Systemfehler, die langsamen Mühlen der Bürokratie und warum sich letztlich niemand zuständig fühlt – von der Geschichte eines Verfahrens

Kahlschlag in der Elster-Luppe-Aue (Verschlossenes Holz) im Februar 2019. Foto: J. Hansmann

Ein Beitrag aus dem Aueninstitut für Lebendige Flüsse

Vielleicht erinnert sich mancher noch, dass NuKLA e.V. vor einigen Jahren nicht nur ein Verfahren gegen die Stadt Leipzig angestrengt hatte, welches mit einem deutschlandweit beachteten Urteil beendet wurde (https://www.nukla.de/2020/06/gruene-liga-sachsen-und-nukla-stadt-leipzig-beschluss-des-ovg-bautzen-vom-9-6-2020/). Im Januar/Februar 2019 fanden ungeachtet des damals noch laufenden Verfahrens weitere invasive forstliche Eingriffe in einem bestimmten Auwaldgebiet auf dem Stadtgebiet (Kanitzsch) sowie in diversen Auwaldgebieten im Landkreis Nordsachsen statt, welche alle vom Staatsbetrieb Sachsenforst bewirtschaftet werden. Dabei wurden diverse Brutbäume unterschiedlicher geschützter xylobionter Käfer sowie sonstige Biotopbäume gefällt, zahlreiche Rückegassen angelegt, mit schwerem Gerät gearbeitet, auch Kahlschläge geschaffen usw. usf. Selbstverständlich war NuKLA e.V. diesbezüglich nicht untätig, sondern hatte nach einigen Versuchen der Kontaktaufnahme und Bitten um Klärung der Situation bei Behörden und bei Sachsenforst am 06.02.2019 Strafanzeige gegen Sachsenforst gestellt.1 Was ist aus dieser Strafanzeige geworden?

Larve von Protaetia speciosissima aus gefälltem Baum in der Elster-Luppe-Aue im Februar 2019. Foto: J. Hansmann

Diese Strafanzeige musste gestellt werden, da es sich bei dem Fällen von Brut- und Biotopbäumen selbstverständlich um Straftatbestände handelt, denen natürlich juristisch nachgegangen werden sollte! Dafür sind Umwelt- und Naturschutzvereine ja auch da – um eben im Zweifelsfall solche Straftatbestände anzuzeigen. Dennoch blieb NuKLA e.V. auch nach der Stellung der Strafanzeige mit den Behörden wie auch dem SBS Sachsenforst im Gespräch, um (theoretisch) die Fällung weiterer potentieller Brutbäume zu verhindern oder wenigstens die Sicherung von Teilen der gefällten Brutbäume zu veranlassen. Der verantwortliche Mitarbeiter war sich aber keiner Schuld bewusst und ließ in der Presse verlauten: „Es handele sich um ganz normale Waldpflegearbeiten. Mit ihnen werde die Managementplanung umgesetzt, die zu dem Flora-Fauna-Habitat-(FFH) Gebiet mit der Oberen Naturschutzbehörde, dem Landesamt für Umwelt und Geologie (LFUG), abgestimmt sei. Die habe zum Ziel, die charakteristische Baumart des Auwaldes, die Eiche, zu fördern.“2 Das ist jedoch in der Sache grundsätzlich anders: Wenn bei „normalen Waldpflegearbeiten“ in einem Schutzgebiet Brutbäume geschützter Arten gefällt, Kleinkahlschläge geschaffen werden usw. usf., stimmt anscheinend etwas nicht mit diesen sogenannten Waldpflegearbeiten, mit welchem Ziel auch immer sie legitimiert werden!

Aufgestellte Stammsegmente eines gefällten Brutbaums in der Elster-Luppe-Aue März 2019. Foto: J. Hansmann

Die Hiebsmaßnahmen wurden unbeirrt fortgesetzt, dabei wurden weitere Brutbäume gefällt. Stellenweise wurden Teile der bereits gefällten Brutbäume „gesichert“ und als Pyramide aufgestellt – eine vorhersehbar unzureichende Maßnahme! Der Mulm in diesen Stammsegmenten ist samt der Larven im darauf folgenden Sommer vertrocknet. Mulm im lebenden Baum ist mit Mulm im toten Holz nicht zu vergleichen – das sollte leicht verständlich sein! Urwaldkäfer sind höchst empfindlich, und ihre Ökologie noch keineswegs verstanden! Der bisher beste Weg zum Schutz dieser Arten besteht darin, solche Bäume nicht zu fällen!

