Eindrücke vom 8. Sächsischen Naturschutztag am 21.5.22

In meiner Funktion als NABU-Mitglied und natürlich auch als sächsischer Akteur im Naturschutz (Vorsitzender NUKLA e. V., Vorstandsmitglied GRÜNE LIGA Sachsen e. V.) war ich zum 8. Sächsischen Naturschutztag  in Leipzig als einer von insgesamt ca. 70 BesucherInnen in Leipzigs Alte Börse  zur gesamten Veranstaltung anwesend.

Dieser 8. Sächsische Naturschutztag, veranstaltet vom NABU Sachsen, stand unter dem Motto: “Keine Zukunft ohne Jugend im aktiven Naturschutz”

Die Veranstaltung begann um 9.30 Uhr  und endete um 14.40 Uhr, mit insgesamt 1,5 Std. Pause. Dem Motto entsprechend waren alle Teilnehmer bis auf wenige Ausnahmen junge Nachwuchskräfte des NABU und des BUND. Es sollte deutlich gemacht werden, dass ohne die Beteiligung und das Engagement junger Menschen der Naturschutz nicht weiter kommt, ein wichtiges Anliegen, auch wenn Engagement im Ehrenamt aus Zeitgründen in fortgeschritteneren Lebensphasen realistisch eher einen Platz findet, als in frühen, von anderen Entwicklungsaufgaben geprägten Lebensabschnitten.

Der Vorsitzende des NABU Leipzig, René Sievert, begrüßte die Anwesenden. Es folgte der Präsident des Sächsischen Landtages, Dr. Matthias Rößler, welcher traditionsgemäß das Grußwort zum Sächsischen Naturschutztag hält. Im weiteren Verlauf hielt Herr Staatsminister Günther, Umweltminister und Abgeordneter des Bündnis90/Die Grünen, seinen Vortrag. Dieser war nicht speziell auf das Thema des Tages ausgerichtet und eher vom allseits bekannten Naturschutzverständnis der sächsischen und Bundespolitik geprägt.

Anschliessend übernahm die Naju-Moderatorin Adina Clasen das Podium und führte durch den Tag ein. Alle ReferentInnen waren aus dem Kreis des NABU bzw. Naju sowie der Bundjugend. Die jungen Menschen berichteten von ihren jeweiligen Aufgaben in ihren diversen Positionen. Es waren inhaltlich sehr gute Vorträge darunter. (Sprachlich könnte man die Vorträge deutlich aufwerten, wenn mit “äh”, “genau” und “ja, genau” u.a. als Selbstbestätigung der Vorgetragenen und Pausefüller etwas mehr gespart würde.)

Ab der einstündigen Mittagspause halbierte sich die Teilnehmerzahl auf ca 35, einschliesslich der Organisatoren. Das wirkte nicht nur ein bisschen wie eine “Abstimmung mit den Füßen” – von der Hälfte der bisherigen TeilnehmerInnen wurde offenbar nichts Fesselndes oder Wichtiges mehr erwartet. Leider waren auch der Landtagspräsident und der Minister nur für die Zeit bis zur Kaffeepause anwesend: hat unsere Regierung nicht aus erster Quelle erfahren wollen, was die jungen, engagierten Menschen, zumindest die im NABU und BUND organisierten, bewegt?

Sehr auffallend war auch, dass außer Vereinsmitgliedern  des NABU und des BUND keine Gäste, Zuhörer-, BürgerInnen und andere Interessierte anwesend waren – weder vor, noch nach der Mittagspause. Dieser Tag, veranstaltet von NABU, wurde insgesamt als “Sächsischer Naturschutztag” gewürdigt.

Doch gibt es weit mehr Vereine als die beiden einbezogenen, mit zahlreichen Aktiven, die zum Thema Naturschutz in Sachsen Ideen, Meinungen und Wissen haben. In der Nachwuchsaquise arbeiten NABU und BUND mit großem Erfolg und sind an dieser Stelle führend.

