Lebendige Luppe, tote Burgaue?

IMG-20110929-00293Ein Beitrag von Frank Willberg.

Wenn ich an das Nahlewehr denke, blutet mein Herz. Das klingt verdammt schwülstig, ist aber so. Denn zu viele Menschen assoziieren den Begriff „Betonkopf“ nur mit ewiggestrigen Diktatoren, die weit weg von uns ihr Unwesen treiben. Aber auch unser politisches System ist eine Veranstaltung der Macht, des Egoismus’, der Ränkespiele, in denen der gesunde Menschenverstand keine sonderlich große Chance hat.

Kürzlich hat Leipzigs Stadtverwaltung sogar den gemeinsamen Antrag von CDU und SPD abgelehnt, das „Nahleauslassbauwerk“ anzupassen oder zurückzustellen, bis eine konzeptionelle Klärung erfolgt ist. Dass der Beton des 60-jährigen Nahlewehres bröckelt und die Landestalsperrenverwaltung sanieren möchte, ist das Eine. Dass es jedoch in der langen Zeit seines Bestehens nur zwei Mal geöffnet wurde und etwas Wasser in den Auwald ließ, bedeutet im Umkehrschluss, dass das Wehr dem Auwald 58 von 60 Frühjahrshochwasser vorenthalten hat, die ihm von Natur her zustehen!CIMG1238

Und so richtig bitter wird es, wenn ich mir vor Augen halte, dass unser Auwald unter vielfältigem Naturschutz steht und seine Wiedervernässung und Revitalisierung durchaus Teil der politischen Agenda sind. Da gibt es zum Beispiel das geförderte Projekt „Lebendige Luppe“, das letzten Endes alte Flussläufe wieder beleben und entsprechend mehr Wasser in den Auwald bringen will. Aber irgendwie fällt mir ansonsten nur ein homöopathisches Areal im südlichen Auwald ein, welches seit etwa 20 Jahren alljährlich im Frühling geflutet wird, um wissenschaftlich zu studieren, was passiert, wenn der Auwald das Wasser bekommt, welches benötigt, um ein Auwald zu sein und zu bleiben.

Also wann darf der Naturschutz seine Nische verlassen? Und wann hält in den Planungen der Verwaltungen das 21. Jahrhundert Einzug? (siehe Beitrag aus 3Viertel, Juli 2013) Der technische Hochwasserschutz in Sachsen ist schlicht überholt und geht zu Lasten der Natur. In der Tagespresse werden bei Bedarf Ängste geschürt. „Tornadoerlass“ und die letzten beiden Hochwasser waren perfekte Gelegenheiten für die Betonköpfe, alte Absichten und veraltete Pläne durchzusetzen. Es war glaube ich der Geografieunterricht in Klasse 8, in dem ich lernte, dass dieser technische Hochwasserschutz mit Beton und wider der Natur in Wirklichkeit kein Schutz ist.

Wasser braucht, wenn es in Massen auftritt, schlicht und ergreifend Platz. Ansonsten hält auf Dauer kein Deich oder ist zu klein. Der Auwald bracht Wasser, um zu überleben. Kann mal bitte jemand Eins und Eins zusammenrechnen?!

Frank Willberg

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