Eröffnung OBM-Wahlkampf 5 Fragen an die Kandidaten. Antworten von 3 Kandidaten.

Die offizielle Eröffnung des Wahlkampfes um den Posten als OBM der Stadt Leipzig gibt uns Anlass zu der Hoffnung, dass unsere im Rahmen unser Petition “Leipziger Auwaldschutz jetzt!” 11.231 gesammelten Unterschriften für einen sanften, naturnahen Tourismus und gegen kraftstoffbetriebene Motorboote auf den Auwaldgewässern im OBM-Wahlkampf Anlass sind, davon auszugehen, dass der Umgang mit dem Leipziger Auwald durchaus ein Thema ist, dass potentielle Wähler entscheidungsrelevant beschäftigt. Eine öffentliche Debatte um die künftige Nutzung mit den Besitzern des Waldes, den Leipziger Bürgern, und deutlichere Positionierung auf Seiten der Politik täten hier sicher gut, vor allem wenn auch die OBM-Kandidaten dafür sorgen würden, dem Thema – dessen Bedeutung aus unserer Sicht für Leipzig und seine BürgerInnen gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann – so viel Präsenz zu geben, dass alle OBM-Kandidaten eine Haltung dazu beziehen und kommunizieren würden. So wäre beispielsweise die Umsetzung der schon lange als zukünftige NSG ausgewiesene Gebiete „Elster-Pleiße-Auwald“ sowie die tatsächliche Ausweisung der geplanten NSG „Lehmlache Lauer“, „Gautzscher Spitze“ ein entscheidender weiterer Schritt zum Schutz des Leipziger Auenökosytems und würde Gerüchten, das ausdauernde Verharren im Planungsstatus könne in einer geplanten, dem Status NSG nicht entsprechenden künftigen Nutzung der Gewässer als Wasserstraßen (Erklärung der Schiffbarkeit) begründet sein, das “Wasser abgraben”.

So wie sich die Stadt bisher für das kulturelle Erbe Leipzigs engagiert, sollte sie sich auch für den Erhalt des Naturerbes einsetzen, zumal sich beides hervorragend verbinden ließe. NuKLA möchte erreichen, dass das Auwaldgebiet entlang von Elster, Pleiße, Luppe, Nahle etc. von Zeitz bis Halle als Welterbe der UNESCO ausgewiesen wird, mit dem Leipziger Auwald als zentralem Kern.

Wir wünschen uns deshalb – unabhängig vom Ausgang der OBM-Wahl – eine Zusammenarbeit mit den OBM-KanditatInnen auch nach der Wahl, um den Auwald wirklich als Auwaldökosystem zu pflegen und zu erhalten. Aus diesen Gründen haben wir nachfolgende fünf Fragen an die OBM-Kandidaten mit Bitte um Beantwortung gegeben. (Nach den Fragen haben wir jeweils die Antworten eingearbeitet.)

1. Frage: “Wie beabsichtigen Sie als OBM, die Bürger von Leipzig in wesentliche Entscheidungsprozesse der städtischen Entwicklung einzubeziehen (Stichwort Bürgerentschiede) z.B. zu Themen der Mittelverwendung (Kitas vs. Kanaldurchstich), zu Fragen des Naturschutzes, der Gestaltung der städtischen Infrastruktur etc.?

Dirk Feiertag: “Bürgerbegehren und Bürgerentscheide sind die bis dato am besten entwickelten Methoden der Direkten Demokratie. Daneben gibt es das Instrument der Bürgerbeteiligung. Ich möchte beides stärken und fördern. Transparenz ist Voraussetzung, und frühe niederschwellige und unvoreingenommene Bürgerbeteiligungsverfahren der Schlüssel für eine erfolgreiche Einbindung der Bürger. Umgedreht sind Bürgerbeteiligungsveranstaltungen, deren Ergebnisse gar nicht in das Verwaltungshandeln einbezogen werden, Gift für jede ernst gemeinte Beteiliung von Bürgern. Die Einbindung der Leipziger Bürger und ihrer Verbände sind ein zentrales Anliegen meiner Politik als OBM”.