Doch darüber hinaus sollten bei einem “Sächsischen Naturschutztag” auch die anderen sächsischen Vereine Ort und Gelegeheit haben, sich, ihre Anliegen, Ziele und Arbeit präsentieren zu können. Letztlich konnte man sich des Eindruckes nicht erwehren, dass der Freistaat hier ausschließlich Eigenwerbung der Verbände NABU und BUND förderte.

Unter einem “Sächsischen Naturschutztag” stellt sich der Eine oder die Andere eine Veranstaltung vor, die das Interesse und Engagement möglichst vieler sächsischer Bürgerinnen und Bürger in all ihrer Viefalt und Verschiedenheit abbildet.

Damit würde nicht nur eine breitere Öffentlichkeit erreicht, sondern die ganze Veranstaltung sehr aufgewertet. Zu einem “Sächsischen Naturschutztag”, der nicht ausdrücklich einer des NABU oder des BUND ist, gehören zwingend sämtliche anerkannte Naturschutzverbände, die landesweit oder regional wirkenden Heimatverbände, insoweit in ihren Gruppen auch Themen des Lebensraum-, Arten-, Boden-, Gewässer- und des allgemeinen Umweltschutzes aufgegriffen werden.

Das ist beispielsweise beim Landesverein Sächsischer Heimatschutz e. V. seit Jahrzehnten der Fall! Deshalb möchte ich an dieser Stelle anregen, dass man die aufgewendeten Energien bündelt, die Finanzen gerechter verteilt und alljährlich einen, wechselnd von einem der sächsischen Verbände veranstalteten “Sächsichen Naturschutztag” durchführt (und fördert). Ein solcher Tag pro Jahr fokussiert die Kräfte und Themen und konzentriert gezielt das entsprechende Interesse in der Bevölkerung.

Die Wechsel bei den Ausrichterverbänden würden zugleich mehr inhaltliche Dynamik in diese für unser Land potenziell bedeutsame Veranstaltung bringen. Der Freistaat Sachsen verfügt zudem über eine eigene Natur- und Umweltstiftung (LaNU), und es wäre nur angemessen, wenn diese ebenfalls im Reigen der Verbände mitwirkte.

Sofern das nicht gewünscht ist, sollte getrost bescheidener formuliert werden, indem vom “Naturschutzag des NABU” oder “… des NABU und des BUND” gesprochen wird. Das wäre ehrlicher – und könnte in Verbindung mit dem spezifischen Profil dieser Verbände auf deutlich mehr Wirkung hin gestaltet werden!

Teilnehmende wie ich konnten keinen Eindruck darüber gewinnen, ob und wie die beiden Verbände durch diese Veranstaltung neue Mitglieder begeistern wollen. Und genau das wäre doch zu wünschen: Naturschutzengagement wird dringend gebraucht!

So ist diese Veranstaltung eher etwas unglücklich verlaufen, da sich offenbar keine BürgerInnen oder Mitglieder anderer Organisationen, der Wissenschaften oder der Wirtschaft als Zielgruppe angesprochen fühlten. Allerdings ist mir nicht bekannt, ob überhaupt Interesse bestand, diese anzusprechen und/oder zu beteiligen.

Fazit: Der sächsische Naturschutz in seiner Verschiedenheit und mit seinem mannifaltigen Engagement hat mehr Resonanz und Energie verdient und kann mit seiner, diesmal wieder ausgeschlossenen, Vielfalt der Anliegen, Zielstellungen und Akteure bei weitem mehr vorweisen!

Dieser Beitrag sei eine Anregung für unsere  Regierung und alle einschlägigen sächsischen Verbände, z.B auch den Landesverein Sächsischer  Heimatschutz, die GRÜNE LIGA Sachsen und NUKLA, den nächsten “Sächsischen Naturschutztag” zu einem solchen und damit zu einem landesweit bedeutsamen Ereignis werden zu lassen – wie er es vom Namen und der Freistaat selbst, bezogen auf das Naturschutzengagement seine Bürgerinnen und Bürger, tatsächlich verdient haben.

Wolfgang E. A. Stoiber

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