Quo vadis Neuseenland? „Das 1×1 des Wasserwanderns“

-so der erklärte Themenschwerpunkt des diesjährigen 5. Seenlandkongresses auf der Beach&Boat 2013. Und was wollen wir mit einem Schiffshebewerk?

Auch wenn das Einführungsreferat von Thomas Konietzko, Präsident des Deutschen Kanu Verbandes, gehalten wurde, stand das Wasser-Wandern als Freizeitaktivität, die ohne Steuermillionen verschlingende Investitionen, mit Muskelkraft und dem Naturschutz den Vorrang gebend seinen Nutzern höchstes Vergnügen bereitet, leider nicht thematisch im Vordergrund. Stattdessen wurde nur wenige Stunden später im „Hauptvortrag“ von Michael Witfer, Dirk Becker und Lothar Tölle das im Elster-Saale-Kanal geplante gigantische Schiffshebewerk als touristisches Highlight gefeiert. Der Bedarf werde schon geweckt; Wassersport, so wie er in Berlin/Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern betrieben werde, müsse in Mitteldeutschland eben erst noch erlernt werden, so Martin Buhl-Wagner in seiner Begrüßung.

Und so wurde folgerichtig und in bekannter Manier gebetsmühlenartig vom Moderator der Veranstaltung, dem Wirtschaftsjournalisten Dr. Helge-Heinz Heinker, immer wieder betont, dass es auf Grund der milliardenschweren „Investitionen“ in die ehemalige Braunkohletagebaue in Verbindung mit dem Wassertouristischen Nutzungskonzept für das Leipziger Neuseenland „selbstverständlich weitergehen“ müsse. Dabei verschwieg der Moderator wohl nicht zufällig, dass diese „milliardenschweren Investitionen“ genau keine Investitionen im eigentlichen Sinne sind, sondern ausschließlich im Bergrecht vorgeschriebene Sanierungsarbeiten für die Re-Kultivierung ehemaliger Braunkohletagebaue (im Sinne von Wiederherstellung naturnaher Landschaften): Daraus lassen sich keinerlei Ansprüche bezogen auf deren weitere Nutzung ableiten. Und es ist daher ein demagogischer Kunstgriff, aus der Art des bergrechtlich vorgeschriebenen undvon den Betreibern verpflichtend zu finanzierenden Aufbereitens ehemaliger Tagebaue „selbstverständlich“ einen weiteren Gewässerausbau von Altgewässern zu fordern, obwohl diese rein gar nichts mit den Tagebauen zu tun haben.

Der Tag gipfelte in der Aussage, dass ein Schiffshebewerk auf dem Weg eines noch zu errichtenden Elster-Saale-Kanals hunderttausende Touristen anziehen könne. Als Beispiel musste das Schiffshebewerk „Falkirk Wheel“ in Glasgow herhalten, das als Erinnerung an die versiegte Lebensader dieser Region, die Schwerindustrie, in einer ansonsten an Besonderheiten eher armen Gegend tatsächlich fast ausschließlich für den Tourismus errichtet wurde. Selbst im Ruhrgebiet mag ein solches touristisches Konzept, mit großdimensionierten und eigentlich überflüssigen technischen Bauwerken Touristen anlocken zu wollen, noch einleuchten und tatsächlich funktionieren. Aber für einen von kulturellen Kleinoden strotzenden Großraum Leipzig, im auf seine zahllosen kostbaren kulturellen Schätze stolzen Mitteldeutschland mit reizvollen und ökologisch bedeutsamen Landschaften sollte die Frage zumindest gedacht werden, ob derartige Pläne nicht eher zur Verallgemeinerung führen und ob es nicht deutlich sinnvoller wäre, Alleinstellungsmerkmale auszubauen, anstatt die Beliebigkeit zu erhöhen, indem man sich kostspielig müht, mit der Region Berlin/Brandenburg in verzweifelte Konkurrenz zu treten. Einer äußerst fragwürdigen Konkurrenz im Übrigen, lässt man sich von Motorbootfahrern dieser Gebiete schildern, wie schwer an ihren Uferbereichen zerstört und verschmutzt die dortigen Gewässer durch diese Nutzung inzwischen sind. Wer sich vor der eigenen Haustür umsehen will: Selbst die momentane, über Ausnahmegenehmigungen nur scheinbar geregelte motorisierte Nutzung des Karl-Heine-Kanals beschädigt bereits jetzt schon wieder sichtbar die gerade erst sanierten Ufer.

Die von Moderator Dr. Heinker aufgeworfene These einer allgemein Übereinkunft über alternative Antriebe motorbetriebener Wasserfahrzeuge im Leipziger Neuseenland sollte unbedingt weiter verfolgt werden: hier sind uns andere wassertouristisch genutzte Regionen in Europa schon weit voraus! Dafür hat der Vortrag von Axel Büchling über Elektromobilität auf dem Wasser eine fachlich fundiert Grundlage geliefert: Selbst Fahrgastschiffe, die mit den hiesigen vergleichbar sind, werden andernorts bereits mit einem Elektroantrieb ohne Leistungseinschränkung eingesetzt – warum geht das bisher nicht im Neuseenland ?

 

 

Dieser Beitrag wurde unter Aktuelles, Auwald, Presse veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.