René Hobusch: “Mir liegt das Thema Bürgerbeteiligung naturgemäß sehr am Herzen. Gerade bei großen Projekten ist es unerlässlich, die Bürger so früh und umfassend wie möglich mit einzubinden und verbindliche Ergebnisse zu produzieren. Dabei kann ein Bürgerentscheid eine Möglichkeit sein, aber auch nicht die einzige. Doch egal bei welcher Form der Bürgerbeteiligung gilt immer: die Initiative dazu muss auch von den Bürgern ausgehen. Ich möchte nicht, dass die Politik sich hinter Bürgerbeteiligung versteckt und einfach keine Antworten mehr auf die dringenden Fragen in Leipzig gibt. Zudem möchte ich darauf hinweisen, dass Bürgerbeteiligung nicht heißt, bereits gefasste Beschlüsse jederzeit widerrufen zu können, nur weil sich die Mehrheiten geändert haben. Das entspricht nicht meinem Demokratieverständnis. Leipzig muss für alle Interessenten ein verlässlicher Partner sein”.

 2. Frage: “Kultur und Tourismus sind zentrale Themen in der städtischen Politik. Wie werden Sie als OBM den Umwelt- und Naturschutz dazu positionieren; was hat aus Ihrer Sicht Vorrang: der Schutz der Natur und damit der Schutz substantieller Ressourcen oder die uneingeschränkte Förderung von Massentourismus mit der Hoffnung auf daraus erwachsenden wirtschaftlichen Gewinn?

Dirk Feiertag: “Tourismus muss unter Berücksichtigung von Natur- und Umweltschutz entwickelt werden. Das ist im Hinblick auf das “Neuseenland” wichtig, da dort wertvolle Biotope bereits bestehen oder sich entwickeln. Der Leipziger Auwald ist einzigartig in Deutschland. Eine Übernutzung gefährdet nicht nur die ökologischen Funktionen, sondern würde auf lange Sicht auch Naherholung und Tourismus gefährden. Die Belange des Naturschutzes sollten selbstverständlich nicht von der Wirtschaftsförderung wahrgenommen werden”.

Horst Wawrzynski: “Der Tourismus ist fraglos ein wichtiger Wirtschaftszweig für Leipzig. Ebenso wichtig ist der Erhalt unserer Natur, welche in sensiblen Bereichen keinen ungezügelten Massentourismus verträgt. Unsere Natur soll den interessierten Menschen durchaus zugänglich bleiben, zu ihrer Erholung dienen, aber diese nicht zerstören. Das bedeutet für mich, dass nur ein sanfter Tourismus im Einklang mit den sensiblen Bereichen unserer Natur stehen kann. Naturschutz und wirtschaftliches Wachstum des Tourismus schließen sich nicht grundsätzlich aus, soweit ein vernünftiges Gleichgewicht gehalten wird und unsere Natur den gebotenen Schutz erhält. Im Dialog unserer Fachleute beider Interessensgruppen werden wir hier den richtigen Weg zu finden haben”.

René Hobusch: “Es macht an dieser Stelle keinen Sinn, das eine über das andere zu erheben. Stattdessen brauchen wir hier einen Interessenausgleich. Die Natur in und um Leipzig herum ist vielfältig, genauso vielfältig sind dementsprechend die Nutzungsmöglichkeiten. Weder soll in allen Bereichen uneingeschränkter Massentourismus herrschen, noch soll die Natur einem völligen Zutrittsverbot unterliegen. Ich denke, an dieser Stelle müssen alle Seiten ideologisch ein wenig abrüsten und gemeinsam überlegen, wo und in welcher Form man Tourismus zulässt”.

 

3. Frage: “Ist der Bereich Wirtschaftsförderung aus Ihrer Sicht der richtige Ort, worin Auwald und Gewässerschutz angesiedelt werden sollten?

Dirk Feiertag: “Die Belange des Naturschutzes sollten selbstverständlich nicht von der Wirtschaftsförderung wahrgenommen werden”.

Horst Wawrzynski: “Nein. Thematisch gehört der Bereich in das Dezernat Umwelt, Ordnung und Sport. Weil der Auwald aber eine so hohe Bedeutung für Naherholung und auch den Tourismus hat, gibt es natürlich dezernatsübergreifende Zuständigkeiten. Wir müssen also diese Zusammenarbeit organisieren. Das bedeutet auch, dass wir Fachleute der unterschiedlichen Interessengruppen einbinden. Diese Zusammenarbeit und eine echte Beteiligung unserer Bevölkerung und der Wirtschaft sind ein zentrales Anliegen meiner Kandidatur”.

René Hobusch: “Auwald und Gewässerschutz sind komplexe Themen, die nicht einfach einem einzelnen Bereich zugeteilt werden können. Um einen vernünftigen Interessensausgleich herzustellen, braucht es an dieser Stelle eine ämterübergreifende Zusammenarbeit”.

