Die Grünen wollen, dass wir auf einem Esel reiten!

„Die Grünen wollen, dass wir auf einem Esel reiten!“

Wer jetzt ans Meer ziehen möchte, sollte flexibel sein. Denn die schmelzenden Eisberge in der Antarktis haben gigantische Ausmaße. Vor rund zwei Wochen ging ein besonders großer durch die Medien. Wenn allein der fertig abgeschmolzen ist, steigt der weltweite Meeresspiegel deswegen um etwas mehr als 60 Zentimeter. Tschüss Rostock, sage ich mal. Oder Miami. Im Moment boomt die Stadt zwar noch. Aber die Kinder derer, die dort um Immobilien schachern, werden in 40 Jahren nicht mehr in der Stadt leben können. Und Berlin wird schon zehn Jahre eher in etwa das Klima von Canberra haben. Der Verbrauch von Sonnencreme wird also explodieren. Unsere Tiere werden nordwärts ziehen müssen. Die heimischen Pflanzen gehen mehrheitlich einfach ein. Das ist der milde Verlauf der Klimakrise.

Wer jetzt PR-Arbeit macht, hat natürlich gelernt, alles irgendwie grün anzuhauchen und trotz allem positiv darzustellen. Die Stadt Leipzig

hat zum Beispiel auf ihrer Website ein schickes Diagramm mit der Einsparung des Ausstoßes von Kohlenstoffdioxid. Allerdings wurde nur der optimistische Ausschnitt gewählt, obwohl das Original zeigt, dass unsere „Anstrengungen“ bei Weitem nicht genug sind: In vier Jahren haben wir unser CO2-Budget vollständig aufgebraucht und müssen ohne Wenn und Aber und auf der Stelle hundertprozentig klimaneutral sein. Da beginnt der härtere Verlauf der Klimakrise.

Wer also das Lied von vor zwei Jahren mit der Oma, die eine Umwelt-Sau ist, für Satire gehalten hat, müsste jetzt einräumen, dass es einfach nur die Wahrheit ist. Unser Leben verschlingt so viel Energie und so viele Ressourcen, dass das auf keine Kuhhaut geht. Dieser Ausspruch geht übrigens auf den Teufel höchstpersönlich zurück, der die Sünden der Menschen auf einer Kuhhaut notiert für das Urteil am jüngsten Tag.

50 Jahre ist es her, dass der Club of Rome die „Grenzen des Wachstums“ als großen Paukenschlag veröffentlichte. Unsere Kinder und Enkel kommen dem jüngsten Tag der Menschen immer näher. Das gibt zwar kaum jemand zu. So etwas wird ausgeblendet. Aber wir alle wissen es doch längst. Trotzdem werden auch die lächerlichsten „Gründe“ ins Feld geführt, um den ökologischen Wandel aufzuhalten.

„Die Grünen wollen, dass wir auf einem Esel reiten!“, sprach einer meiner Siebtklässler neulich. Das gab großes Gelächter. Und es traf das Vorurteil, Ökologie ernst zu nehmen, würde eine Einschränkung unseres Luxuslebens mit sich bringen. Ich persönlich würde das für derart stinkreiche Länder wie Deutschland zwar sehr begrüßen. Abgesehen davon, dass es für das Überleben der Menschheit nützlich wäre.

Aber es stimmt noch nicht einmal! In repräsentativen Umfragen räumen die Menschen bei uns ein, ungefähr ein Viertel ihrer Kleidung nur im Schrank hängen oder liegen zu haben, sie also nicht zu benutzen und nicht zu benötigen. Untersuchungen zeigen allerdings, dass hierzulande mehr als 75 Prozent der gekauften Bekleidung ungenutzt ist. Und jetzt schauen wir doch mal unseren Haushalt kritisch an: Was brauchen und nutzen wir tatsächlich, um seine Herstellung zu rechtfertigen? So wie diese Klamotten erfordern alle Güter bei ihrer Herstellung den Einsatz von Energie und Ressourcen und Transportkilometern. Das Auto ist für manche momentan unentbehrlich, für die allermeisten allerdings nur überflüssiger Luxus. Denn im Durchschnitt fährt ein deutscher Pkw pro Tag nur 15 Minuten und steht sonst ungenutzt rum. Lebensmittel? Werden zur Hälfte nicht gegessen, sondern auf dem Weg vom Feld zum Mund weggeschmissen. Selbst eine unschuldige Papiertüte ist nicht besser als ihre Schwester aus Plastik, wenn sie nach einer Nutzungsdauer von wenigen Minuten im Müll landet.

Klar, wir können uns das alles leisten. Also finanziell. Ansonsten natürlich nicht. Das passende Lied-Zitat geht so: „Zu viel ist nicht genug, und weniger wär Selbstbetrug.“

Nun wäre eine Kolumne für NuKLA nicht vollständig ohne einen Fingerzeig zum Auwald. Denn auch unsere grüne Lunge birgt einige unbequeme Wahrheiten, über die offiziell lieber nicht diskutiert wird. Gestern bin ich wieder durchgewandert, abseits der lauten Pfade. Und ohne danach zu suchen, fand ich etliche kleine Wasserläufe, die alle trocken waren. Noch bevor der Sommer gekommen war.

Gastbeitrag und Foto von Frank Willberg

 

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