Alte Wälder sterben aus

Eichenmonokultur

Junge Eichenmonokultur am Raßnitzer See. Irgendeine Artenvielfalt ist hier erst in 150 Jahren zu erwarten. Foto: J. Hansmann

Man kann den ganzen Tag durch deutsche Wälder fahren und sieht unter Umständen keinen einzigen Baum, der älter ist als 150 Jahre. In Wäldern wie der Prellheide, dem Tresenwald oder dem Planitz muss man schon sehr genau hinsehen, um überhaupt ein paar etwas ältere Bäume zu finden.

Der Mangel an Altbäumen ist teilweise eklatant, und wenn man die Wälder im Umland Leipzigs kennt, wird einem bewusst, wie besonders der Altbaumbestand im FFH-Gebiet “Leipziger Auensystem” ist. Aber auch die Anwesenheit des Eremiten (Osmoderma eremita) als Schirmart für eine gefährdete Lebensgemeinschaft von Alt- und Totholzbewohnern ist ein eindeutiges Zeichen für die Wertigkeit des Leipziger Auwaldes.

Junge und lichte Wälder haben durchaus auch stellenweise ihren Reiz und so manche Arten profitieren von ihnen, aber oftmals sind die jungen und lichten Wälder, die uns umgeben, eher im Stil künstlicher Forstkulturen gehalten denn Teile eines naturnahen Waldes, in welchem es auch junge Bereiche geben mag, die aber ihre Vorzüge für einige Arten unter Umständen gerade erst aus dem Kontext, dass sie Bestandteil eines natürlichen Waldmosaiks sind, entwickeln können.

Alte Eiche im Ratsholz

Alte Eiche im Ratsholz. Foto: J. Hansmann

Eine neue Veröffentlichung im Science-Magazin von Nate G. McDowell, Craig D. Allen, Kristina Anderson-Teixeira, Brian H. Aukema, Ben Bond-Lamberty, Louise Chini, James S. Clark, Michael Dietze, Charlotte Grossiord, Adam Hanbury-Brown, George C. Hurtt, Robert B. Jackson, Daniel J. Johnson, Lara Kueppers, Jeremy W. Lichstein, Kiona Ogle, Benjamin Poulter, Thomas A. M. Pugh, Rupert Seidl, Monica G. Turner, Maria Uriarte, Anthony P. Walker und Chonggang Xu weist darauf hin, dass dieser Eindruck nicht nur hier in Deutschland, sondern weltweit zutrifft. Wälder über 140 Jahre werden – global gesehen – immer weniger. Neben Abholzungen spielt hierbei v.a. der Klimawandel eine große Rolle: durch immer mehr zunehmende Trockenheit, Waldbrände und Insektenbefall.

Vor allem alte Bäume leiden stark unter Dürre, Sturm und Insekten. Zwar werden auch neue Kulturen aufgeforstet und theoretisch wächst auch Naturwald wieder durch Naturverjüngung nach, aber es besteht die Wahrscheinlichkeit, dass Wälder weltweit in Zukunft weitestgehend nur noch von Beständen aus kleinen Jungbäumen geprägt sein werden.

Dieser Wandel ist bereits im Gange: alte, gewachsene Wälder mit dauerhaften Walddynamiken werden tendenziell abgelöst durch junge, instabile Wälder, die schnellere Wechsel durchleben werden.

Dies ist aus vielerlei Gründen tragisch. Einerseits geht unter Umständen die spezielle Artenvielfalt alter Wälder verloren. Zudem üben alte Wälder besondere klimatische Funktionen aus.

Prellheide

Kahlschlag in der Prellheide: vielleicht doch etwas zu licht für einen Wald. Foto: J. Hansmann

Wir sollten froh sein, im FFH-Gebiet “Leipziger Auensystem” noch alte Waldlebensgemeinschaften zu haben, denn solche werden immer seltener. Und es kann auch sein, dass eine Auflichtung, wie sie oftmals gern mit der Motorsäge durchgeführt wird, in naher Zukunft nicht notwendig sein wird, vielmehr sogar kontraproduktiv sein könnte. Sollte der kommende Sommer wieder derart heiß und trocken werden wie die beiden vorangegangenen, dürfte es noch mehr Auflichtung durch das Absterben von Bäumen infolge von Trockenheit und Krankheiten geben – von ganz allein. In manch Bereichen des FFH-Gebietes sind bereits jetzt schon bspw. große Mengen an Bergahorn durch die Ahornrußrindenkrankheit abgängig.  Und wozu sollten dann dort noch zusätzlich Bäume gefällt werden oder künstlich aufgelichtet? Wir denken, es könnte besser sein, dem Auwald in diesen heißen und trockenen Zeiten lieber Ruhe zu gönnen.

Alle Energie sollte stattdessen auf die Revitalisierung der Flüsse gesetzt werden, um der Aue, sobald es eines Tages wieder regnet, das Wasser zukommen zu lassen, nach dem sie schon seit Jahrzehnten dürstet.

https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/globales-waldsterben-durch-klimawandel-und-abholzung-forscher-schlagen-alarm-a-789859bb-5ca7-4c9d-b7c6-60d9c33aebd3

https://science.sciencemag.org/content/368/6494/eaaz9463

 

 

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