Über die Geschehnisse und Funde wurden die Behörden der Stadt Leipzig und des Landkreises Nordsachsen informiert, ebenso die Landesdirektion Sachsen, die Presse usw. usf. Teilweise wurde reagiert, manchmal gab es nur ein höfliches Antwortschreiben, jedoch war nicht zu sehen, dass betreffs der Zerstörung der Brutbäume, der Anlage von Kahlschlägen etc. besonders vehement vorgegangen wurde. Vielmehr gewann man beim Lesen diverser Antwortschreiben eher den Eindruck, dass alles so seine Ordnung hatte. Prinzipiell seien die forstlichen Maßnahmen ja irgendwie dann doch abgesprochen und genehmigt worden und mit etwas Fantasie würden die Maßnahmen sogar den Zielen des Managementplans des Schutzgebietes dienen (da (teilweise) mit Eichen aufgeforstet werden würde, allerdings wurde stellenweise auch mit standortuntypischen amerikanischen Schwarznüssen aufgeforstet).

Hier wurde zum ersten Mal auch ersichtlich, wie verzwickt und tückisch die Systeme sind, welche unsere Wälder bewirtschaften. So muss Sachsenforst seine Forstwirtschaftspläne nicht öffentlich einsehbar machen, da „Periodische Betriebspläne“ laut Dr. Renke Cordes (Sprecher von Sachsenforst) „betriebsinterne Steuerungsmittel und als solche nicht öffentlich einsehbar“ sind. Die Pläne werden „fachaufsichtlich geprüft“ durch das SMUL. „Jährliche Wirtschaftspläne werden betriebsintern auf Basis der periodischen Betriebsplanung erstellt und in Form von Zielvereinbarungen durch das SMUL genehmigt.“ 3

Das sagt uns als einfachem Bürger: alles wurde im Vorfeld intern geprüft, somit möge der Bürger denken, alles habe seine Ordnung. Aber es kann nicht richtig sein, wenn Brutbäume geschützter Arten gefällt werden, wenn Waldboden durch Rückegassen fragmentiert und verdichtet wird und Kahlschläge angelegt werden! Wie kritisch wird denn da eigentlich auch intern geprüft? Vor allem – wie ist es, wenn quasi der Staat als Akteur sich selber überprüft? Wo ist die unabhängig prüfende Instanz und warum sollen Bürger offensichtlich keine Einsicht und kein Mitsprachrecht haben?

Die Naturschutzbehörden schienen jedenfalls nur begrenzt Einfluss auf die forstwirtschaftlichen Maßnahmen zu haben: „Für zulässige forstwirtschaftliche Maßnahmen benötigen Waldbesitzer keine Genehmigung. Geplante Maßnahmen in FFH- und SPA-Gebieten, Naturschutzgebieten bzw. geschützten Waldbiotopen werden den Unteren Naturschutzbehörden (UNB) informell übermittelt.“ 4 Zwar können die Naturschutzbehörden versuchen, Zweifelsfälle zu klären, aber der Waldbesitzer kann i. d. R. machen, was er will.

Gefällter Brutbaum bei Wehlitz im Februar 2019. Foto: J. Hansmann

Am 18.02. beantragte die GRÜNE LIGA Sachsen e.V. „Tätigwerden gemäß § 10 USchadG wegen Baumfällungen im Leipziger Auwald“: Weitere Fällarbeiten des Staatsbetriebs Sachsenforst sollten im FFH-Gebiet „Leipziger Auensystem“ untersagt werden, die eingetretenen Umweltschäden festgestellt und die bestehenden Sanierungspflichten durch den Staatsbetrieb Sachsenforst bezüglich der Umweltschäden sollten durchgesetzt werden. Es wurde trotzdem weitere Bäume gefällt. So wurde noch am 23.02. ein gefällter Eremiten-Brutbaum an der Kanitzschspitze gefunden, am 24.02.19 gefällte Einzelbäume im Kähling, am 26.02.19 je ein gefällter Brutbaum an der Bundesstraße 186 und bei Wehlitz, und am 10.03.19 wurde noch ein Brutbaum im Kanitzsch nahe Zschampert. Nun müssen die betreffenden Bäume nicht direkt am Fundtag gefällt worden sein, aber es war offensichtlich, dass auch nach dem 18.02.2019 weiter gearbeitet wurde und von einem Einstellen der Arbeiten keine Rede sein konnte.

