschena nicht nur 200 Bäume beschnitten, sondern auch 150 gefällt werden. Grund für den Einschlag dort sei das massive Auftreten des Eschebastkäfers. Das eigentlich eher seltene Insekt legt seine Brut unter der Rinde ab und frisst senkrechte Tunnel ins Gehölz, bis der Baum komplett abstirbt. Am Ende hilft dann auch kein Specht mehr.

„Der Käfer besiedelt vor allem geschwächte Eschen und befördert durch den sogenannten Reifungsfraß das Absterben der Bäume. Er bedeutet neben der Rußrindenkrankheit an Bergahornen eine weitere Gefahr, die immer häufiger auftritt und massive Auswirkungen auf den Baumbestand hat“, heißt es aus dem Neuen Rathaus. Damit nur gefällt wird, was für das Gesamt-Biotop im Schlosspark auch verträglich ist, wurde ein Sachverständigenbüro für Artenschutz engagiert.

Motorsägen werden in den kommenden Tagen auch in anderen Leipziger Parks auftauchen. Im Grün an der Etzoldschen Sandgrube, östlich des Südfriedhofs, sollen 40 Bäume fallen. Rings um das Wasserschloss im Stadtteil Leutzsch stehen zwölf Stämme auf der Liste der kommunalen Forstarbeitenden. In beiden Parkanlagen seien Sicherheitsprobleme an Spazierwegen das Problem, dem nun mit Säge abgeholfen wird. Am Spielplatz „Zur alten Bäckerei“ in Großzschocher geht es derweil 16 abgestorbenen Bergahornen an den Kragen, während es am Gießerplatz in Plagwitz bei Baumpflegearbeiten bleibe, so die Kommune.

Im nordwestlichen Waldgebiet an der Burgaue und entlang der Leutzscher Gustav-Esche-Straße werden in den kommenden beiden Wochen zusammen sogar mehr als 200 Bäume gefällt. Als Grund wird hier unter anderem das Eschentriebsterben, auch bekannt als Eschenwelke, angegeben. Diese durch eine invasive Pilzart hervorgerufene Baumkrankheit ist erst seit wenigen Jahren in Europa bekannt und an vertrockneten Baumkronen zu erkennen. Wirksame Gegenmaßnahmen gibt es kaum – außer eben die befallenen Bäume zu beseitigen.

Nicht zuletzt haben Autofahrende in den vergangenen Tagen bereits Halteverbotsschilder an zahlreichen Straßen in der Messestadt entdeckt – weil hier flankierende Gehölze gesichert werden sollen. So werde beispielsweise am Goerdelerring eine „raumprägenden Esche“ und eine bereits abgestorbene Birke gefällt, teilte das Grünflächenamt mit.

Probleme mit der Verkehrssicherheit waren im Januar schon Grund für restriktive Aktionen im Stadtteil Mölkau. Ein gutes Dutzend Straßenbäume und Büsche wurde dort kurzfristig gefällt, weil sie nicht standfest waren oder Entwässerungsmulden überwucherten. Bei Anwohnenden, die sich bis dahin um den Grünstreifen kümmerten, stieß das auf erhebliches Unverständnis. Auch jetzt erhält die LVZ noch wütende Leserbriefe zum Thema: „In panischer Angst davor, dass wegen geringer Restrisiken Schadenersatzansprüche gegen die Stadt erhoben werden könnten, wird gleich mal alles abgeholzt“, schrieb uns Andreas Liebscher.

Um das verbliebene Grün entlang des Wilhelm-Leuschner-Platzes wird schon länger gestritten. Weil dort unter anderem das Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL) einen Neubau errichten will, sollten die Bäume auf östlicher Seite im Herbst fallen – zum Nachteil auch vieler Vögel. Der gerichtliche Eilantrag des Naturschutzbundes NABU dagegen blieb erfolglos. Nun setzt eine Initiative von Bürgern nach, die eine klimagerechte Bebauung des Areals einfordert – mit mehr bestehender Grünfläche und weniger Platz für das neue Institut. 5000 Unterschriften sollen dafür bereits gesammelt worden sein.

„Schattenspendende Bäume, die die Umgebung kühlen und nachweislich auch den Lärmpegel senken und Grünflächen, die Erholung bieten, sind sowohl für uns Anwohnerinnen und Anwohner als auch für die Leipzigerinnen und Leipziger in der gesamten Stadt essenziell für das Wohlbefinden und die Gesundheit“, so Sprecherin Grit Müller. Das Institut für Länderkunde plant auf seinem Neubau eine intensive Dachbegrünung und die Neupflanzungen von zehn Bäumen auf den Freiflächen.

Quellenangabe: Leipziger Volkszeitung vom 16.02.2022, Seite 17

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