Unsere Vorschläge für die Klimaarbeit der Stadt Leipzig

Dürregeschädigter Park in Leipzig im Sommer 2020. Foto. J. Hansmann

Schon seit den 90er Jahren ist der Klimawandel auch politisch ein Thema in Leipzig. Bereits 1993 trat die Stadt dem „Klima-Bündnis der europäischen Städte mit den indigenen Völkern der Regenwälder / Allianza del Clima e. V.“ bei. Das erste Klimaschutzprogramm der Stadt Leipzig lief von 2005-2010, das bisher letzte Klimaschutzprogramm hatte eine Laufzeit von 2014-2020. Aktuell steht nun die Fortschreibung des Energie- und Klimaschutzprogramms (EKSP) 2030 zur Leipziger Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsstrategie (Leipziger Klimaplan) an. Die Klimaarbeit in Leipzig geht also weiter!

Derzeit werden nun Vorschläge für die zukünftige Klimaarbeit der Stadt Leipzig aus Leipziger Klima- und Umweltgruppen von der Klimagruppe OmasForFuture (Regionalgruppe Leipzig) gesammelt. Der Verein Naturschutz und Kunst Leipziger Auwald e.V. hat prinzipiell andere Schwerpunktthemen, aber die Wichtigkeit, sich aktiv gegen den Klimawandel zu engagieren, ist uns dennoch permanent bewusst. Deshalb trägt NuKLA auf Anregung von OmasForFuture (Regionalgruppe Leipzig) gerne dazu bei.

Zudem können sich in unseren Augen Natur-, Artenschutz und Klimaschutz durchaus ergänzen. So haben viele unserer Kernforderungen (https://www.nukla.de/2020/10/unsere-forderungen/) auch, würde man sie umsetzen, positive Auswirkungen für das Stadtklima.

Darüber hinaus ist der Schutz des Auwaldes und auch anderer Wälder bei uns zwar eher aus dem Natur- und Artenschutz heraus motiviert, hat aber de facto auch wieder eine Bedeutung für das gesamte Stadtklima.

Dürregeschädigte Landschaft bei Leipzig im Sommer 2020. Foto: J. Hansmann

Natürlich ist es eine äußerst komplexe Arbeit, nun die Vorschläge der Leipziger Klima- und Umweltgruppen zu sammeln und daraus ein Forderungspapier zu erarbeiten. Wir wünschen der Klimagruppe OmasForFuture (Regionalgruppe Leipzig) viel Kraft und Energie hierfür! Sicher wird dabei auch viel priorisiert und zusammengefasst werden müssen bei der Menge an Ideen. Wir freuen uns darauf, zu sehen, was von unserer kleinen spontanen Ideensammlung dabei letztendlich Eingang in die gebündelten Forderungen finden wird! Zur Information unserer Vereinsmitglieder, FreundInnen, FörderInnen und InteressentInnen geben wir unsere Ur-Vorschläge für die zukünftige Klimaarbeit der Stadt Leipzig hiermit auch auf unserer Website zur Kenntnis und wünschen den Bemühungen der Klimagruppe OmasForFuture (Regionalgruppe Leipzig) einen umfassenden Erfolg!

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Ideen und Vorschläge für das Energie- und Klimaschutzprogramm (EKSP) der Stadt Leipzig zur Erreichung der Klimaneutralität der Stadt

Wir schlagen einen grundsätzlich neuen Umgang mit dem FFH-Gebiet „Leipziger Auensystem“, den angrenzenden anderen FFH-Gebieten („Partheaue“ und „Bienitz und Moormergelgebiet“) sowie auch mit den sie umgebenden landwirtschaftlichen Flächen, Waldflächen usw. (mit wie ohne Schutzstatus) auf dem Leipziger Stadtgebiet vor. Diese Vorschläge gelten darüber hinaus für die beiden FFH-Gebiete „Brösen Glesien und Tannenwald“ und „Bläulingswiesen südöstlich Leipzig“, da diese für das Klima in ihrer Umgebung ebenso relevant sind und sie auch entfernt in den Kontext des Auensystems gehören. Die Notwendigkeit des neuen Umganges ergibt sich daraus, dass der Schutz für das gesamte Auensystem inklusive seiner landschaftlichen Umgebung gerade auch durch den Klimawandel eine noch höhere Bedeutung bekommen hat.

Das FFH-Gebiet „Leipziger Auensystem“ ist Bestandteil eines komplexen Landschaftsraumes mit zahlreichen geschützten wie auch noch ungeschützte Bereichen. Dieses deutschlandweit bedeutende Gebiet existiert selbstverständlich auch vom Aspekt des Klimas gesehen nicht abgekoppelt von der umliegenden Landschaft. Das Auensystem wirkt nach außen und unterliegt genau so Einflüssen von außerhalb. Erst in Verbindung mit der Umgebung werden sich die Auswirkungen von Schutzbemühungen, wie auch immer sie motiviert sind (Artenschutz, Biotopschutz, Klimaschutz usw. usf.) erst in ihrer richtigen Größe zeigen.

