Stadtrat: Genehmigung für Deichsanierung in 3 Tagen

Am 11.12. teilte Bürgermeister Rosenthal dem Stadtrat mit, dass die Genehmigung des Umweltamtes der Stadt Leipzig für die derzeit mit Hochdruck und ohne Rücksicht auf Verluste durchgeführten Deichsanierungen bereits am 20. September erteilt wurde, drei Tage nach Antragstellung: Ein seltsam spätes und leises Dementi der Stadt Leipzig bezogen auf eine eindeutig falsche Behauptung von Seiten der LTV.

Keine der Leipziger Tageszeitungen, die in Papierform erscheinen, griff diese interessante Aussage aus dem Leipziger Rathaus auf, hatte doch der Leiter der Landestalsperrenverwaltung (LTV), Axel Bobbe, am 23.11.13 mit einem großen Artikel eines Tageblattes dramatische Überflutungsszenarien für das vorweihnachtliche Leipzig ausgemalt und als Verantwortlichen für diese drohende Gefahr explizit das Umweltamt der Stadt Leipzig benannt, welches nur mit großer zeitlicher Verzögerung seine Genehmigung zu den von der LTV geplanten Maßnahmen gegeben habe. Diese Maßnahmen sind vor allem im Bereich Schleußiger Weg hoch umstritten wegen der, die dortigen Biotope schwer schädigenden Art ihrer Umsetzung.

Die Chronologie zum Verständnis: 2011 erklärte der Leiter der LTV, dass nach eingehender Prüfung die baumlosen Leipziger Deiche aus Sicht des Hochwasserschutzes grundsätzlich sicher seien, bauliche Veränderungen daher bis auf kleine Ausbesserungen nicht notwendig. Im Juni 2013 stand den Deichen das Wasser bis kurz unter die Deichkrone. Sie waren derart durchnässt und dadurch lädiert, dass sie, so die durchaus berechtigte Befürchtung der LTV, einem neuerlichen Hochwasser mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht würden standhalten können. Dieser Fall könne, so Axel Bobbe in besagtem Artikel, nun bereits mit dem alljährlichen Weihnachtshochwasser eintreten.  Somit bestand Gefahr im Verzug. Und dies erfordert zwingend die Umsetzung von Sicherungsmaßnahmen durch die LTV und das Erteilen einer Genehmigung dafür durch das Umweltamt der Stadt Leipzig – nun OHNE das leidige Procedere eines Planfeststellungsverfahrens. Stellungnahmen der Naturschützer brauchten nicht eingeholt zu werden, Abwägungen der möglichen Maßnahmen brauchten nicht statt zu finden, besonderer oder zusätzlicher Aufwand für die Erhaltung der durch die Bauarbeiten betroffenen Schutzgebiete konnte somit eingespart und das Nervenkostüm der Beteiligten geschont werden.

Umgekehrt kann man es so sehen: Bereits bei ihrer umfassenden Deichanalyse nach dem Hochwasser 2011 hätte die LTV feststellen müssen – wozu sie fachlich auf jeden Fall in der Lage sein sollte -, dass die Deiche nur bis zu einem bestimmten Wasserstand halten, man aber auch einkalkulieren muss, dass dieser überschritten werden kann. Schon 2011 wäre somit die wasserbauliche Einschätzung der Haltbarkeit der Leipziger Deiche unter neuen, der tatsächlichen Entwicklung entsprechenden Parametern notwendig gewesen und hätte zu einem anderen als dem damaligen Ergebnis kommen müssen. Das wiederum hätte zur Folge gehabt, zusätzliche bauliche Maßnahmen zu planen und umzusetzen. Allerdings hätte es für diese Maßnahmen, zu diesem Zeitpunkt, zu dem keinerlei „Gefahr im Verzug“-Situation vorlag, eines Planfeststellungsverfahren bedurft. Folgerichtig hätte es, mit dem vorgeschriebenen Einbezug der Naturschützer, eine Zustimmung durch das Umweltamt der Stadt nur dann ohne das Risiko einer gerichtlichen Auseinandersetzung geben können, wenn sich die Beteiligten auf eine technisch durchaus  mögliche, weniger die Schutzgebiete zerstörende Variante der Deichsanierung geeinigt hätten.

Also waren schon vor 2 Jahren die Voraussetzungen gegeben, in Ruhe eine für alle Beteiligten tragbare Variante zu erarbeiten – allerdings für die Behörden um den Preis eines verwaltungsrechtlich ordnungsgemäß durchgeführten Planfeststellungsverfahrens. Das hätte durchaus auch die Stadt Leipzig selbst einfordern können. Was geschah statt dessen: Man kommunizierte, dass alles in Ordnung sei – und wartete: Auf Hochwasser, das im Juni 2013 hoch genug war, um die Begründung dafür zu liefern, dass jetzt sofort unabdingbar ohne Zeitverzug auf schnellstem Wege und damit um jeden Preis und unter nunmehr zulässiger Umgehung der ansonsten geltenden Vorschriften gebaut werden konnte. Jetzt MUSSTE man ja handeln. Und alles war nun ganz einfach  – es musste ja schnell gehen – und ohne die geringste Notwendigkeit, Belange des Erhaltes kostbarer Auenbiotope zu berücksichtigen.

Und um dem Ganzen noch eins drauf zu setzen, verbreitete man fachlich argumentierte Horrorszenarien via Tageszeitung und schob die Schuld für den späten Baubeginn und dadurch eventuell entstehende Schäden offen in Richtung Amt für Umweltschutz, als hätte dieses nicht vorschriftsmäßig seines Amtes gewaltet und direkte Zustimmung erteilt.

Nur Naturschutzverbände  haben versucht, die Verantwortlichen und die BürgerInnen der Stadt auf die rücksichtslos durch die jetzige Sanierung verursachten, aber vermeidbaren schweren Schäden an den eben nicht aus Jux und Tollerei geschützten Gebieten hinzuweisen.

Was für eine perfide Geschichte.

http://www.l-iz.de/Politik/Leipzig/2013/12/Genehmigung-fuer-Deichsanierung-lange-erteilt-52672.html

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