Zurück zur historischen Kulturlandschaft?

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 2. Internationale Leipziger Auenökologiesymposium vom 12. bis 14. September 2018 – Zusammenfassung

PD Dr. Nils M. Franke

Zurück zur historischen Kulturlandschaft?

  • Viele Vorträge verwiesen auf die Situation der Gewässer vor der Industrialisierung. Es zeigten sich auf Karten und Bilder weitverzweigte Flusslandschaften, die breiten Raum einnahmen. Es stellte sich jedoch die Frage, ob sie tatsächlich das Leitbild darstellten, das man im 21. Jahrhundert im Umgang mit den Flüssen erreichen möchte. Darauf verwiesen zum Beispiel der Vortrag von Johannes Hansmann. Prof. Bernd Gerken gab die sogenannte Benchmark mit dem Jahr 1850 an, im Naturschutz gibt es aber auch die sogenannte heutige potentielle natürliche Vegetation (hpnV), die auf den Zeitraum vor den Eingriffen des Menschen zurückgreift. Es stellt sich somit die Frage, welches Leitbild der Naturschutz in diesem Zusammenhang verfolgen soll?

Aus historischer Sicht ist dem Vorurteil entgegenzutreten, dass die vorindustrielle Zeit nachhaltiger mit natürlichen Ressourcen umging als die heutige Gesellschaft.

Der Vortrag von Martin Görner zeigte eindrucksvoll Bilder der Wildnis in Kamtschatka, der Referent verwies aber auch darauf, dass der Schutz der Bevölkerung zum Beispiel gegen die Braunbären eine Maschinenpistole erfordert.

  • Die massive Überformung der Landschaft in der Industrialisierung als vermeintliche Melioration

Die Regulierung der Gewässer in der Industrialisierung wurde von der damaligen Bevölkerung als Verbesserung (Melioration) angesehen. Natur wurde als Ressource verstanden. Heute stehen wir diesem Prozesse kritisch gegenüber. Denn er hatte sehr viele Nachteile, z. B. Verluste in der Biodiversität oder die Entstehung einer spezifischen Hochwasserproblematik.

Aus diesem Grund müssen wir das Verhältnis zwischen Mensch-Natur-Gewässer neu überdenken (Prof. B. Gerken).

Dabei haben wir gute Anzeichen wie zum Beispiel die Ausdehnung der Biberpopulation (Karl Andreas Nitsche), der kostengünstig und natürlich Auenlandschaft gestalten kann.

Aber es gibt auch schlechte Zeichen wie die unbefriedigende Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie (Karl Heinz Jährling) oder die fehlende Durchlässigkeit für Wanderfische (Thomas von der Heide).

  • Wasser ist die Lebensader des Menschen wie auch der Auenlandschaft.

Das ist der Grundtenor der Vorträge von Prof. B. Gerken.

  • Das Fachwissen zur Gestaltung von Auenlandschaften ist vorhanden

Sebastian Fritze sprach in diesem Zusammenhang über die Auendynamisierung in der Oberlausitz, Volker Karthaus und Achim Berger stellten Beispiele auf lokaler und regionaler Ebene in Nordwestfalen vor.

Naturnahe Flüsse haben folgende Kennzeichen:

  • wechselnde Strömungsrichtungen
  • hydraulische Strukturen (Totholz)
  • mobiles Geschiebe

Die Kosten für solche Maßnahmen müssen nicht hoch sein. Es gibt aber auch Großprojekte wie zum Beispiel die Renaturierung der Havel durch den NABU (Rocco Buchta) oder an der Donau (Prof. Dr. Friedrich Schiemer).

  • Wissenschaft ist die Grundvorrausetzung für gute Argrumente in der politischen Arena

Das war der Grundtenor des Vortrages von Prof. Dr. Friedrich Schiemer und zeigte sich auch im Vortrag von Dr. Christian Franke. Prof. Dr. Friedrich Schiemer wird für das Symposium in 2019 eingeladen, um seine Position breiter darzustellen.

  • Die Lateralvernetzung ist Grundvoraussetzung für die ökologischen Funktionen der Auenlandschaft.

Notwendige Kriterien sind:

•   volle Wasserstanddynamik zwischen Niedrig-und Hochwasser

  • intakte Lebensräume
  • ein intakter Feststoffhaushalt und eine Markrodynamik
  • verbundene Flussarme
  • Durchschlitzte Deiche, wo es notwendig ist. (Karl Heinz Jährling).
  • Kann Natur wiederhergestellt werden?

Jürgen Reeker warf in seinem Vortrag in Bezug auf den Hambacher Forst die Frage auf, ob „Natur aus zweiter Hand“ den gleichen Effekt haben kann wie die ursprüngliche Kulturlandschaft.

  • Die Kosten für die Wiederherstellung von Auenlandschaften sind gut investiert

Die „Heinrichsflut“ von 1965 in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt usw. kostete elf Tote und 71 Millionen DM. Maßnahmen zur Revitalisierung lohnen sich also. Mit technischem Hochwasserschutz ist die Gefahr von Hochwasserschäden zwar nicht gebannt. Aber Auenrevilatisierung kann einen wesentlchen Beitrag zur Vermeidung von Hochwasserschäden aller Art liefern.

Bei den sogenannten „Leistungen der Auensysteme“ kann mit dem Ökosystemdienstleistungsansatz durchaus auch in Bezug auf den Hochwasserschutz oder die Speicherung von Ozon argumentiert werden.

  • Naturschutzverbände sind die Basis des deutschen Naturschutzes

Naturschutzverbände und Ehrenamt bilden die Basis des deutschen Naturschutzes. Der amtliche Naturschutz ist eines ihrer Erfolge. Der Charakter der Verbände ist unterschiedlich. Ist der NABU weitgehend verbindlich, gibt der BUND sich politischer, Greenpeace aggressiver wie auch die Grüne Liga oder NUKLA. Trotzdem müssen alle drei zusammenarbeiten, um in Zukunft lebenswerte Lebensräume zu gestalten.  Für Leipzig bedeutet das auch einen funktionierenden Auenwald.

Anmerkung der Veranstalter:

Das 3. Internationale Leipziger Auenökologiesymposium findet vom 11.-13.9.2019 statt. Referentenanfragen bitte an: info@nukla.de

NuKLA bedankt sich bei der AOK für deren Unterstützung

 

 

 

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