Briefwechsel zwischen Bertram Haude und dem Sächsischen Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft

Lesen Sie hier den Briefwechsel zwischen Bertram Haude (mit dessen freundlicher Genehmigung zur Veröffentlichung) und dem Sächsischen Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft

 

Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Damen und Herren im Stadtrat,
sehr geehrte Herren Bürgermeister.

Erneut wende ich mich an Sie und bitte Sie, den geplanten, massiven Einschlag im Leipziger Auwald nicht durchzuführen.
Der vorgesehene Einschlag und die Fällung alter Baumbestände in einem ausgewiesenen Flora-Fauna-Habitat Schutzgebiet
sind nicht nur angesichts der kommenden Klimaveränderungen mehr als fragwürdig.
Sehr fragwürdig besonders dann, wenn das Dogma unserer Zeit, nämlich Profiterzielung, nicht erfüllt wird.
Was steckt dahinter?

Trotz laufender Klageverfahren und totz Bürgerprotesten gegen die Fällungen alter Bäume
und die weitere Austrocknung des Auwaldes soll diese Praxis weiter verfolgt werden?
Es geht hier nicht nur um den sogenannten “Waldumbau”.
Die ganze Erde wurde und wird vom Menschen umgebaut,
und die Folgen werden uns doch nun immer deutlicher:
Der Mensch zerstört mit seinen “Umbaumaßnahmen” die funktionierenden Ökosystem,
auf denen unser Überleben basiert.

Ich fordere Sie erneut auf:
Verweigern Sie dem Forstwirtschaftsplan in seiner derzeitigen Form die Zustimmung.
Halten Sie die weitere Zerstörung des Auwaldes auf!
Schaffen Sie Bedingenungen, damit sich der Auwald, natürlicherweise, von selbst wieder regenerieren kann:
Der Auwald braucht periodische Überflutung und ein sich natürlich gestaltendes Gewässersystem.
Der Auwald darf nicht auf wirtschaftliche und touristische Nutzung reduziert werden.
Befürworten Sie die Renaturierung der ursprünglichen Fließgewässer und dadurch die Erhaltung und Förderung von Biodiversivität.
Unterstützen Sie dadurch die Revitalisierung der noch bestehenden, aber seit 80 Jahren trocken fallenden Auengebiete.

Bitte bedenken Sie, wie fragil unsere Erde jetzt schon ist!
Die Kraft des Menschen und seiner Technik ist begrenzt. Wir brauchen die Natur!
Jede Schutz- und Erhaltungsmaßnahme, jeder Verzicht auf weitere Zerstörung ist notwendig!
Bitte handeln Sie weitsichtig, sorgsam und lokal: hier, wo wir etwas tun können.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Mit freundlichen Grüßen

Bertram Haude

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Am 06.12.19 um 14:52 SMUL

Sehr geehrter Herr Haude, vielen Dank für Ihr Schreiben und Ihr Engagement hinsichtlich der Bewirtschaftung des Kommunalwaldes der Stadt Leipzig. Ihre nachstehende E-Mail wurde von der Sächsischen Staatskanzlei (Bürgerbüro) an das für Fragen zu Wald und Forstwirtschaft zuständige Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft weitergeleitet.

Herr Bürgermeister Rosenthal hat in seinem Brief an die Leipzigerinnen und Leipziger vom 22. November 2019 auch im Sinne eines konstruktiven Dialogs Ausführungen zu Zielen und Inhalten des Forstwirtschaftsplans 2019 getroffen (siehe Anlage). Ich bitte Sie um Verständnis, dass das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft mangels Zuständigkeit nicht in diesen bei der Stadt Leipzig laufenden Prozess eingreift.Darüber hinaus wird im weiteren Verfahren vom Staatsbetrieb Sachsenforst als obere Forstbehörde nur geprüft werden, ob der von der Stadt beschlossene jährliche Wirtschaftsplan den forstrechtlichen Anforderungen entspricht. Gegenstand des derzeitigen Diskussionsprozesses sind aber nach unserer Einschätzung unterschiedliche Auffassungen zu den Zielen und deren Umsetzung bei der Waldbewirtschaftung. Hierüber obliegt die Entscheidungsbefugnis der Stadt als Waldeigentümer im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen.