Daher gelten unsere Vorschläge betreffs des Klimaschutzes für das FFH-Gebiet „Leipziger Auensystem“, das FFH-Gebiet „Partheaue“, das FFH-Gebiet „Bienitz und Moormergelgebiet“, das FFH-Gebiet „Brösen Glesien und Tannenwald“, das FFH-Gebiet „Bläulingswiesen südöstlich Leipzig“ und alle an diese Gebiete angrenzenden Freiflächen mit wie ohne Schutzstatus (Wälder, landwirtschaftliche Flächen, öffentliche Grünanlagen usw.) – vorerst noch begrenzt auf das Gebiet der Stadt Leipzig, perspektivisch aber auch darüber hinaus – denn die Natur kennt keine Stadtgrenzen.

Hier die Vorschläge:

1. Weitestgehender Verzicht auf motorbetriebene Maschinen (Harvester, Forwarder, Motorsägen, Freischneider, Laubbläser usw.) in den Leipziger Stadtwäldern, öffentlichen Parkanlagen, entlang der Fließgewässer und insbesondere in den FFH-Gebieten. Einsatz von motorbetriebenen Maschinen nur in Notfällen (Verkehrssicherungspflicht) oder bei naturschutzfachlich begründbaren Maßnahmen, bei denen der Einsatz von Weidetieren oder eine Mahd per Hand nicht umsetzbar sind. Die Kommune fungiert durch ihren weitestgehenden Verzicht als Vorbild, vor allem aber wird real der CO2-Ausstoß gesenkt. Ziel: Senkung CO2-Ausstoß

2. Einführung neuer Modelle zur Pflege des öffentlichen Grüns (betrifft die Stadtwälder und Parkanlagen) durch Beweidungskonzepte und auch Handmahd sowie auch durch Verzicht auf die bisher viel zu intensiv, d.h. zu oft durchgeführten Mahden. Eine Mahd pro Jahr ist i.d.R. ausreichend, ausgenommen sind besondere Flächen, auf denen es aus naturschutzfachlichen Gründen sinnvoll sein kann, zweimal pro Jahr zu mähen. Dies muss aber von Fall zu Fall entschieden werden. Davon ausgenommen können auch bestimmte begrenzte und gekennzeichnete Rasenflächen sein, welche explizit dem Spielen und Lagern dienen oder als Hundewiese fungieren. Ziel: Senkung CO2-Ausstoß, Sekundärnutzen für die Lebensraum- und Artenvielfalt

3. Erhalten, Zulassen durch Sukzession als auch Anpflanzen von Heckenstrukturen mit oder ohne Bäume auf dem gesamten Stadtgebiet (bspw. in Parkanlagen, im landwirtschaftlicher Raum). Hecken haben eine ausgleichende mikroklimatische Funktion und dienen zudem auch als relevante Migrationskorridore für eine Vielzahl von Arten – darüber hinaus sie sind Hotspots der Artenvielfalt. Leider sind viel zu wenige Heckenbiotope auf dem Gebiet der Stadt Leipzig zu finden und werden nach wie vor gerodet. Dabei sind Hecken gerade klimatisch gesehen äußerst sinnvolle Elemente in einer Landschaft: sie schützen vor (austrocknendem) Wind, sie schützen wertvollen Boden vor Erosion und bieten Schatten. Ziel: CO2-Bindung, Verbesserung des Mikroklimas, Schutz vor Austrocknung, Erosionsschutz, Beschattung, Sekundärnutzen für die Lebensraum- und Artenvielfalt

4. Anlage von Baumalleen entlang von Straßen und Wegen in Parkanlagen und v.a. im landwirtschaftlichen Raum. Gerade im eher ländlich geprägten Bereich auf dem Stadtgebiet besteht dringender Handlungsbedarf! Baumalleen haben für den Artenschutz wie auch für den Klimaschutz enorme Schlüsselwirkungen. Wie Hecken dienen sie als Schutz vor Austrocknung, Bodenschutz, bieten Schatten und dienen zudem vielen Arten als Migrationskorridore. Ziel: CO2-Bindung, Verbesserung des Mikroklimas, Schutz vor Austrocknung, Erosionsschutz, Beschattung, Sekundärnutzen für die Lebensraum- und Artenvielfalt