Kotpillen von Osmoderma eremita in gefälltem Brutbaum bei Gundorf (Kanitzschspitze) im Februar 2019. Foto: J. Hansmann

Trotzdem wurde seitens NuKLA e.V. weiter versucht, mit Behörden und Politik betreffs der Geschehnisse ins Gespräch zu kommen, selbst bis zu einem Sachsengespräch beim Ministerpräsidenten Kretschmer, aber irgendwie schien das alles niemanden so recht zu interessieren.5 Auf die Bitte an die Staatsanwaltschaft, wenigstens eine Beweissicherung durchzuführen, wurde nicht reagiert – letztlich bezahlte der Verein selbst einen eigens beauftragten Gutachter. Auch ansonsten passierte nicht viel: die Ämter verwiesen standhaft weiterhin auf das laufende Verfahren und das ja alles so seine Ordnung habe… Die Naturschutzbehörden versuchten darüber hinaus im Juli 2019, diese unliebsame Sache an die Landesdirektion Sachsen zu verweisen, welche diese aber laut Presse wieder zurück verwies.6 Daraufhin passierte monatelang erst einmal nichts, die Mühlen der Behörden und der Justiz mahlen eben langsam. Am 01.02.2020 (quasi zum einjährigen Jubiläum) gab NuKLA e.V. eine Pressemeldung über den Stand der Sache heraus, aus welcher wir zitieren wollen:

„Mit Mitteilung der Staatsanwaltschaft vom 21.1.2020 wurde NuKLA informiert, dass im Bereich Nordsachsen die dort zuständige uNB zu einem Teil dieser Fällungen kein Einverständis gegeben hatte. Deshalb sei man dort noch in der Weiterbearbeitung begriffen. Für den Bereich in der Zuständigkeit der Naturschutzbehörde der Stadt Leipzig habe man das Verfahren eingestellt. In der umfänglichen Begründung heißt es, die Fällungen seien mit der Zustimmung der uNB Leipzig erfolgt. Die uNB verwies als Grundlage für diese Zustimmung gegenüber der ermittelnden Staatsanwaltschaft darauf, dass auf den Flächen, auf denen die Eingriffe erfolgten, keine Habitatflächen (z.B. Vorkommen von Eremiten) von geschützten arten kartiert seien. Da NuKLA das tatsächlich Vorkommen dieses unter höchstem Schutz stehenden Käfers mehrfach in den gefällten Bäumen nachweisen konnte, der Käfer sich also nicht an die Kartierungen der Stadtverwaltung gehalten hat (aus welchem Jahr auch immer diese stammen), wird NuKLA nunmehr Rechtsmittel einlegen.“

Kahlschlag an der Gundorfer Linie in der Elster-Luppe-Aue (Verschlossenes Holz) im Februar 2019. Foto: J. Hansmann

Das bedeutete: die Mühlen mahlten immer noch langsam und seitens der Stadt Leipzig war man der Ansicht, alles sei in Ordnung, weil die Flächen, auf denen die Brutbäume gefällt wurden, vor vielen Jahren schlicht nicht als Habitatflächen kartiert worden waren. Wir zitieren aus einem Presseartikel vom 02.02.2020: „Fast ein ganzes Jahr hat es gedauert: Im Februar 2017 hatte der NuKLA e. V. Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft gegen Sachsenforst wegen des Verstoßes gegen das Naturschutzgesetz in besonders schwerem Fall gestellt. Doch nun hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen eingestellt. Denn wenn die untere Naturschutzbehörde in Leipzig keinen Verstoß gesehen haben will, gibt es auch keinen. So funktioniert Naturschutz in Sachsen.“ (Anmerkung des Verfassers: die Strafanzeige wurde nicht im Februar 2017, sondern im Februar 2019 gestellt, der Artikel enthält hier also einen Fehler).7

Wir wollen an dieser Stelle darauf hinweisen, dass lebende Wesen sich in der Natur durchaus bewegen können und auch nicht immer sofort nachweisbar sind. Auch wenn in einem Gebiet bspw. ein Käfer vor vielen Jahren nicht gesehen wurde, bedeutet das nicht, dass er nicht später in das Gebiet gekommen sein könnte oder aber auch schlicht vor vielen Jahren mal zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht gesichtet wurde. Den Kartierern ist dabei auch kein Vorwurf zu machen, dass sie eventuell vor vielen Jahren etwas übersehen haben könnten – solche Kartierungen müssen eben regelmäßig neu durchgeführt werden und nicht nur alle 10 Jahre. Es muss eben nur darauf geachtet werden, dass Nachweise aktualisiert werden, bevor Entscheidungen wie Baumfällungen oder Wegebau getroffen werden! Dafür sind die zuständigen Eingriffsdisziplinen zuständig, und die Naturschutzbehörden haben die Erfüllung der Artenschutz-Gesetze zu prüfen.