Mit freundlichen Grüßen

Referent | Desk Officer

SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT
SAXON STATE MINISTRY OF THE ENVIRONMENT AND AGRICULTURE

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Sehr geehrter Herr (….), vielen Dank für Ihre Antwort – es freut mich, dass Sie auf mein Anliegen eingehen. Schade aber, dass Sie nur auf forstrechtliche und nicht auf naturschutzfachliche Beachtung Wert legen. Das ist für mich nicht verständlich. Wir müssen also hier in Leipzig allein weiterkämpfen? Als Ministerium haben Sie keinen Einfluß auf ein Handeln im Sinne des Naturschutzes? Dabei ist das doch eine explizit ausgewiesene Zuständigkeit Ihres Ministeriums: die UMWELT. Was sagen Fachleute über den Forstwirtschaftsplan, den Sie prüfen: “Der Forstwirtschaftsplan, so wie er jetzt verabschiedet worden ist,  ist eine Katastrophe und dem Wissensstand des 21. Jahrhunderts nicht angemessen.” Peter Wohlleben zum Leipziger FWP 2019 https://www.nukla.de/2019/12/videobotschaft/#more-7609

Das vom Bürgermeister Rosenthal angeführte Projekt der Lebendigen Luppe ist auf jeden Fall zu begrüßen. Jedoch ist dies eine Maßnahme, die viel zu geringen Einfluß ausüben wird, um den Auwald zu retten. Daher muss man wohl von einem Alibiprojekt sprechen, welches den tatsächlichen Notstand des Auwaldes nicht beseitigt. Ein Vorgehen, das wir aus vielen Feldern der Politik kennen: Aktivitäten, die ein Handeln vortäuschen und das wirkliche Problem damit ad acta legen, bis es zu spät ist. In unserem Fall: Bis das schützenswerte Gut AUWALD zerstört ist. Dann entfällt auch der leidige Schutzstatus und die Sache hat sich erledigt.

Sehr geehrter Herr (…), sehr geehrter Herr (…), Bitte helfen Sie uns und dem AUWALD! Bitte nehmen Sie ihre landeshoheitlichen Möglichkeiten wahr, besonders auch über die Talsperrenverwaltung, die gerade 400.000 Euro ausgegeben hat, um die Sohle der Neuen Luppe zu reparieren. Die nicht reparierten Uferbeschädigungen dieses Kanals werden als “Umweltmaßnahme” verkauft. Finden Sie das nicht selbst makaber? “Die zerstörten Uferbefestigungen der Neuen Luppe werden nicht wieder aufgebaut. Dadurch erhält der Fluss die Möglichkeit, sich frei zu entwickeln und damit eine größere Strukturvielfalt zu schaffen.” Die Neue Luppe wird sich vielleicht bei einem noch größerem Hochwasser “frei” entwickeln. Dieser Eupemismus ist ein weiteres Beispiel für Alibiprojekte. Denn dieser Kanal ist alles andere als umweltfreundlich. Wie die Talsperrenverwaltung selbst schreibt: Die Neue Luppe wurde in den 1930er Jahren als Hochwasserkanal von Leipzig bis Schkeuditz kanalisiert und eingedeicht. In den letzten Jahrzehnten tiefte sich allerdings das Gewässerbett der Neuen Luppe immer weiter ein, das zur zusätzlichen Austrocknung des Leipziger Auwaldes im Norden der Stadt führte. Die Hoch- und Niedrigwasserereignisse der vergangenen Jahre verschärften die Situation zusätzlich.

Die Neuen Luppe ist KEIN FLUSS mehr! In diesem KANAL fließt das gesamte Wasser einfach nur ab, welches früher die Auwälder hervorgebracht und am Leben gehalten hat. Hochwassersituationen kommen vor und werden demnächst nicht weniger, in solchen Situationen kann man sicher auf ein Hochwasserschutzsystem zurückgreifen, aber doch nicht PERMANENT! Dieses System aus den 30er Jahren ist der Tod für den Auwald. Viele Länder und Gemeinden haben die Schädlichkeit dieser Wasserbaumaßnahmen erkannt und GEHANDELT, dh. ZURÜCKGEBAUT. Ich fordere Sie auf, sich nach diesen Beispielen zu richten.

Das Wasser gehört in die Auen und an die Wurzeln der Pflanzen, nicht in Kanäle!  Bitte setzten Sie sich für den Erhalt unseres Auwaldes ein! Vielen Dank.

mit freundlichen Grüßen Bertram Haude

 

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