 

4. Frage: “Wie wollen Sie als OBM die Position der Mehrheit der Leipziger Bürger für einen sanften, umweltverträglichen Tourismus im Leipziger Auwald ernst nehmen und diese Interessen wahrnehmen? Wie werden Sie also dafür sorgen, dass die jetzt schon auf dem Karl-Heine-Kanal und der Weißen Elster stattfindende, die Ufer zerstörende und Fauna und Flora schwer beeinträchtigende unkontrollierte motorisierte Raserei sowie den zunehmenden Bau illegaler Bootsanliegerstege unterbunden und sanktioniert werden?

Dirk Feiertag: “Unstrittig ist, dass dem Schutze der Umwelt schon aus Gründen des Eigennutzes die höchste Priorität eingeräumt werden muss! Daher sollte die Stadtverwaltung sich an ihrem Versprechen festhalten, dass auf Gewässern die ökologisch besonders sensibel sind, grundsätzlich keine Motorboote zugelassen werden dürfen (als Beispiele wären da Floßgraben und Auwald zu nennen) und welche zusätzlichen Anforderungen (z.B. Beschränkungen des Tiefganges oder der Motorleistung, ausschließlich Elektroantrieb, etc.) auf anderen Gewässern, wie dem Karl-Heine-Kanal, gestellt werden müssen. Um illegale Nutzungen auf Leipziger Gewässern, so sie bereits verübt werden, sollte sich die hierfür zuständige Ordnungsbehörde kümmern. Mann macht jedoch den Bock zum Gärtner, wenn man die Gewässer für schiffbar erklärt um dann vermeintlich bessere Kontrollmöglichkeiten zu haben. Das Gegenteil wäre damit erreicht, der Motorbootnutzung wäre Tür und Tor geöffnet. Paddler und andere müssten von da an auf die Motorboote Rücksicht nehmen. Bisher ist dies genau umgedreht – und das ist auch gut so.

Luxushäuser mit Bootssteg am Lindenauer Hafen, die sich kaum ein Leipziger leisten kann, Kanalausbauten welche den Leipziger Auwald zerstören, nur um vom Lindenauer Hafen eine schnelle Bootsanbindung zu den Seen zu schaffen, das alles auch noch auf Kosten der Stadt finanziert, stellen für mich kein städtebauliches Leitbild sondern ein städtebauliches Leidbild dar. Gegen das ich mich mit aller Kraft einsetzen werde!

Und reden wir Tacheles, auch wenn die Stadtspitze hier mal wieder Kreide gefressen hat und öffentlich erklärt, sie wende sich gegen die Moterbootnutzung des Floßgrabens, hinter den Kulissen betreibt sie eine andere Politik, indem sie sogar einen Kanalbau im Bereich des Floßgrabens plant! Ein Schelm, wer da an mehr Platz für Motorboote denkt, nein der Kanalbau sei angeblich ökologisch wichtig”.

Horst Wawrzynski: “Bürgerliches Engagement ist für mich ein Zeichen lebendiger Demokratie und begrüßenswert. Es ist ernst zu nehmen und die sich darus ergebenden Fragen, Wünsche und Hinweise sind in die praktische Politik einfließen zu lassen. Der Dialog ist zu suchen und für widerstreitende Interessen muss gemeinsam nach konstruktiven Lösungen gesucht werden. Als Oberbürgermeister habe ich vor, kleine Kompetenzteams einzurichten, die mich in den unterschiedlichen Fachfragen beraten sollen.

Illegale Zustände werde ich als Oberbürgermeister nicht akzeptieren. Die Stadtverwaltung ist angehalten, das geltende Recht in solchen Fällen anzuwenden. Das gilt sowohl für die Benutzung der Gewässer wie für den Bau von Stegen. Ich will aber auch für die Einhaltung der Regeln werben. Besser als jede Sanktion ist die Prävention. Ich setze da übrigens bereits im frühkindlichen Alter und im schulischen Bereich an. Klar ist aber auch: Erwachsene sind Vorbilder und müssen sich auch so verhalten”.

