Forstwirtschaftsplan 2022: Teil II

Wachauer Wäldchen im September 2022. Foto: Privat

NuKLA e.V. legte bei der Landesdirektion Sachsen Beschwerde gegen das städtische Forstamt und die untere Naturschutzbehörde ein – Für das Wachauer Wäldchen im Landkreis Leipzig hat sich das Einschreiten von NuKLA e.V. offensichtlich bereits jetzt gelohnt!

Am 28. Oktober 2022 hatten wir einen Artikel verfasst, in dem wir dargelegt hatten, dass der Beschluss des Stadtrates zum Forstwirtschaftsplan 2022 gegen geltendes Naturschutzrecht und gegen die eindeutigen Festlegungen des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Bautzen verstößt und hatten angekündigt, uns bei den zuständigen Behörden auf Grundlage des Umweltinformationsgesetzes (UIG) die relevanten Informationen über das Verwaltungshandeln zu verschaffen.

https://www.nukla.de/2022/10/der-beschluss-des-stadtrates-zum-forstwirtschaftsplan-2022-verstoesst-gegen-geltendes-naturschutzrecht/

Erinnern wir uns kurz an die geplanten forstlichen Eingriffe, die in den europäisch geschützten FFH-Gebieten „Partheaue“ und „Bläulingswiesen südöstlich Leipzig“ durchgeführt werden sollten:

Im FFH-Gebiet „Bläulingswiesen südöstlich Leipzig“ im Landkreis Leipzig sollte in dem 1,2 Hektar kleinen, sehr strukturreichen Wachauer Wäldchen, das als prioritärer FFH-Lebensraumtyp „Erlen-Eschen- und Weichholzauwald“ kartiert ist, ein 0,3 Hektar großer Kleinkahlschlag entstehen, bei dem nahezu die gesamte Biomasse entfernt werden sollte. Ein massiver Eingriff in das Waldökosystem.

Noch recht vital: Eschen im Plaußiger Wäldchen im September 2022. Foto: M. Kleff

Im FFH-Gebiet „Partheaue“ im Stadtgebiet Leipzig ist eine Altdurchforstung auf einer Fläche von 3,6 ha geplant, bei der insgesamt 252 Festmeter Holz geerntet werden sollen. Ebenfalls ein erheblicher Eingriff und Biomasseentzug in dem prioritär geschützten Eschenwald, der zur Zeit weniger an dem Eschentriebsterben leidet als andere Waldbestände, wo somit die Esche besonders schützenswert ist und wo sich eventuell wichtige Resistenzen gegen diese Krankheit entwickeln können (zumindest wenn man den Bestand in Ruhe ließe).

Mittlerweile haben wir auf unsere UIG-Anfragen hin von den unteren Naturschutzbehörden Auskunft erhalten.

Die untere Naturschutzbehörde des Landkreises Leipzig teilte uns zunächst am 9. Dezember 2022 mit, dass sie von Stadtforsten erst gar nicht beteiligt wurde und keine Kenntnisse über den geplanten Eingriff hat. Wir haben die untere Naturschutzbehörde daraufhin aufgefordert, die forstliche Maßnahme im Wachauer Wäldchen umgehend zu untersagen, zumindest jedoch eine FFH-Verträglichkeitsprüfung zu verlangen.

Überraschenderweise wurde uns dann am 20.Dezember 2022 von der unteren Naturschutzbehörde des Landkreises in einer kurzen E-Mail mitgeteilt, dass von dem städtischen Forstamt doch eine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt worden sei und dass im Ergebnis auf die Maßnahme verzichtet werde. Über diese Information freuen wir uns natürlich sehr! Das Wachauer Wäldchen entgeht so einem desaströsen forstlichen Eingriff. Wir führen das durchaus auf unser Einschreiten in Form des Artikels vom 28.Oktober, unserer UIG-Anfragen und die Fachaufsichtsbeschwerde bei der Landesdirektion zurück. Der genaue Text der Verträglichkeitsprüfung wurde uns bislang noch nicht übermittelt. Wir haben nachgefragt, jedoch zum Zeitpunkt des Uploads dieses Artikels noch keine Rückmeldung bekommen. Wir sind gespannt! Hat man jetzt endlich eingesehen, dass man das Urteil des OVG Bautzen zum Leipziger Auwald doch nicht mehr einfach ignorieren kann?

Plaußiger Wäldchen im September 2022. Foto: M. Kleff

Die untere Naturschutzbehörde der Stadt Leipzig wurde frühzeitig beteiligt. Allerdings lässt die übermittelte Hausmitteilung des zuständigen Sachbearbeiters unseres Erachtens eindeutiges Verwaltungsversagen erkennen. Eine adäquate naturschutzrechtliche und -fachliche Bewertung des geplanten forstlichen Eingriffs erfolgte nicht. Es wird lediglich darauf hingewiesen, dass die „Einhaltung eines günstigen Erhaltungszustandes … auch im Forstwirtschaftsplan berücksichtigt werden“ muss und dass „zur Erhaltung des guten Zustandes eine Bewirtschaftung gemäß der allgemeinen Behandlungsgrundsätze für diesen konkreten Bereich ausreichend“ sei. Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung (oder Vorprüfung, die allerdings angesichts des geplanten Eingriffs auch nicht ausreichend sein könnte, da eine offensichtliche Unbedenklichkeit nicht zu konstatieren ist) wird nicht eingefordert, obwohl eine solche Prüfpflicht sich aus dem OVG-Beschluss eindeutig ergibt. Das weiß natürlich auch die untere Naturschutzbehörde. Aber es wird einfach ein Freibrief für die Maßnahme in einem prioritär geschützten Waldtyp erteilt. Man sieht sich also offenbar weiterhin – wie auch beim beklagten Forstwirtschaftsplan 2018 – als treuer Erfüllungsgehilfe des Forstamtes.

Am 15. Dezember haben wir bei der Landesdirektion Sachsen eine fach- und rechtsaufsichtliche Prüfung des Verwaltungshandeln der unteren Forstbehörde (Ignorierung der FFH-Prüfpflicht) sowie der unteren Naturschutzbehörde der Stadt Leipzig (fehlerhafte naturschutzrechtliche und –fachliche Einstufung des geplanten Eingriffs in das Plaußiger Wäldchen) beantragt (LDS Antrag 151222). Über die erfreuliche Entwicklung bzgl. des Wachauer Wäldchens werden wir die Landesdirektion natürlich umgehend informieren.

Wir sind sehr gespannt, was die Landesdirektion unternehmen wird und ob vielleicht jetzt auch die geplante Maßnahme im Plaußiger Wäldchen unterbunden werden kann. Wir sind verhalten optimistisch. Wir halten unsere Leserinnen und Leser auf dem Laufenden.

Johannes Hansmann, Michael Kleff

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