Bodenschädigende Bodenbearbeitung nach Anlage eines Kahlschlags bei Gundorf (Kanitzschspitze) im April 2019. Foto: J. Hansmann

Mindestens in Schutzgebieten ist sowieso zu klären, ob die „moderne“ Forstwirtschaft mit ihrer Altersklassenwirtschaft, wie sie in Deutschland noch immer fast fast flächendeckend praktiziert wird, noch sinnvoll, d.h. zeitgemäß ist. Mindestens vor dem Hintergrund des Klimawandels und des globalen Artensterbens sind Änderungen gegenüber Entscheidungen aus den 1935er bis 1990er Jahren(!) geboten. Es gibt längst zukunftsfähigere Konzepte, welche auch bewirtschafteten Wald als funktionierendes und resilientes, d.h. in sich widerstandsfähiges Ökosystem erhalten können!

Fahren wir in der Betrachtung des Verfahrens fort. Am 06.02.2020 hatte NuKLA e.V. gegen die Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft Beschwerde eingelegt.

Nebenbei sei angemerkt, dass die ursprüngliche Anzeige gegen den damaligen Geschäftsführer von Sachsenforst gerichtet war, das Verfahren aber nun plötzlich gegen einen Mitarbeiter von Sachsenforst eingestellt wurde, welchen NuKLA e.V. jedoch gar nicht angezeigt hatte. Überhaupt ist es seltsam, wie das bisherige Verfahren ablief, dementsprechend sei hier noch einmal aus dem Widerspruch gegen die Einstellung des Verfahrens zitiert:

„Insgesamt ist festzustellen, dass das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Leipzig mit schwerwiegenden Ermittlungsfehlern, aber auch rechtlichen Bewertungsfehlern behaftet ist.“ 8

Danach mahlten die Mühlen weiter unverständlich langsam fort. Ein Jahr später (!) wurde der Vereinsvorsitzende von NuKLA e.V., Herr Wolfgang Stoiber, am 21.10.2021 zur Zeugenaussage geladen. Dort wurde viel hin und her geredet, aber was war das Ergebnis?

Der Angeklagte wurde freigesprochen, weil er „für das operative Geschäft der Waldbewirtschaftung nicht zuständig“ ist. Das konnte nicht erstaunen, NuKLA e.V. hatte diesen Mitarbeiter in seiner ursprünglichen Anzeige übrigens ja gar nicht genannt! Aber das Verfahren wurde falsch gelenkt! Weiterhin heißt es im Urteil: „Soweit tatsächlich Baumfällarbeiten in dem im Strafbefehlsantrag genannten Zeitraum in den dort genannten Gebieten unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten begangen wurden, waren dies jedenfalls keine dem Angeklagten zuordenbare verwaltungsrechtliche Pflichten oder Aufgaben.“

Ob nun also im Februar bis März 2019 im FFH-Gebiet Brut- und Biotopbäume gefällt worden waren, das war dem Gericht egal. Der Einzige, den das Gericht für verantwortlich hielt, konnte nicht zu Verantwortung gezogen werden, weil das Fällen von Bäumen ja nicht seine Aufgabe war. Man möchte fast meinen, dass die Motorsägen bei Sachsenforst selbsttätig ohne Anweisung durch den Wald fliegen, sodass ja niemand Verantwortung übernehmen muss.

Was ist unser Fazit?

Wenn ein Staatsforstbetrieb im Rahmen seiner regulären Forstwirtschaft streng geschützte Lebewesen tötet, ihre Lebensstätten zerstört oder diese Lebewesen in sonst einer Art beeinträchtigt, kommt man nur schwer dagegen an!

Puppenwiegen aus gefälltem Brutbaum bei Wehlitz im Februar 2019. Foto: J. Hansmann

Seitens des Staatsforstbetriebs erweist sich nach diesem Verfahren niemand so recht zuständig, und wenn ein Verstoß gegen Artenschutzrecht erfolgt, können diese Straftatbestände lt. Gerichtsbeschluss keiner bestimmten Person zugeordnet werden. Es wird somit offenbar von niemandem eine persönliche Verantwortung übernommen, und es kann kein Schuldiger gefunden werden. Streng genommen ist das ganze System Forstwirtschaft hier schuldig, aber das System an sich kann man wohl nicht anzeigen und auch nicht verurteilen. Unser Schluss aus dieser Erkenntnis ist, dass ein Amt selbst in national oder nach EU-Recht geschützten Baumbeständen tun kann was es will. Ein Amt wird grundsätzlich anders beurteilt als ein Bürger, der ein z.B. NSG betritt. Er macht sich strafbar, hingen der Förster, der mit einem 20-Tonnen schwerem Harvester durch das gleiche Gebiet fährt, kann nicht belangt werden. Damit wird Schutz zur Farce.