René Hobusch: “An dieser Stelle möchte ich klar sagen: Wir müssen uns entscheiden, was wir in Leipzig haben wollen. Es macht keinen Sinn, den Lindenauer Hafen mit entsprechendem Kanaldurchstich zu bauen und dann Motorboote auf allen Gewässern zu verbieten. Hier muss sich die Stadtverwaltung endlich mit den Bürgern zusammensetzen und ein tragfähiges Gesamtkonzept erarbeiten. Ich werde aber auch nicht ausschließen, dass Motorboote in bestimmten Teilen der Leipziger Gewässerlandschaft erlaubt sind. Für eine pauschale Festlegung ist diese Landschaft zu vielfältig und im Charakter auch zu unterschiedlich. Und: Auch Bootsverkehr ist Verkehr und unterliegt dementsprechend Regeln. Dass diese konsequent durchgesetzt werden, ist auch Aufgabe der Stadt”.

 

5. Frage: “NuKLA e. V. hat mit einem anerkannten Leipziger Naturschutzverein eine Arbeitsgruppe zur Vorbereitung einer UNESCO-Weltkulturerbe-Bewerbung für den Leipziger Auwald und Umgebung ins Leben gerufen. Wie werden Sie als OBM sich zu diesem Ansinnen, die UNESCOBewerbung als Leitidee für die Region zu entwickeln, positionieren bzw. wie genau werden Sie diese Arbeit unterstützen wollen?

Dirk Feiertag: “Die großangelegte, dauerhafte Aktion “Das größte Denkmal Leipzigs” findet meine volle Unterstützung. Über die praktische Umsetzung der Bewerbung sollte sich eine gemeinsame Arbeitsgruppe von Bürgern, Verwaltung und Verbänden Gedanken machen und auch die Nachbargemeinden einbeziehen. Wenn viele Akteure gemeinsam an einem Strang ziehen, sind die Erfolgsaussichten sehr groß. Sollten die UNESCO-Kriterien verfehlt werden, so muss unbedingt weiter an der Umsetzung gearbeitet werden und eine baldige Aufnahme in den Katalog der schützenswerten Naturdenkmale zum baldmöglichsten Zeitpunkt erreicht werden. Dieses Ziel wird umso realistischer, je eher wir es offensiv angehen. Dabei denke ich etwa an die Einbindung möglichst breiter Bevölkerungsschichten, Vereine und zivilgesellschaftlicher Akteure, sich für einen naturnahen Auwald einzusetzen. Außerdem sollten das Stadtmarketing, die kommunale Verkehrsplanung, etc. diese Ansätze in ihre Strategie einbeziehen. Als OBM werde ich mich regelmäßig mit den Akteuren der Initiative absprechen, welche Planungspunkte noch weiterer Unterstützung bedürfen und wo sich zu beiderseitigem Vorteil Synergien ausnutzen lassen”.

Horst Wawrzynski: “Derzeit informiere ich mich sehr intensiv zu diesen Themen. Es gibt ja auch die Notenspur, welche einen Weltkulturerbe-Antrag betreibt. Wieder andere wollen eine Bewerbung Leipzigs als Kulturhauptstadt Europas. Alle diese Ideen haben eines gemeinsam: sie sind sehr komplex. Wir müssen prüfen, was geht und was nicht, vor allem auch vor dem Hintergrund der vielen Pflichtaufgaben, die der aktuelle Oberbürgermeister liegen gelassen hat. Für mich gilt: Pflicht vor Kür. Was aber nicht heisst, dass man solche großen Projekte nicht angehen sollte, denn sie haben ja wichtige Strahlkraft, auch über die Stadt hinaus. Aber man muss es richtig machen. Dazu gehört auch, alle Sichtweisen zu untersuchen und mit den Beteiligten gemeinsam einen gangbaren Weg zu suchen. Grundsätzlich bin einer solchen Bewerbung also keinesfalls abgeneigt”.

René Hobusch: “Ich stehe privatem Engagement in dieser Frage natürlich grundsätzlich positiv gegenüber. Wenn sich interessierte Bürger in der Stadt finden, die eine solche Bewerbung forcieren, ist das lobenswert. Allerdings heißt eine Beteiligung der Stadt an solchen Aktionen auch immer, dass Geld und Personal gebunden wird. Beides ist derzeit knapp. Meine Prioritäten liegen klar bei der Erfüllung der kommunalen Pflichtaufgaben, insbesondere im Bereich der Kitas und Schulen. Wenn eine private Aktion das Thema so weit voranbringt, dass sich die Stadt entscheiden muss, ob sie sich daran beteiligen will oder nicht, werde ich das Thema offen mit allen Bürgern diskutieren.”

Weitere OBM-Kandidaten haben NuKLA  auf zweimaliges Nachfragen noch nicht geantwortet.

 

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