5. Zulassen und Schutz von Spontansukzession und sich bereits spontan eingestellter Wäldchen. Auf dem Stadtgebiet existieren bereits mehrere solcher jüngst (seit 30 Jahren bis heute) entstandener Lebensgemeinschaften, welche natürlich eine positive klimatische Funktion für das umliegende urbane Gebiet haben. Solange diese Wäldchen auf kommunalen Flächen entstehen, ist für sie ein Schutz festzuschreiben, da gerade solche Waldlebensgemeinschaften, welche sich unter den Bedingungen des Klimawandels von Anfang an selbstständig einstellen, eine sehr hohe Resilienz haben dürften, um auch in Zukunft dort als Wald weiter zu bestehen. Auch wenn solche Wäldchen momentan noch sehr unspektakulär erscheinen können, haben sie das hohe Potential, in einigen Jahrzehnten sehr interessante und wertvolle Waldlebensgemeinschaften zu werden, welche auch, da sie im urbanen Bereich liegen, dann noch größere klimatisch positive Auswirkungen auf die Stadt haben werden. Ein solches Geschenk verdient daher Beachtung und Schutz! Ziel: CO2-Bindung, Verbesserung des Mikroklimas, Sekundärnutzen für die Lebensraum- und Artenvielfalt

6. Politisches Einwirken der Stadt auf landwirtschaftliche Nutzer auf dem Stadtgebiet, bspw. durch Fördermaßnahmen u.Ä. dahingehend, dass in Auengebieten nur noch Landnutzung in Form von extensiver Grünlandwirtschaft, insbesondere durch Beweidung, stattfinden. Bei allen anderen landwirtschaftlichen Flächen auf dem Stadtgebiet Förderung von ökologischem Landbau, gern auch Initiierung von Projekten zu innovativen Methoden wie Agroforestry und Permakultur. Gerade die beiden letzteren ermöglichen eine Landwirtschaft, welche schon aus ihrem Konzept heraus gleichzeitig Klimaschutz betreibt. Ziel: Senkung CO2-Ausstoß, Bodenschutz, teilweise CO2-Bindung, Sekundärnutzen für die Lebensraum- und Artenvielfalt

7. Einstellung der forstwirtschaftlichen Nutzung in den kommunalen Wäldern. Maßnahmen, welche punktuell für den Lebensraum- und Artenschutz notwendig sind und gut und naturschutzfachlich nachvollziehbar und begründbar sind sowie Maßnahmen zur Verkehrssicherungspflicht sind natürlich dennoch weiterhin durchzuführen, evtl. durch eine spezielle neue oder umgewidmete alte Abteilung im Amt für Stadtgrün im Einvernehmen mit unabhängigen Sachverständigen. Dies hat seinerseits nicht nur artenschutztechnische Gründe, sondern auch klimatische:

  • Durch ausbleibende Entnahme von Holz erhöhen sich zwangsläufig der Holzvorrat wie auch der Totholzanteil, welche beide durch die Bindung von CO2 – schließlich im Rahmen der Sukzession auch im Boden(!) – langfristig wirksame positive Auswirkungen auf das Waldklima haben.
  • Durch den Verzicht auf intensive Bewirtschaftungsmaßnahmen entfallen die bisher zahlreichen Einsätze schwerer und großer Maschinen. Dadurch werden fossile Treibstoffe und die Freisetzung von CO2 eingespart. Lebensgemeinschaften und Arten werden durch den Entfall schädlicher Abgase entlastet, da der Energieaufwand zum Abbau von Schadstoffen nicht mehr notwendig ist .
  • Durch den Verzicht auf weitere Freistellung und Befahrung großer Flächen wird der Waldboden besser geschützt und kann sich ggf. auch lokal erholen, wo er durch frühere Befahrung verdichtet wurde. Waldboden als solcher hat eine sehr wichtige Klimaschutzfunktion, er bindet CO2 und Wasser und wirkt durch ein artenreiches Bodenleben, das Edaphon. Ein intaktes Edaphon macht die Waldlebensgemeinschaften auch über der Erde resilient gegenüber Kalamitäten und Klimaschwankungen.

Ziel: Senkung CO2-Ausstoß, CO2-Bindung, Erhöhung der Resilienz der Stadtwälder, Sekundärnutzen für die Artenvielfalt einer Waldlebensgemeinschaft

8. Revitalisierung aller Fließgewässer auf dem Stadtgebiet, wo eine Revitalisierung nicht möglich ist, Renaturierung dieser Bereiche. Dadurch wird das Wasser in der Region gehalten und kann hier nicht nur versickern und dem Grundwasser zugute kommen, es kann dementsprechend auch hier im Sommer verdunsten, was relevant für das Stadtklima ist. Zudem verbessert diese Maßnahme langfristig die Resilienz der Auwälder, welche als Klimaanlage der Stadt wirken. Ziel: Speicherung von Wasser, Verbesserung der Grundwassersituation, Förderung der Resilienz der Stadtwälder und somit auch langfristige positive klimatische Auswirkungen auf die Stadt.

 

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