Peter Wohlleben zum Leipziger Auwald

Am 22. Januar liest Peter Wohlleben bei Hugendubel Wohllebens Weihnachtsbotschaft: Lasst doch die Bäume im Leipziger Auenwald einfach stehen. Ein Artikel von R. Julke

Der Leipziger Auwald

Gepostet von Peter Wohlleben am Mittwoch, 19. Dezember 2018

Am 22. Januar ist er in Leipzig, Deutschlands berühmtester Förster Peter Wohlleben stellt bei Hugendubel sein Buch „Das geheime Leben der Bäume“ vor. Aber sein Statement für Leipzig hat er schon am 19. Dezember veröffentlicht: ein Plädoyer für einen anderen Umgang mit dem Auenwald. Ein Appell an die Leipziger Forstwirtschaft, endlich aufzuhören, den Wald künstlich umbauen zu wollen.     

Denn Leipzig hat noch etwas, um was andere Kommunen die Stadt zutiefst beneiden. Nur die Leipziger Verwaltungen scheinen es nicht zu schätzen zu wissen. Nicht einmal der Stadtrat weiß, was für ein seltenes Kleinod da direkt vor der Haustür steht – eine der letzten noch halbwegs ursprünglichen Hartholzauen, wie Peter Wohlleben in seinem Clip auf Facebook erklärt. Der typischste Baum dieser Hartholzaue ist die Eiche. Und sie steht noch da – in vielen eindrucksvollen Exemplaren.

Noch, muss man sagen. Denn ihr Revier ist bedroht. Seit 100 Jahren fehlen die regelmäßigen natürlichen Überschwemmungen. Deiche mauern die ganze Aue ab. Auf den ersten Blick sieht das, was der Stadtrat im Herbst als Forstwirtschaftsplan beschlossen hat, so aus, als würde die Abteilung Stadtforsten den Wald nur zu etwas umbauen, was er früher vielleicht mal war, als die Wälder in der Aue von den Leipzigern auch extensiv genutzt wurden – die Wiesen zum Weiden der Schafe, in den Eichenwäldern wurden die Schweine gemästet, das Unterholz wurde zum Heizen herausgeholt, einzelne Bäume immer wieder zum Hausbau gefällt.

Das veränderte den Wald zu etwas, was die Forstwirtschaft Mittelwald nennt. Und was die in den 1990er Jahren vom damaligen Stadtrat beschlossenen Umbaupläne des Auenwaldes als Leitbild festgeschrieben haben. Bis heute.

Nur dass heute kein Leipziger mehr sein Vieh in den Wald treibt, nur noch echte Kaminfetischisten gefällte Baumstämme herausholen, um ihren Kamin damit zu heizen. Der Wald hat sich in seiner Funktion völlig gewandelt. Er wird von den Leipzigern zum Erholen aufgesucht, zum Wandern und Joggen. Sie lieben ihn trotzdem. Und sind doch jedes Mal entsetzt, wenn die Waldarbeiter riesige Lichtungen hineinschlagen mit der Begründung, sie wollten Platz schaffen, damit hier wieder Eichen wachsen können.

Völlig unnötig, sagt Wohlleben in seinen Videoclip: Eichen brauchen keine Löcher zum Wachsen. „Um Eichen nachzuziehen, braucht man keine Löcher im Wald.“

Er wird noch deutlicher, denn Förster wurde er ja, weil er die Arbeit in der Forstverwaltung nicht mehr ertrug, wo er oft genug gegen sein eigenes Wissen und Gewissen entscheiden musste. Forstverwaltungen ticken anders als Förster. Sie arbeiten nach sturen Plänen und haben feste Vorstellungen davon, wie ihr Wald aussehen soll. Und meist dominiert auch das alte wirtschaftliche Denken vom Wald: Er soll Festmeter an Holz produzieren, damit man Pläne erfüllen und Gewinne machen kann.

Das Ergebnis sind die vielen künstlichen Wälder im Land, die meist mit Baumarten besetzt sind, die schnell wachsen und schnell auch zu Bau- und Schnittholz werden.

Das Denken dominiert auch in Leipzig. Auch wenn die Diskussion um den Forstwirtschaftsplan einen ersten kleinen Erdrutsch ausgelöst hat. Die angegebenen Festmetermengen, die selbst mitten in der Burgaue gefällt werden sollten, stehen nicht mehr als Zielerreichungsgröße da, nicht alle Starkbäume im geplanten Abholzungsrevier sollten gefällt werden. Vom Ökolöwen holte man sich extra Fachkompetenz, um wertvolle Starkbäume auszusieben und von Fällungen zu verschonen. Denn alte Starkbäume sind Lebensort für hunderte Tier- und Pflanzenarten.Kaum ein Förster in Deutschland weiß so viel über den Kosmos Wald wie Wohlleben. Seine Bücher sind Bestseller, weil sie vielen Menschen zum ersten Mal anschaulich erzählen, was für ein dicht verflochtenes Ökosystem ein natürlicher Wald ist. Und dass nichts daran unwichtig oder verzichtbar ist.

Leipziger Internetzeitung: Ralf Julke

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