Kahlschlag bei Gundorf (Kanitzschspitze) im Februar 2019. Foto: J. Hansmann

Aber darüber hinaus hat diese Erkenntnis eine weitreichendere und umfassendere Perspektive. Die Geschichte dieses Verfahrens ist symptomatisch für den generellen Umgang der Menschen mit ihrem Planeten. Ist es denn mit der industriellen Landwirtschaft anders, welche nachgewiesenermaßen Grundwasser verschmutzt, wertvolle Böden auslaugt, zahllose Pestizide in die Umwelt ausbringt und damit diese Allgemein-Güter auf Jahrzehnte bis Jahrhunderte ungenießbar macht? Die Landwirtschaft ist alles in allem elementar und global einer der größten Verursacher des weltweiten Artensterbens, und die sich „modern“ nennende Forstwirtschaft folgt ihr in dieser Kategorie auf dem Fuße! Wie das der Forstwirtschaft ist auch das System der industriellen Landwirtschaft in den derzeit üblichen Verfahrenswegen nicht zu belangen. Es gibt auch hier derart viele Schuldige, dass wiederum kein Einzelner zu belangen ist! Letztlich dreht sich derjenige, der bei einem wirklich weitreichenden Eingriff eine Schutzmaßnahme oder eine Wiederherstellung erreichen will, oft im Kreis und kommt nicht voran. Die realen, konstruierten Systeme der staatlichen resp. privaten Eingriffsdisziplinen lassen sich durch engagierte Bürger nicht wirklich aufhalten. Wenn sich nichts ändert, könnten solche Systeme wie eskalierende und nicht zu hinterfragende Maschinerien immer weiter machen, vielleicht bis hin zur Katastrophe.

Sowohl von Natur aus als auch aus unserem Verständnis als bürgernahe Demokratie muss dies nicht so sein und sollte dringend korrigiert werden! Auch ein solches Verfahren, wie wir es in Leipzig am Beispiel des Auwaldes mit der Einwirkung eines staatlichen Forstbetriebes durchexerzieren, macht aufmerksam auf diese Probleme.

Die Initiative von NuKLA e.V. möge Anlass geben zur allgemeinen Reflexion darüber, in und mit welchen menschengemachten Systemen wir leben und was deren Folgen sind. Aus dieser Selbstreflexion des Systems in Wechselwirkung mit engagierten Bürgern werden sich Chancen ergeben für Veränderungen wie auch einen Neubeginn. Zumindest ist dies zu hoffen, und die Hoffnung sollen wir bekanntlich nie aufgeben. Dafür erkennen wir in unserem Staat die demokratisch gegeben Chance, die schlicht und einfach genutzt werden möge!

Prof. Dr. Bernd Gerken, Johannes Hansmann

 

1 https://www.l-iz.de/politik/brennpunkt/2019/02/NuKLA-hat-Strafanzeige-gegen-Sachsenforst-gestellt-257983

2 https://www.lvz.de/lokales/leipzig/streit-um-baumfaellungen-in-leipzig-kocht-hoeher-naturschuetzer-erstatten-anzeige-ZHNZEQD3LPACDLK4FFBBTIWPNU.html

3 https://www.l-iz.de/politik/region/2019/02/Baumfaellungen-von-Sachsenforst-bei-Gundorf-und-Doelzig-waren-mit-den-Naturschutzbehoerden-abgestimmt-259854

4 https://www.l-iz.de/politik/region/2019/02/Baumfaellungen-von-Sachsenforst-bei-Gundorf-und-Doelzig-waren-mit-den-Naturschutzbehoerden-abgestimmt-259854

5 https://www.l-iz.de/politik/sachsen/2019/07/Wenn-ein-Sachsengespraech-offenlegt-wie-Naturschutz-in-Sachsen-nicht-funktioniert-284930

6 https://www.l-iz.de/politik/region/2019/07/Wie-zwei-Umweltschutzbehoerden-meinten-sie-seien-fuer-den-Umweltschutz-gar-nicht-zustaendig-286172

7 https://www.l-iz.de/politik/brennpunkt/2020/02/NuKLA-ueberlegt-weitere-Rechtsmittel-zu-unrechtmaessigen-Baumfaellungen-im-Leipziger-Auenwald-314881?highlight=nukla

8 https://www.nukla.de/2020/06/sachsenforst-die-staatsanwaltschaft-und-der-ministerpraesident/

Dieser Beitrag wurde unter Aktuelles veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.